Die Zeit der Feuerblüten: Roman (German Edition)
ordentlich unter einem schlichten Hut aufgesteckt. Die Maori betrachteten sie mit kaum weniger Ehrfurcht als Carpenter, als sie den Händler mit gemessenen Worten begrüßte.
»Mein Name ist Jane Fenroy-Beit, und ich darf im Auftrag des ariki Te Haitara mit Ihnen über Geschäfte sprechen.«
»Was?«, grunzte Carpenter.
Jane lächelte überlegen. »Ja, Mr. Carpenter. Häuptling Haitara und sein Volk haben sich entschlossen, eine kleine Manufaktur ins Leben zu rufen, um ihre wirtschaftliche Position zu verbessern. Sie würden gern mit Ihnen ins Geschäft kommen, vielleicht zunächst auf Kommissionsbasis. Aber ich bin sicher, unsere Angebote werden Ihre sonstigen Kunden überzeugen, vor allem natürlich die Siedler. Sie wissen ja, dass zum Beispiel über die medizinische Versorgung in den Siedlungen immer wieder geklagt wird. Dabei gibt es zahlreiche traditionelle Heilmittel, die mit den heimischen Kräuterapotheken der deutschen oder englischen Siedler durchaus vergleichbar sind, denen diese jedoch oft skeptisch gegenüberstehen, wenn sie direkt von den Einheimischen angeboten werden. Hier zum Beispiel hätten wir eine Gelbblütenessenz – sehr gut zur Behandlung von Verletzungen und Prellungen. Und hier unser Veronikapulver, benannt nach dem Strauch, aus dessen Blättern es gewonnen wird. Wirkt gegen … Diarrhö.«
»Ein Durchfallpulver?«, präzisierte Carpenter. »Nicht schlecht, da gäb’s sicher Nachfrage.«
»Ganz zweifellos, Sir!«, erklärte Jane. »Hier unser Erkältungssirup gegen Husten und Lungenleiden. Wir nennen ihn Großmutters Hustensaft.«
Carpenter grinste. »Weil Sie für die Rongoa keinen englischen Namen gefunden haben?«
Jane lächelte überlegen. »Sie durchschauen das Prinzip, Sir. Die Kunden sollen in unsere Heilmittel vertrauen, und das tun sie eher, wenn sie keine allzu exotischen Namen tragen.«
Es hatte Jane drei Briefe gekostet, ihre Mutter dazu zu überreden, ihr ein Buch über Botanik zu senden, das ihr Vater in seiner Bibliothek hortete. Die Pflanzen Polynesiens wurden seit den Reisen des Kapitän Cook erforscht, gezeichnet und katalogisiert. Nur selten verwandte man dabei die Namen, die ihnen die Einheimischen gaben. Viel häufiger taufte der Botaniker seine Entdeckung willkürlich. So war Jane darauf gestoßen, dass man den Koromiko-Busch auch Neuseeland Veronikapflanze nannte. Während die Gelbblütenessenz ihren Namen einfach daher erhalten hatte, dass Kowhai auch das Maori-Wort für gelb war.
»Sie sehen, wir haben die Mittel sehr gefällig in Hartholzgefäße abgefüllt, sie sind eine ganze Weile haltbar. Also würde ich einfach vorschlagen, Sie nehmen uns, sagen wir, zwanzig Stück von jedem Mittel ab und …«
»Ich kauf das nicht auf gut Glück!«, fiel ihr Carpenter ins Wort.
Jane schüttelte nachsichtig den Kopf. »Wenn Sie mir doch einmal zuhören würden! Wie ich schon sagte, können wir uns vorerst auf Kommissionsbasis einigen. Wobei Sie schon einen kleinen Betrag pro Einheit entrichten müssten.«
»Was willst du denn überhaupt haben?«, wandte sich Carpenter an Te Haitara, offenbar, um die Sache abzukürzen und zu vereinfachen. »Wenn ich dir vielleicht … sagen wir, einen Ballen Kattun gebe für das ganze Zeug …«
Er wies auf die Sammlung von Medikamenten, die ordentlich in Kisten verpackt zum Mitnehmen vorbereitet waren. Es war nicht einfach gewesen, die tohunga des Stammes, die gewöhnlich Musikinstrumente, Schalen und Löffel aus Hartholz herstellten, zum Schnitzen der Tiegel für die Salben und Tinkturen zu bewegen. Und auch die Frauen nahmen das Leinen, das Jane in ihrer Aussteuertruhe fand, nur ungern zum Nähen der Säckchen für die Pulver, statt es zu Hemdchen für ihre Kinder zu verarbeiten. Aber letztlich waren alle Verpackungen sehr ansprechend geworden, und Jane hatte ihr Briefpapier geopfert, um sie mit sauber geschriebenen Etiketten zu versehen.
Bei Carpenters Angebot wurde unter den Frauen des Stammes Jubel laut. Wie immer, wenn etwas Besonderes anstand, hatten sich alle versammelt, und nun sahen sie die Früchte ihrer Arbeit in erreichbarer Nähe. Der Häuptling schien denn auch zu schwanken und schaute unsicher zu Jane hinüber. Die schüttelte jedoch entschlossen den Kopf.
»Nein, Sir, auf Tauschhandel lassen wir uns nicht ein. Dies hier ist eine Manufaktur, wie gesagt, wir arbeiten gewinnorientiert – oder streben das doch zumindest an. Der Festpreis unsererseits ist ein Sixpence für jeden Artikel, was Sie da beim Verkauf
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