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Die zehnte Kammer

Die zehnte Kammer

Titel: Die zehnte Kammer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glenn Cooper
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Einheit 70 zu meistern hatte, mit gemischten Gefühlen. Einerseits war sie natürlich eine Bedrohung, die die nun schon fünfundsechzig Jahre andauernde Mission seiner Einheit gefährdete. Falls es den Archäologen tatsächlich gelingen sollte, das Geheimnis zu lüften, würde nicht nur sein Kopf rollen. Auch der Verteidigungsminister und vielleicht sogar der Präsident würden eine solche Enthüllung politisch nicht überleben.
    Auf der anderen Seite brachte die Entwicklung auch große Chancen mit sich, denn immerhin würde er endlich einmal die ungeteilte Aufmerksamkeit des Verteidigungsministers genießen. Wenn er es schaffte, dass die Wahrheit über Einheit 70 nicht an die Öffentlichkeit drang, würde er die Anerkennung erhalten, die er verdiente.
    Dann war eine hohe Position im Ministerium zum Greifen nahe.
    Der General ließ seinen Finger über die durchsichtige Plastikhülle der Akte gleiten. War das alles nun Fluch oder Segen?
    Marolles kam wie befohlen, stand stramm und wartete mit zuckendem Schnurrbart darauf, von seinem Vorgesetzten bemerkt zu werden.
    Gatinois befahl ihm mit einer Geste, sich zu setzen. »Ich habe es gelesen. Von vorne bis hinten«, sagte der General ungerührt.
    »Jawohl, mon Général. Dieses Projekt wird sicherlich zum Problem werden.«
    »Ein Problem? Das ist eine Katastrophe!«
    Der kleine Mann nickte feierlich.
    »Jawohl, mon Général.«
    »Wissen Sie, ob jemals in der Geschichte dieser Einheit ein Mensch in dieser Höhle gewesen ist?«
    »Niemals, mon Général. Ich habe in den Archiven nachgesehen, und Chabon hat außerdem Pelay befragt. Der Eingang zur Höhle wurde 1899 zugemauert, und es ist nicht unsere Art, schlafende Hunde zu wecken. Soweit wir wissen, hat seitdem niemand die Höhle entdeckt.«
    »Bis jetzt«, fügte Gatinois in kaltem Ton hinzu.
    »Richtig, mon Général.«
    »Was wissen wir über Luc Simard?«
    »Er ist Archäologie-Professor in Bordeaux und –«
    »Das weiß ich selbst, Marolles. Schließlich habe ich seinen Lebenslauf vorliegen. Aber was wissen wir über seine Persönlichkeit? Über seine Motive?«
    »Wir erstellen gerade ein Profil von ihm. Sie bekommen es noch in dieser Woche.«
    »Und was können wir tun, um seine Ausgrabung zu stoppen, bevor er damit anfängt?«, fragte Gatinois mit einer Ruhe, die den Colonel zu überraschen schien. Marolles holte tief Luft, bevor er dem General sein ungünstiges Urteil mitteilte.
    »Ich fürchte, das Projekt wird vom Kultusministerium positiv beurteilt. Ich muss Ihnen leider mitteilen, dass es ziemlich sicher genehmigt und finanziert werden wird.«
    »Von wem haben Sie das erfahren?«
    »Das ist der einzige Lichtblick in dieser düsteren Geschichte«, erwiderte Marolles hoffnungsvoll. »Ein Cousin meiner Frau arbeitet dort in der zuständigen Abteilung. Ein schmieriger Kerl namens Abenheim, der auf Familienfeiern immer um mich herumscharwenzelt und blöde Witze darüber macht, ob ich vielleicht beim Geheimdienst arbeite. Ich versuche sonst, ihm aus dem Weg zu gehen.«
    »Und jetzt wird sich das ändern?«
    »Richtig.«
    Gatinois beugte sich vor und senkte verschwörerisch die Stimme, als würde sich noch eine dritte Person im Raum befinden. »Benutzen Sie diesen Mann. Legen Sie ihm nahe, dass jemand innerhalb der DGSE an Simard und seiner Arbeit interessiert ist. Deuten Sie an, dass es da etwas Negatives gibt, aber verraten Sie nichts Konkretes. Sagen Sie ihm, dass er Sie über alles informieren soll, was bezüglich des Projekts geschieht. Erklären Sie ihm, dass ihm gewisse Leute in allerhöchsten Positionen dankbar sein werden, wenn er gute Arbeit leistet, aber belassen Sie es dabei. Sagen Sie ihm nicht mehr.«
    »Ich habe verstanden, mon Général.«
    »Am Ende wird wohl Bonnet die Sache selbst in Ordnung bringen. Er ist ein rücksichtsloser Mistkerl. Vielleicht sollten wir uns einfach zurücklehnen und zusehen, wie er das auf seine Art regelt.«

ZEHN
    Luc hatte sich, statt den normalen Dienstweg einzuhalten, mit seinem Anliegen direkt ans Kultusministerium gewandt. Es ging um viel, und da nahm er es in Kauf, ein paar Leuten in der Universität und der Verwaltung der Dordogne auf den Schlips zu treten. Der Schutz der Höhle hatte absolute Priorität.
    Er benutzte seine akademische Position und seine Freundschaft mit einem wichtigen Senator aus Lyon, um einen Termin bei der Kulturministerin und ihren obersten Beamten zu bekommen. Unter ihnen auch der Leiter des staatlichen Zentrums für Ur-und Frühgeschichte,

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