Die Zehnte Gabe: Roman

erzielt worden war, Invasoren Fuß auf kornischen Boden hatten setzen können. »Wie auch immer«, sagte sie und warf ihm einen scharfen Blick zu, »du hast meine Frage nicht beantwortet.«
    Robert starrte mit zusammengebissenen Zähnen hinaus auf
die See. »Kannst du mit dem Buch, das ich dir geschenkt habe, etwas anfangen?«
    »Ja. Es war wirklich sehr nett, dass du dir gemerkt hast, wie ich Lady Harris’ Exemplar bewunderte, und ich bin froh, jetzt ein eigenes zu haben«, sagte sie steif. »Einige Entwürfe sind sehr nützlich, und ich habe auch schon ein paar Variationen gezeichnet, die die Herrin ausgesprochen hübsch fand, zumindest hat sie das gesagt.«
    »Gut. Es freut mich zu hören, dass du dein Handwerk übst.«
    »Ich habe vor, als Meisterstickerin in die Gilde aufgenommen zu werden.«
    Rob musste unwillkürlich grinsen. »Und wie willst du das aus der Tiefe des finstersten Cornwall heraus anstellen, Catherine? Ich fürchte, allein die Geographie wird dir einen Strich durch die Rechnung machen. Und wie willst du dein Geschlecht verändern? Die Stickerzunft ist eine Gilde für Meistersticker, nicht für junge Dinger, und seien sie noch so gewandt im Umgang mit der Nadel.«
    »Dann hast du mir das Buch also nur geschenkt, um mich zu demütigen?«
    Rob ergriff mit seinen riesigen Händen ihre Finger. »Das darfst du niemals denken, Cat, versprich es mir. Ich bin sehr stolz, dass du den Auftrag der Countess of Salisbury bekommen hast.«
    Ihre Hand zuckte zurück, als hätte sie sich verbrannt. »Woher weißt du das? Es ist ein Geheimnis. Man hat mir verboten, darüber zu sprechen.«
    »Lady Harris hat es erwähnt, sie konnte ihre Freude nicht verbergen. Das Altartuch für die Kirche der Familie Howard anzufertigen, ist ein großes Privileg, und dass unsere Herrin ein Wörtchen mitreden konnte, als die Countess entschied, einer Frau aus Cornwall solch eine ehrenvolle Aufgabe zu übertragen, war sicher eine außerordentliche Genugtuung für sie.«

    Cat biss sich auf die Lippen und errötete. »Es ist eine große Verantwortung. Ich habe mich noch nie an etwas so Großes oder Ambitioniertes gewagt, bisher ist es nicht einmal richtig zu Ende geplant.«
    Rob hob die Augenbrauen. »Du willst es selbst entwerfen?«
    »Natürlich.« Sie funkelte ihn an, als forderte sie ihn heraus, ihr dieses Recht abzusprechen.
    Es war unerhört, dass eine Frau ihren eigenen Entwurf einreichte. Der natürlichen Ordnung der Dinge entsprechend war dies dem Mann vorbehalten. Deshalb hatte er ihr dieses Buch gekauft: um ihr bei ihrer Aufgabe zu helfen, ihr den Weg zu ebnen, sie in die Lage zu versetzen, das Muster eines Meisters zu kopieren. Jeder wusste, dass Frauen nicht abstrakt denken können; darin wie in vielem anderen hatten die Männer das Sagen, und die Frauen folgten.
    Er hatte den Verdacht, und nicht zu Unrecht, dass Lady Harris zwar der Gräfin ihren Schützling für die Aufgabe empfohlen hatte, das Antependium für den Altar zu besticken, gleichzeitig aber eine stillschweigende Vereinbarung bestand, dass Cat als gute Schülerin nach dem Muster eines der Meistersticker arbeiten würde. Diese lebten davon, dass sie von einem großen Haus zum anderen zogen und ihre Entwürfe verkauften. Unglücklicherweise hatte niemand Catherine davon unterrichtet. Eines Tages, so dachte er, wird sie zu weit gehen und von ihrem hohen Ross herabstürzen. Er hoffte, dass er in diesem Augenblick da wäre, um sie aufzufangen. »Hauptsache, du bist dir deiner Sache sicher«, sagte er ruhig.
    »Ganz sicher. Aber solange ich nicht weiß, ob ich es auch kann, will ich nicht darüber reden. Lass uns lieber über die Klinge sprechen, die auf dem Tisch im Salon lag, dieses große, gebogene Messer, das du unter deinem Hut verstecken wolltest.«
    Robert stockte der Atem. »Der Herr hat gesagt, wir dürften mit keiner Menschenseele darüber sprechen.«
    Cat lachte. »Falls es dir entgangen ist, Robert Bolitho, ich bin
eine Frau aus Fleisch und Blut.« Sie sah ihn so unbewegt an, als wäre sie eine Katze. Offenbar besaß sie ihren Spitznamen nicht zu Unrecht.
    Rob seufzte. »Erzähl, um Himmels willen, Matty nichts weiter, sonst weiß es bei Sonnenaufgang die ganze Grafschaft«, warnte er.
    Cat bekreuzigte sich feierlich. »Ich schwöre es beim Grab meines Vaters.«
    »Erinnerst du dich an das Boot aus Newlyn - die Constance -, das letzte Woche verschwunden ist?«
    Sie nickte. »Mit einer achtköpfigen Mannschaft, darunter Nan Simons Vetter Elias? Sind sie