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Die Zeit der Feuerblüten: Roman (German Edition)

Die Zeit der Feuerblüten: Roman (German Edition)

Titel: Die Zeit der Feuerblüten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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hier, im Gras zwischen wildem Flachs und Raupo, ein mächtiger Maori-Krieger. Jane erkannte den Häuptling erst auf den zweiten Blick, und sein Aufzug erschien ihr befremdlich. Er trug die traditionelle Kleidung der Maori, die auch bei Männern aus einer Art Rock bestand, und sein Oberkörper war frei. An seinem Gürtel hingen diverse Keulen, Messer und andere Waffen, den Speer hatte er neben sich abgelegt. Wenn er Christopher auf der Farm besuchte, trug er meist Hemd und Denimhosen wie auch die anderen Stammesmitglieder, die für die Fenroys arbeiteten. Alle schienen stolz auf diese Sachen zu sein und sie der traditionellen Kleidung vorzuziehen. Und jetzt hockte hier Te Haitara, aufrecht, das lange schwarze Haar zum Kriegerknoten gewunden, die Augen zu Schlitzen verengt. Er starrte wie in Trance auf den Fluss, und Jane war sich unsicher, ob sie ihn überhaupt stören sollte. Andererseits wäre es unhöflich, einfach vorbeizugehen. Sie mochte auch nicht baden, solange der Häuptling in der Nähe war. Gut, für Te Haitara war es völlig normal, die Frauen seines Stammes halb nackt im Dorf herumlaufen zu sehen, aber Jane wäre denn doch vor Scham im Boden versunken!
    »Kia ora, ariki!« , grüßte sie also und hoffte, Te Haitara nicht zu erschrecken.
    Der Häuptling wandte sich in gemessenem Tempo nach ihr um – wahrscheinlich hatte der erfahrene Krieger sie längst kommen hören, bevor sie noch seiner gewahr geworden war.
    »Guten Tag, Madam!« Te Haitara grüßte höflich, um sich dann zu erheben.
    »Oh, meinetwegen mussten Sie nicht aufstehen«, erklärte Jane. »Ich wollte auch gar nicht stören.«
    Der ariki lächelte. »Nicht darf stehen niemand, wenn ariki sitzt«, sagte er. »Das tapu . Nicht will, dass du musst sagen sorry zu Geister.«
    Jane hob die Augenbrauen. »Ich fürchte mich nicht vor Geistern«, sagte sie gelassen.
    Te Haitara lachte. »Du Frau mit viel mana . Kann sein, Geister fürchten dich.« Er seufzte. »Geister kann sein fürchten pakeha «, sinnierte er. »Nicht heute sprechen zu mich.«
    Jane ließ den Blick zwischen dem Raupo, dem Flachs und dem nächststehenden Manuka-Baum schweifen. »Sie sind hier, um … mit den Geistern zu sprechen?«, fragte sie. »Denen in … den Pflanzen?« Die Frauen, die für sie arbeiteten, taten das ständig, aber irgendwie hatte Jane dem Häuptling mehr Verstand zugetraut. »Sind das hier … spezielle? Weil … es gibt auch näher am Dorf Flachs und Raupo.«
    Te Haitara schüttelte ernst den Kopf. »Mit Geister von Fluss. Geister von Pflanzen nicht können wissen. Immer auf gleiche Stelle. Aber Fluss fließen. Auch zu pakeha . Kann sein, weiß Antwort.«
    »Antwort worauf?«
    Jane war sich sicher, mit ihrer Frage gegen irgendein tapu zu verstoßen, aber sie ging jetzt dennoch auf einen der vier Felsen zu, die in Ufernähe aus dem Gras zu wachsen schienen. Wenn es dem Häuptling nicht passte, sollte er es einfach sagen. Er musste sich ja nicht mit ihr unterhalten.
    »Auf Frage«, meinte Te Haitara. »Das hier heiliger Ort, Madam. Fluss, Steine, viele Geister. Besser sitzen zwischen Steine, nicht auf.«
    Jane ließ sich schulterzuckend ins Gras sinken. Der Häuptling tat es ihr – in einiger Entfernung – gleich.
    »Wenn’s die pakeha angeht, kann ich Ihnen vielleicht helfen«, bot Jane an. »Die Geister sind da sicher nicht so ganz der richtige Ansprechpartner.«
    »Hm?«, fragte der Häuptling. Dann sinnierte er weiter. » Ariki sucht Rat bei Geister, wenn Stamm nicht glücklich.«
    Jane fragte sich, ob die Geister es wohl auch schon übel nahmen, wenn sie sich gegen einen der Steine lehnte. Es war heiß, und sie hätte es sich gern bequem gemacht. Der Häuptling saß mühelos aufrecht, aber er blickte sorgenvoll.
    »Ihr Stamm ist nicht glücklich … mit Ihnen?«, erkundigte sie sich.
    Jane überlegte kurz, was der ariki in solchen Fällen wohl zu erwarten hatte. Wurde er abgewählt? Musste er Aufstände niederschlagen? Und aß man ihn womöglich auf, wenn es ihm nicht gelang? Die letztere Vorstellung erheiterte sie, an all die Gerüchte über Kannibalismus bei den Maori hatte sie nie geglaubt.
    »Nicht mit mich«, stellte Te Haitara richtig. »Und › glücklich ‹ nicht richtige Wort. Ist mehr … wie wenn was wollen und nicht bekommen.«
    »Zufrieden?«, riet Jane.
    Der Häuptling nickte grimmig. »Ja. Das die Wort.«
    »Und was will Ihr Stamm?«, fragte Jane.
    Te Haitara riss ein paar Raupo-Blätter ab und spielte mit ihnen, wahrscheinlich

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