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Die Zehnte Gabe: Roman

Titel: Die Zehnte Gabe: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Johnson , Pociao
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Türen aus altem, mit Eisen beschlagenem Holz, elegante Türme mit glänzenden grünen Kacheln, schmiedeeiserne Tore, die einen atemberaubenden Blick in verborgene Innenhöfe
mit grünen Orangenbäumen und Bougainvillea erlaubten. Als wir um eine Ecke bogen, hallte eine laute, klagende Stimme durch das Zwielicht: Der Muezzin rief zum Gebet. Mein Rückgrat erschauerte als Kontrapunkt, und ich schloss die Augen und horchte. » Allahu akbar. Allahu akbar. Achehadou ana mohammed rasoul allah. Achehadou ana mohammed rasoul allah. Haya rala salah. Haya rala salah … « Auf einen Schlag hatte ich das Gefühl, ins Herz des westlichen Islams versetzt worden zu sein.
     
    Wenige Minuten später wurde der Zauber gebrochen, als Saïd sein Taxi mit einem Satz auf den kaputten Bürgersteig beförderte und der Motor zittrig verebbte. Ich sah mich um. Mittlerweile war es stockdunkel und hier noch mehr, denn das einzig sichtbare Licht kam von dem zischenden, blauweißen Schein eines Schweißgeräts, mit dem ein Mann auf der anderen Straßenseite seinen Wagen reparierte. Es warf beunruhigende Schatten, wie Derwische, die über die Mauern tanzten und sprangen. Aus dem Augenwinkel sah ich, wie etwas dicht über den Boden huschte. Ich fuhr herum und erstarrte mitten in der Bewegung: eine schwarze Katze, spindeldürr. Ihre Augen funkelten mich an, als sich das Licht des Schweißgeräts darin spiegelte, dann zuckte ihr Schwanz, und sie verschwand in die Nacht.
    » Allez, Madame , kommen Sie mit mir. Dar el-Bedi hier entlang, par ici. «
    Ich folgte ihm durch eine so schmale Gasse, dass ich beide Häuserwände berühren konnte, ohne die Arme ganz auszustrecken. Sie bestanden aus rauem Lehm und hatten große Eingänge. In einem davon saß eine alte Frau zusammengekauert auf der Schwelle. Als wir näher kamen, lächelte sie zu Saïd auf, und ich sah, dass ihre Augen von grauem Star getrübt waren und mich ebenso anfunkelten wie die der Katze. Sie streckte eine trockene, braune Hand aus, die Kralle eines Vogels. » Sadaka all-allah. «
    Obwohl er mit meinem Gepäck beladen war, blieb Saïd stehen
und kramte in einer kleinen schrägen Tasche seines Gewands nach zwei Münzen, die er der Alten in die Hand drückte.
    » Schukran, schukran, sidi. Barakalaufik. «
    Doch da war er schon an ihr vorbei, trat in den Schatten des Hauses gegenüber und klopfte an ein großes, mit Nägeln beschlagenes Tor. Eine kleinere Tür darin tat sich auf, und goldenes Licht fiel hinaus in die Gasse. Zwischen Saïd und der Person auf der anderen Seite kam es zu einem lauten Wortwechsel auf Arabisch, dann winkte er mich näher. Ich machte nervös lächelnd einen Bogen um die alte Bettlerin und floh in das einladende Licht des riad .

NEUNZEHN
    An Sir Arthur Harris, Esquire
Herr auf St Michael’s Mount
Kenegie Manor House, Gulval Hills, Cornwall
     
    am 24. August anno 1625
in Sallee, Land der Barbaresken
    Gedenket Eurer Dienerin, & möge der Herr Euch mit bester Gesundheit segnen. Bitte entlohnt aus der Güte Eures Herzens heraus den Überbringer dieser Nachricht von uns unglücklichen Gefangenen in Sallee. Wir sind in den Händen grausamer Tyrannen, auf deren Befehl ich mich an Euch wende, in Angst um mein Leben.
    Ich selbst & alle, die ich unten aufzähle, wurden bei dem Angriff auf Pen Sants gefangen & haben bis zum heutigen Tag überlebt, das heißt alle, die nicht während der Überfahrt umgekommen sind oder an anderer Pein & Marter oder weggeschleppt wurden, weiß Gott wohin. Sir, ich muß Euch um Hülfe bitten, denn es gibt niemanden sonst, an den wir uns wenden könnten, um unsere Freilassung zu erwirken, & ich kenne Euch als guten Christen, der nicht willentlich zuließe, daß seine Mitmenschen unerlöst bleiben & zum Abfall vom Glauben gezwungen. Täglich versuchen sie uns mit Drohungen & Schmeicheleien dazu zu bewegen, daß wir Türken werden & den Glauben Mohammeds annehmen, & ich befürchte, daß einige sich lieber überreden lassen als die Galeeren oder die Bastinade zu
ertragen. Ich zähle Euch die Namen derer auf, deren Los ich kenne, aber viele mehr wurden gefangen genommen, & ich weiß nicht, was aus ihnen geworden ist oder was aus uns werden soll in den langen Wochen, bis diese Nachricht Euch erreicht. Daselbst aus Eurem eigenen Haushalt:
    Catherine Anne Tregenna, Kammerzofe - £ 800
Eleanor Chigwine, Haushälterin (Euer treuer Diener
William Chigwine kam während der Überfahrt ums
Leben) £ 120
    Matilda Pengellye, Hausmädchen - £ 250

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