Die Zeit der Feuerblüten: Roman (German Edition)
immer noch mitunter an den klugen, lebhaften Engländer, der so viel mehr mit ihr gemeinsam gehabt hatte als mit der nörgeligen, schwierigen Frau, die er geheiratet hatte. Aber dann berichtete sie ganz gelassen über das Ende ihrer Tätigkeit bei den Beits, ihre Bekanntschaft mit Ida und die Zeit in Sankt Paulidorf. Ida hörte schweigend zu, wie sie den Untergang der Siedlung schilderte.
»Ich wollte danach eigentlich in die Plains und mich irgendeinem Maori-Stamm anschließen. Von den Altlutheranern hatte ich an sich genug«, erklärte Cat freimütig, »aber Ida war schwanger, es ging ihr nicht gut, und ich wollte sie nicht allein lassen. Und dann hat sich ja die Sache mit Ottfried und Gibson ergeben. Auf die ich nicht gerade stolz bin.«
Sie erzählte von ihrer Übersetzertätigkeit und erklärte in diesem Zusammenhang auch die Hintergründe des »Besuches« der streitbaren Maori. Karl sprach von seiner Begegnung mit Ottfried, Joe, Potter und dem Anwalt in Port Cooper.
»Und jetzt werden die beiden wohl weiteren Ärger bekommen«, meinte er schließlich. »Hoffentlich haben sie noch genug Geld, um die Leute alle zu entschädigen. Sonst wird es haarig. Vor dem Anwalt würde ich mich ja nicht so fürchten. Bis der Fall mal vor Gericht kommt, kann es Jahre dauern. Aber der Häuptling schien mir recht entschlossen.«
Cat nickte. »Obwohl ich nicht glaube, dass er mitten in Port Cooper Gewalt anwenden wird«, bemerkte sie, auch um Ida zu beruhigen, die schon wieder blass geworden war. »Und die tohunga ist dabei, auch das ist ein gutes Zeichen. Es wird Gibson und Ottfried jedoch mindestens eine zusätzliche Warenlieferung kosten, die Maori zufriedenzustellen. Und ob sie danach noch weitere von den beiden angeworbene Siedler in ihrem Gebiet dulden …«
»Ottfried hat kein Geld«, sagte Ida leise. Während Karl von dem Vorfall in Port Cooper berichtet hatte, hatte auch sie ein Glas Whiskey geleert. »Der hat alles ausgegeben und verspielt. Was wird er nur machen? Was wird jetzt aus uns?«
Cat zuckte die Schultern. »Es wird schon irgendwie weitergehen«, tröstete sie. »Gibson hat nichts ausgegeben und beim Spiel eher gewonnen. Der muss es Ottfried eben vorstrecken. Wenn er die zwei nicht überhaupt noch aus allem rausredet. Der Kerl ist ja mit allen Wassern gewaschen. Mach dich nicht verrückt, Ida, es kommt schon alles in Ordnung. Wo wollen Sie jetzt schlafen, Karl? Wir hätten einen recht bequemen Platz im Stall anzubieten.«
Karl nahm das gern an, hatte er sein Zelt doch gar nicht mitgebracht, sondern im Pub in Port Cooper gelassen. Für den Transport hätte er ein Packtier benötigt, vorerst allerdings keinen Sinn darin gesehen, in dem Hafenort eins zu erwerben. Nun bezog er Cats Verschlag neben dem Pferdestall und ließ sich von Brandys gleichmäßigen Kaugeräuschen einlullen. Das Pferd hatte ausreichend getrocknetes Tussockgras im Stall vorgefunden und stand zufrieden neben zwei weiteren Pferden, zwei Schafen und einer Kuh.
Sehr lange sollte Karl die Ruhe allerdings nicht genießen können. Er hatte kaum bis zum Morgengrauen geschlafen, als ihn der Klang der sich öffnenden Stalltür, Hufgetrappel und das überraschte Wiehern der Pferde beim Eintreten eines Artgenossen weckte. Das neue Pferd war hörbar außer Atem, und auch der Mann, der es führte, wirkte eilig. Er schien sich kaum Zeit nehmen zu wollen, es abzusatteln. Immerhin entzündete er rasch die Stalllaterne. Karl erkannte Ottfried im Licht der Funzel – und auch Ottfried sah, dass da jemand lag.
»Cat?«, fragte er und trat näher, »Cat, du musst aufstehen, wir … Aber … wer …?«
Verblüfft blickte er auf den Mann unter den Decken und erkannte dann schnell Karl Jensch.
»Was machst du denn hier?« Ottfrieds Stimme hatte eben alarmiert geklungen, jetzt polterte er los. »Das ist ja noch schöner! Ich komme spät nachts nach Hause, und was finde ich vor? Einen Kerl im Bett meiner Frau! Und dann auch noch einen alten Bekannten. Wo kommst du plötzlich her, Karl Jensch? Was willst du hier?«
Karl hob beschwichtigend die linke Hand, während er mit der rechten sicherheitshalber nach seinem Gewehr tastete. Ottfried mochte betrunken sein und dadurch angriffslustig – obwohl er sich nicht so anhörte. Eigentlich klang er missgestimmt und wütend, aber völlig nüchtern.
»Also erstens ist es bereits Morgen, nicht mehr Nacht. Zweitens liege ich nicht im Bett deiner Frau, sondern in dem deiner Magd – sofern man das so nennen kann.
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