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Die zehnte Kammer

Die zehnte Kammer

Titel: Die zehnte Kammer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glenn Cooper
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verbliebene Wissenschaftlerin war Elizabeth Coutard, die ihre Mess-Sensoren in der Höhle dafür kalibrierte, dass sie ihr während der Ruhezeit im Winter Daten über das dort herrschende Mikroklima lieferten.
    Weil auch der Koch schon abgereist war, ließ die Qualität der Verpflegung sehr zu wünschen übrig. Nachdem sie sich im Küchenzelt eine kalte Mahlzeit zubereitet hatten, nahmen sich Jeremy und Pierre jeder zwei Flaschen Bier mit und gingen hinüber zum Bürocontainer, um noch ein paar Kisten zu packen.
    Zu vorgerückter Stunde fiel Pierre plötzlich etwas ins Auge. Er wirbelte herum und deutete auf einen der Überwachungsmonitore.
    »Hast du das gesehen?«, fragte er.
    Jeremy sah ihn gelangweilt an. »Was soll ich gesehen haben?«
    »Ich glaube, da ist jemand in der Höhle!«
    »Kann nicht sein«, gähnte Jeremy. »Die ist zu.«
    Pierre sprang auf und ging an den Computer, wo er den Datenstrom der Überwachungskamera um dreißig Sekunden zurückspulte.
    »Komm her und sieh dir das an!«, rief er.
    Gebannt blickten die beiden auf den Monitor. Ein Mann mit einem Rucksack auf dem Rücken ging bei voller Beleuchtung an der Überwachungskamera vorbei. »Das darf doch nicht wahr sein!«, rief Pierre. »Er ist in Kammer 9 und will anscheinend weiter zur Kammer 10! Ruf sofort die Polizei an! Ich gehe zur Höhle!«
    »Tu das nicht«, beschwor ihn Jeremy. »Das ist keine gute Idee!« Pierre schnappte sich einen Hammer und rannte zur Tür.
    »Ruf an!«, schrie er und verließ den Wohnwagen. Draußen sprang er in sein Auto und fuhr in Richtung der Höhle davon. Jeremy hörte nur noch das Aufheulen des Motors, das rasch in der Ferne verklang.
    Beunruhigt blickte er auf den Bildschirm des Computers, auf dem der Eindringling nicht mehr zu sehen war. Entweder er war gegangen, oder er befand sich außerhalb des Blickfelds der Kameras. Er hob den Hörer ab und tippte die Eins, und dann wurde ihm auf einmal schwarz vor Augen.
     
    Pierre kletterte in Windeseile die Leiter hinab. Durchtrainiert, wie er war, schaffte er den Weg zur Höhle in Rekordzeit. Den Hammer hatte er sich in den Gürtel gesteckt.
    Das Tor stand weit offen, die Lichter drinnen brannten. Pierre hielt sich gar nicht erst damit auf, die Schutzkleidung anzuziehen. Das war ein Notfall. Er rannte in die Höhle hinein und zog den Hammer aus dem Gürtel. Die Höhlenmalereien nahm er im Laufen nur aus den Augenwinkeln wahr. Es kam ihm vor, als würde er sich in hohem Tempo seinen Weg durch riesige Tierherden bahnen.
    Sein Herz schlug ihm bis zum Hals, als er in Kammer 9 ankam. Von dem Eindringling war weit und breit nichts zu sehen.
    Er musste also in der zehnten Kammer sein.
    Pierre war nie gerne durch den engen Durchlass gekrochen, seine Beine waren viel zu lang, als dass er auf allen vieren hätte krabbeln können. Er musste auf dem Bauch robben, was ihn gerade jetzt, mit einem Fremden in der Höhle, große Überwindung kostete. Pierre versuchte ruhig zu bleiben und betete, dass er nicht mitten im Tunnel mit dem Mann zusammenprallen würde – ein klaustrophobischer Albtraum.
    Er war froh, als er das Gewölbe mit den Handnegativen erreicht hatte und sich wieder aufrichten konnte. Aus der zehnten Kammer hörte er Geräusche und schlich so leise wie möglich auf sie zu.
    Der Fremde kauerte auf dem Boden und drehte Pierre den Rücken zu, während er Drahtspulen und ziegelsteinförmige, graue Blöcke aus seinem Rucksack nahm.
    »Wer sind Sie?«, rief Pierre. »Und was haben Sie hier zu suchen?«
    Der Eindringling blickte erschrocken über die Schulter und drehte sich um zu Pierre, der mit seinem martialisch erhobenen Hammer und der zutiefst verängstigten Miene einen recht zwiespältigen Anblick bot.
    Langsam stand der Mann auf. Er hatte kräftige, muskulöse Arme und einen zotteligen, von weißen Strähnen durchzogenen Bart. Sein vorhin noch überrascht dreinblickendes Gesicht hatte einen eiskalten Ausdruck angenommen.
    Inzwischen hatte sich Pierre einen raschen Überblick über die auf dem Höhlenboden liegenden Gegenstände verschafft: Batterien, Zündkabel, Zünder und rechteckige Blöcke von Plastiksprengstoff. Das kannte er alles noch von einem Praktikum in einem Bergwerk in Sierra Leone.
    »Was wollen Sie hier mit dem Sprengstoff?«, schrie er den Mann an. »Wer zum Teufel sind Sie?«
    Der Mann gab keine Antwort.
    Er senkte den grauhaarigen Kopf, als ob er sich höflich verbeugen wollte, stürmte aber im selben Augenblick los und versetzte Pierre einen derart

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