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Die zehnte Kammer

Die zehnte Kammer

Titel: Die zehnte Kammer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glenn Cooper
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Mutterkornalkaloiden noch andere Wirkstoffe drin waren?«
    »Die Ergots waren erst der Anfang. Euer Gebräu hat noch eine ganze Menge mehr zu bieten. Ich würde es mal als eine Wundertüte für Pharmakologen beschreiben. Diesen Begriff hatte ich übrigens auf meinen PowerPoint-Folien. Ich fand ihn ziemlich passend.«
    »Was waren das genau für Gene?«, fragte Sara, um wieder zurück zum Thema zu kommen.
    »Richtig, die Gene. Sie werden auch Überlebensgene genannt. SIRT-1 ist das Sirtuin-1-DNA-Reparatur-Gen. Es gehört zu einer Gruppe von Genen, die das Altern in Schach halten. Wenn du sie mittels einer chemischen Substanz aktivierst oder, seltsamerweise, bei einem Tier die Kalorienzufuhr reduzierst, kannst du eine erstaunliche Langlebigkeit erreichen. Das Gen wirkt, indem es Schäden repariert, die der normale Abnutzungsprozess der Zellen bei der DNA verursacht. Weißt du eigentlich, dass Rotweintrinker angeblich länger leben?«
    »Und ob ich das weiß«, kicherte sie.
    »Es gibt eine Substanz im Rotwein, besonders im Pinot Noir: Resveratrol.«
    Sie nickte. »Ich hab davon gehört.«
    »Nun, diese Substanz aktiviert das SIRT-1-Gen. Es ist ein wenig schwierig, den Test beim Menschen zu machen, aber wenn du einer Maus genug von dem Zeug gibst, verdoppelst du ihre Lebenserwartung. Und dabei ist der Wein nicht einmal der stärkste Aktivator für das Gen. Dich als Botanikerin wird es vielleicht interessieren, dass die Wurzel des japanischen Staudenknöterichs eine sehr viel bessere Quelle für Resveratrol ist.«
    »Ich bleibe trotzdem lieber beim Rotwein«, spöttelte Sara. »Und was ist mit diesem anderen Gen, diesem FOX irgendwas?«
    »FOXO3A. Das ist ein anderes Mitglied der Familie von Überlebensgenen, vielleicht ein noch bedeutsameres als SIRT-1. Manche beschreiben es als den Heiligen Gral der Altersforschung. Bis jetzt sind nur ein paar Aktivatoren von FOXO3A bekannt wie zum Beispiel die Polyphenole in grünem Tee und N-Acetycystein, aber es gibt noch keine direkten experimentellen Studien darüber. Allerdings sind die Epidemiologen auf einen interessanten Zusammenhang gestoßen. Eine Studie über japanische Männer, die fünfundneunzig oder älter geworden sind, hat ergeben, dass die Jungs erheblich mehr von dem FOXC3A-Gen hatten als andere, die schon früher den Löffel abgegeben haben.«
    Sara runzelte nachdenklich die Stirn. »Dann könnte man also mit künstlich hergestellten FOXC3A-Genen ein Leben signifikant verlängern?«
    »Vermutlich schon.«
    »Könnte ein Mann damit zweihundertzwanzig Jahre alt werden?«
    »Das kann ich nicht sagen. Vielleicht, wenn er extrem viel von deinem Gebräu trinken würde.«
    »Raus mit der Sprache, Fred«, bat sie aufgeregt. »Was bringt dich dazu, das zu sagen?«
    »Wie ich dir schon erläutert habe, die Gene haben ziemlich heftig auf eure Brühe reagiert. Es ist ja nicht so, dass wir gezielt auf dieses Ergebnis hin getestet hätten, aber unsere Roboter gleichen die Proben nun mal routinemäßig mit Hunderten von biologischen Signifikatoren ab. Sobald ich das erste Ergebnis hatte, habe ich noch ein paar ganz spezielle Tests gemacht, und die haben erst das wirklich interessante Ergebnis erbracht. Euer Zeug ist bei der Aktivierung der beiden Gene um ein Vielfaches wirkungsvoller als Resveratrol. Auch den grünen Tee kannst du vergessen, der spielt nicht in der gleichen Liga. Was auch immer in der Brühe ist, es ist wirklich außergewöhnlich.«
    »Du weißt nicht, was es ist?«
    »Natürlich nicht! Unsere Testmethoden können nur die Wirkung aufzeigen, aber nicht erkennen, was diese Wirkung auslöst. Dazu bräuchtest du vermutlich eine kleine Armee von organischen Chemikern. Solche strukturbedingten Nachweise sind sehr schwierig, aber wenn sie gelingen, dann dürfte das Interesse der Wissenschaft und der Wirtschaft an eurem Zeug enorm sein. Was hätte ich gegeben, wenn ich …« Er verstummte.
    Sie streichelte seine unverletzte Schulter wieder. »Ach, Fred …«
    »Mein Labor ist weg. Alles weg.«
    Sie nahm ein Tempotaschentuch aus der Handtasche und gab es Fred, der sich damit die Tränen aus den Augen wischte.
    »Meinst du, es kommt von den roten Johannisbeeren? Oder den Wicken?«
    »Das kann man ohne intensive Testreihen unmöglich sagen. Vielleicht ist es ja eine Verbindung von Stoffen, die beide Gene aktiviert. Vielleicht zwei oder mehr Verbindungen. Vielleicht stammt das Molekül – oder die Moleküle – gar nicht von diesen Pflanzen, sondern von einer chemischen

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