Die Zeit der Androiden
Hotelangestellten und sein lästiges Problem loswerden könne, als sie sah, daß der Mann mit offenem Mund und runden Augen an ihr vorbei in den dunklen Raum starrte.
Hinter ihr waren Geräusche. Eine Männerstimme sagte: »He, wer hat das Licht ausgemacht?«
Marge drehte sich um.
Die vier am Vorabend ausgelöschten Seth Mitchells standen unweit der Tür. Sie kehrten ihr die Rücken zu.
Marge begriff sofort, was die Worte bedeuteten. Diese Männer hatten keine Ahnung, daß seit ihrem Verschwinden Zeit vergangen war; genau wie Billy Bingham die fünfundzwanzig ausgefallenen Jahre seines Lebens nicht wahrgenommen hatte. Dies war das gleiche.
Mechanisch langte sie zum Lichtschalter neben der Tür. Als die Lampen aufstrahlten, kam ein fünfter Seth Mitchell aus einer Ecke des Raums, wo er eben erschienen war. Er machte einen sehr verwirrten Eindruck, und viele Minuten sollten vergehen, bis er als der Seth Mitchell mit dem goldfarbenen Cadillac identifiziert wurde, denn er hatte weder eine Kugel im Kopf noch einen Tropfen Wasser an seinem untadeligen Anzug.
Im Moment hatte Marge nur einen flüchtigen Blick auf ihn, denn ein sechster Mitchell stand plötzlich auf der anderen Seite des Konferenztisches. Seine Haltung, der wachsame Blick und das erleichterte Wiedererkennen darin, als er Marge in der Türöffnung stehen sah …
Sie vergaß ihre ganze angelernte Diskretion und stieß einen Schrei aus: »Seth – du bist es!«
Wie sie zu ihm kam, und er zu ihr, war nicht ganz klar. Sie begegneten einander auf halbem Weg neben dem langen Konferenztisch, und sie lösten sich erst aus ihrer Umarmung, als Marge bemerkte, daß Edith Price kaum einen Meter neben ihnen stand und sehr schüchtern und ängstlich umherblickte.
Dann erschien nahebei ein weiterer Mitchell. Er trug einfache und derbe Arbeitskleidung, und Marge schloß daraus, daß er der Farmer sein müsse.
Marge warf ihm nur einen flüchtigen Blick zu. Nachdem sie sich der Umarmung ihres Detektivs entwunden hatte, sah sie, daß Edith ein anderes Kleid trug und anders frisiert war als die Edith, die sie kannte. Trotz dieser schnellen und genauen Beobachtungen dauerte es eine Weile, bis Marge begriff, daß dies die Edith Price war, die in New York vom schlechtesten Ashtar umgebracht worden war.
Von den Ashtars war nichts zu sehen.
Und obwohl die Zeit verstrich – und schließlich auch der Junggeselle Mitchell zum Hoteleingang hereinkam –, warteten sie vergeblich auf das Wiedererscheinen von Edith Price, der Orientierungsperson des Kristalls.
Der beste Seth Mitchell erläuterte, daß er spazierengegangen und beim Überdenken aller Geschehnisse zu dem Schluß gelangt sei, daß die Dinge eine Regelung finden würden.
»Und nun, wie ich zurückkomme, sind Sie alle da«, schloß er hoffnungsvoll. »Jeder von Ihnen ist ein lebendiger Beweis dafür, daß Edith eine Lösung gefunden hat.« Er blickte von einem zum anderen und sagte: »Sie möchten gern wissen, was für eine Lösung es ist, und was sie kann. Ich wagte es letztes Mal nicht auszusprechen, aber – nun, wenn Gott tot ist, was kann ihn ersetzen?«
»Dann sind Sie Gott«, platzte Marge heraus. Sie schlug eine Hand vor ihren Mund und rief: »Oh, Sie meinen – Edith?«
Der beste Seth Mitchell sagte bedächtig: »Ich frage mich, was der Kristall und Edith mit diesem Konzept anfangen werden.«
Shalil war in Schwierigkeiten. Statt Einblick in die Denkprozesse zu gewinnen, mit denen diese Edith nach wie vor den Kristall kontrollierte, sah er sich ihrem schier unerschöpflichen idealistischen Geschwätz ausgesetzt, mit dem sie ihm den Nutzen freundschaftlicher Beziehungen zwischen seinesgleichen und den Menschen der Vergangenheit einzureden versuchte. Alle Mitchells und Prices sollten wiedererschaffen werden. Für die Probleme der Bewohner des dreiundneunzigsten Jahrhunderts sollte auf der Basis freiwilliger Zusammenarbeit eine Lösung gefunden werden. Zugleich aber sollte es verboten sein, Menschen aus ihrer Zeit für Experimente zu verwenden.
Dann stellte Edith sich in einem Ausbruch von Phantasie einen Zeitkorridor zwischen dem dreiundneunzigsten und dem zwanzigsten Jahrhundert vor, durch den die vom Kristall wiedererschaffenen Mitglieder der Mitchell-Price-Gruppe sicher passieren könnten.
Als sie – ohne es selbst zu wissen – diese enorme Verbindung unter ihrer Kontrolle hergestellt hatte, blieb Shalil in seiner Verzweiflung nichts übrig, als sie auszulöschen. Er erschuf sie wieder auf der
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