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Die zehn Kreise (Höllenfeuer) (German Edition)

Die zehn Kreise (Höllenfeuer) (German Edition)

Titel: Die zehn Kreise (Höllenfeuer) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Conrad
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Allein die tanzenden Schatten der brennenden Stadt vor ihrem Fenster riefen ihnen in Erinnerung, dass die Zeit nicht stehengeblieben war, sondern sich weiter ihre unerbittliche Schneise durch die Schöpfung fraß.
    „Und jetzt?“, wagte Elizabeth schließlich zu fragen.
    „Jetzt?“, erwiderte Nargal. „Ich bin müde. So müde. Ich wünschte ich könnte schlafen, doch das kann ich nicht. Keiner von uns kann das. Wir sind dazu verdammt, auf ewig jede Sekunde dieser Schöpfung zu erleben. Um wie viel einfacher habt ihr Menschen es da. Ihr könnt zumindest in den Stunden des Schlafes für eine Weile diese Welt hinter euch lassen. Und irgendwann dürft ihr sterben. Dann hält euch nichts mehr hier und ihr könnt an jenen Ort gehen, an den wir Engel uns sehnen.“
    „Sofern wir nicht vorher hier landen“, warf Michael ein, doch er bereute seine Worte sofort wieder. Nargal schüttete ihnen ihr Herz aus und ihm fiel nichts weiter ein, als mit Zynismus darauf zu reagieren. Doch Nargal lachte. Zum ersten Mal erklang ihr glockenhelles Lachen und für einen winzigen Augenblick veränderte sich die Farbe ihres Leuchtens zu jenem warmen Ton, den Michael und Elizabeth von Raphael her kannten. Sie lächelte Michael an und sofort wurden seine Knie weich.
    „Du hast recht, Michael“, sagte sie. „Aber es scheint, als wäret ihr aus freien Stücken hier. Du sagtest, ihr sucht jemanden…?“
    Michael und Elizabeth sahen einander verstohlen an. Sollten sie sich Nargal anvertrauen? Doch was, wenn ihr Zorn auf die Menschen durch sie neue Nahrung fände?
    Schließlich war es jedoch Elizabeth, die eine Entscheidung herbeiführte.
    „Wir suchen einen Menschen“, sagte sie. „Eine Freundin von uns.“
    „Ist sie tot?“
    „Ja.“
    „Und ihr seid sicher, dass sie in der Hölle ist?“
    Michael und Elizabeth sahen sich verwirrt an. Streng genommen konnten sie sich in diesem Punkt keineswegs sicher sein.
    „Nun…“, stammelte Elizabeth, „sie wollte hierher…“
    „Sie wollte hierher?“, wiederholte Nargal ungläubig. „In die Hölle? Welcher Mensch will freiwillig hierher? Hinter eurer Geschichte scheint mehr zu stecken, als ich vermutet habe…“
     
    …
     
    Eleanor und ihre Gruppe standen an den Ufern des schwarzen Flusses. Träge zog er sich durch die Höhle, die quer zu ihrem Gang verlief. Sie hatten den Fluss bereits auf die übliche Weise durchquert und nun sah Eleanor noch ein letztes Mal zurück. Sie wünschte, ihre Begegnung mit Siriel wäre besser verlaufen, doch für ihn hatte es keine Rettung mehr gegeben. Nachdem sie ihn hatten sterben sehen, waren sie den Gang immer weitergelaufen, bis sie schließlich hierhergelangt waren. Von Ibrahim und seinen Männern hatten sie nichts mehr gesehen, denn offensichtlich hatten sie sich nicht in den Gang hinein getraut, in dem sie den Engel vermuteten. Nun, umso besser.
    Eleanor wandte sich ab und betrat den engen Tunnel, der aus der Höhle des schwarzen Flusses hinausführte. Die anderen folgten ihr schweigend. Ein jeder war auf seine Weise froh, diesen unheimlichen Teil der Hölle endlich hinter sich lassen zu können.
    Sie waren indes noch nicht weit gegangen, als der erste Lichtschein vor ihnen das Ende des Ganges verriet. Kurz darauf standen sie im Freien und sahen sich verschreckt um. Der Himmel über ihnen flammte geisterhaft grün. Und auch die Umgebung selbst war in dieses unheimliche Licht getaucht, da die umliegenden Felsen und die wenige kahlen Bäume von tanzenden, grünen Flammen umhüllt waren.
    „Was weißt du über diesen Teil der Hölle?“, flüsterte Eleanor zu William an ihrer Seite.
    „Der fünfte Kreis. Zwietracht“, gab dieser tonlos zurück. Eleanor blickte ihn an und wusste sofort, dass sie nie zuvor einen solchen Ausdruck von Angst und Resignation in seinem Gesicht gesehen hatte.
    „Was hat es mit diesem Kreis auf sich?“, fragte sie.
    „Hierher kommen all jene, die mit voller Absicht die göttliche Ordnung stören, indem sie Hass und Zwietracht säen. Jene Menschen, die es nicht ertragen können, einen Mitmenschen glücklich zu sehen und wollen, dass er ebenso unglücklich ist, wie sie selber.“
    Eleanor schauderte. Sie sah sich um und erkannte hinter sich all jene, die ihr bis jetzt so tapfer gefolgt waren. Die meisten von ihnen wirkten abgekämpft und kraftlos. Doch Eleanor wusste, dass sie es nur in ihren Seelen waren und keine Rast der Welt ihnen von irgendeinem Nutzen gewesen wäre. Sie setzte sich wortlos in Bewegung und trat in

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