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Die zehnte Kammer

Die zehnte Kammer

Titel: Die zehnte Kammer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glenn Cooper
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Reaktion bei der Erhitzung aller Inhaltsstoffe. Vielleicht spielt auch das Mutterkorn des Claviceps eine entscheidende Rolle. Wirklich, es kann Jahre dauern, bis das alles geklärt ist.«
    »Gut, dann lass mich noch einmal rekapitulieren«, sagte Sara. »Wir haben eine Flüssigkeit, die reich an halluzinogenen Mutterkornalkaloiden ist, gleichzeitig aber auch bisher nicht identifizierte Substanzen beinhaltet, die beim Menschen die Lebenserwartung steigern.«
    »Ja, das ist richtig. Aber es gibt noch andere kleine Probleme. Bei unseren Tests wurden nämlich noch zwei weitere Zielstoffe angesprochen.«
    »Was für welche?«
    »Na ja, eines war der 5-HT2A-Rezeptor. Das ist ein Serotoninrezeptor im Gehirn, der Impulsivität, Aggression und Zorn erzeugt. Irgendetwas in deiner Brühe muss ein sehr wirkungsvoller Agonist oder Anreger dieses Rezeptors sein. Da gibt es nicht allzu viel Spielraum für medizinische Anwendungen, außer, du willst ein Medikament, das die Leute fuchsteufelswild macht. Das andere Zielobjekt war eher heilsamer Natur.«
    »Was war es?«, fragte sie.
    »Phosphodiesterase-5«, sagte er mit einem bedeutungsschwangeren Funkeln in den Augen, als ob sie verstünde, worauf er hinauswollte.
    »Das sagt mir leider gar nichts«, sagte sie. »Was bewirkt das denn?«
    »PDE-5 ist ein Enzym, das einen bestimmten Muskel entspannt. Etwas in deiner Brühe muss ein äußerst mächtiger PDE-5-Hemmstoff sein. Kannst du dir vorstellen, was das bewirkt?«
    »Fred, das ist nicht so richtig mein Gebiet.«
    Er grinste wie ein verlegener Schuljunge. »Nun ja, es wäre so etwas wie Super-Viagra!«
    »Du machst Witze!«
    »Überhaupt nicht. Deine Brühe macht einen nicht nur high wie Timothy Leary auf LSD, sondern auch zu einer extrem aggressiven Sexmaschine, die zudem noch steinalt wird.«
     
    Während Sara ihr Gespräch mit Fred Prentice rekapitulierte, schoss Luc immer wieder das Bild des priapeischen Vogelmanns in der zehnten Kammer durch den Kopf. Er brachte es nicht übers Herz, Sara zu sagen, dass der freundliche, sanftmütige Wissenschaftler tot war. Er brauchte jetzt eine starke Sara.
    »Wann bist du gegangen?«, fragte er. »Gleich nach dem Gespräch?«
    »Nicht sofort. Ich bin noch bei ihm geblieben, bis sie ihm ein Bett auf einer Station gegeben haben. Danach bin ich ins Hotel, um meine Tasche zu holen, und da hat es dann an meiner Zimmertür geklopft, zwei Männer sind hereingestürmt und haben mich überwältigt. Ich war nicht mal in der Lage zu schreien, weil einer mir die Kehle zugedrückt hat.« Sie begann wieder zu weinen. »Dann bin ich ohnmächtig geworden.«
    Luc zog sie wieder an seine Brust, während sie schluchzend den Rest der Geschichte erzählte.
    »Ich bin im Dunkeln aufgewacht, mit Isolierband auf meinem Mund. Es fiel mir schwer zu atmen. Sie müssen mich wohl betäubt haben, weil ich eine ziemlich lange Zeit nicht bei mir war. Ich denke, ich lag in einem Kofferraum, aber ich bin mir nicht sicher. Wahrscheinlich haben sie mich auf einer Autofähre nach Frankreich gebracht. Als ich hier ankam, konnte ich mich kaum mehr bewegen und war total dehydriert. Odile war hier. Sie hat sich um mich gekümmert, wenn man es so nennen will. Das hier ist ein Gefängnis. Was wollen die, Luc? Sie haben mir nicht gesagt, was sie wollen.«
    »Ich bin mir nicht sicher.« Er hielt sie auf Armlänge von sich weg, damit er ihr direkt ins Gesicht schauen konnte. »Wenn sie uns töten wollten, hätten sie es schon längst getan. Sie wollen etwas ganz Bestimmtes von uns. Also abwarten, aber glaube mir, wir kommen hier unbeschadet raus. Ich lasse nicht zu, dass sie dir wehtun.«
    Dafür küsste sie ihn. Es war kein leidenschaftlicher Kuss, sondern einer aus Dankbarkeit. Sie hielt seine Hände, dann untersuchte sie seinen linken Mittelfinger. »Deine Entzündung hat sich gebessert.«
    Er lachte. »Das war doch nur eine Lappalie.«
    »Ich habe mir Sorgen um dich gemacht«, sagte sie.
    »Danke. Die Tabletten haben mir gut geholfen.«
    Der Riegel wurde zurückgeschoben, und die Tür ging auf. Bonnet mit seiner Pistole war wieder da. »Okay, es ist so weit«, sagte er.
    Luc schob Sara hinter sich und trat Bonnet entschlossen entgegen. »So weit?«, wiederholte er. »Was wollen Sie von uns?«
    Bonnets Augen waren trüb. Er wirkte müde und erschöpft, schien aber entschlossen, wach zu bleiben. »Das werden Sie gleich sehen.«

FÜNFUNDDREISSIG
    Sie befanden sich in einem kalten, fensterlosen Raum von der Größe einer

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