Die Zeit der Feuerblüten: Roman (German Edition)
Verbleib in einer lebenswichtigen Gemeinschaft. Cat verstand das nicht ganz, sie hätte es allerdings auch nicht übers Herz gebracht, ihre neue Freundin zu enttäuschen. Gut, wenn die Ältesten Cat nicht haben wollten, würde sie gehen. Aber sonst sprach nichts dagegen, eine Zeit lang bei den Altlutheranern unterzukriechen. Vor harter Arbeit fürchtete Cat sich nicht – und erst recht nicht vor Ottfried! Der Kerl war unangenehm, jedoch bestimmt kein Kämpfer. Cat spielte mit ihrem Messer. Sie traute sich durchaus zu, sich Idas Mann vom Leib zu halten.
Brandmann, Lange und die anderen Kirchenältesten hätten sich die Entscheidung nicht leicht gemacht, verkündete Lange, als sie endlich wieder zu ihrer in Kälte und Nieselregen wartenden Gemeinde stießen. Der Vorsteher machte die Sache spannend, indem er zunächst ein Gebet sprach und dann noch viele Worte darum herum machte, bevor er endlich zur Sache kam und das Ergebnis der Besprechung offenbarte. Cat brauchte allerdings nur einen Blick auf Ottfried zu werfen, um zu wissen, wie die Kirchenoberen entschieden hatten. Idas Mann wirkte wie ein feister, zufriedener Kater, dessen Schüssel man eben mit Sahne gefüllt hatte. Zweifellos waren die Männer seiner Bitte nachgekommen.
»Wir werden der jungen Frau eine Chance geben!«, enthüllte Lange dann auch würdevoll die Entscheidung des Rates. »Da unser Gemeindemitglied Ottfried Brandmann sich dazu bereit erklärt hat, die Verantwortung für ihre Tugend zu übernehmen. Er halte das Mädchen also in strenger Zucht, seine Frau Ida sei ihm ein Vorbild an Demut und Frömmigkeit!« Der Patriarch warf seiner Tochter dabei so strenge Blicke zu, als vermutete er völlige Zügellosigkeit hinter ihrer offensichtlichen Ergebenheit. Erst als Ida seinem Blick standhielt und ihre Freude über die Entscheidung hinter einem stoisch ernsten Gesicht verbarg, ließ er von ihr ab und wandte erstmals das Wort an sein neu erkorenes Gemeindemitglied. »Katharina … äh … Hempelmann. Wir laden dich hiermit ein, fürderhin mit uns Arbeit und Brot zu teilen und Gott zu dienen.«
Ida erlaubte sich ein glückliches Lächeln, Cat biss sich jedoch auf die Lippen. Sie war nicht Katharina Hempelmann. Sie war Cat. Nicht mehr – aber auch nicht weniger! Unglücklich dachte sie an die Zeit zurück, da sie sich als Poti ernst genommen und geliebt gefühlt hatte. Für Te Ronga war der Mensch wichtig gewesen, nicht sein Name.
Cat blitzte den Kirchenältesten an. »Danke«, sagte sie dann widerstrebend. »Aber ich bin Cat. Nur Cat.«
Wahrscheinlich hätte schon das zu einem ersten Rüffel des strengen Vorbeters geführt, nach Langes Vortrag ging Cats Einwand hingegen in den aufgeregten Rufen und Gesprächen der Dorfbewohner unter. Zumindest jetzt sah es so aus, als hätte die Mehrheit der Dörfler Cats Aufnahme in die Gemeinde befürwortet. Besonders die Frauen drängten sich um sie und sprachen sie freundlich an. Dabei lechzten sie nach Berichten aus Nelson. Viele fragten nach Bekannten in der Stadt, nach den Beits und Neuigkeiten von der Company. Erst später, als einige Frauen Ida und Cat in Idas und Ottfrieds provisorische Hütte begleitet hatten, um beim Umzug in das neue Haus zu helfen, stellten sie auch Fragen nach ihrem Leben bei den Maori. Cat stand geduldig, aber vor allem vorsichtig Rede und Antwort. Auf keinen Fall durfte sie wieder die Saat für Fehlinterpretationen legen wie damals in Nelson!
Schließlich luden die Frauen Idas gesamten Hausstand auf zwei Handkarren, um ihn hinunter zum Fluss zu bringen. Viel war es nicht, was die junge Familie besaß. Alle bedauerten wortreich, wie wenig man aus der alten Heimat mit nach Neuseeland hatte bringen dürfen.
»Euer schönes Geschirr, Ida, und die Daunendecken … Ich weiß noch, wie fein deine Mutter webte. Wenigstens die Tischdecken hast du noch und die Bettbezüge.« Die Finger der Frauen fuhren bewundernd über das bestickte Leinen, bevor sie Idas Aussteuertruhe auf den Wagen wuchteten.
Ida blieb bei all dem ziemlich unbeteiligt. Cat fragte sich, wozu man all diesen überflüssigen Tand über drei Ozeane hatte befördern müssen. Natürlich waren die Betttücher und Kissenbezüge schön – aber wichtiger wären doch Werkzeuge, warme Kleidung und Kochgerät gewesen. Das alles habe man käuflich erwerben müssen, berichteten die Frauen Cat mit einer Mischung aus Freude und Bedauern. Idas und Ottfrieds Ausflug nach Nelson hatte wohl der Aufbesserung der Bestände gedient.
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