Die Zeit der Feuerblüten: Roman (German Edition)
Ich glaube eigentlich nicht, dass da ein Angestelltenverhältnis besteht. Oder bezahlst du Cat regelmäßig? Und wie du selbst im Licht dieser Funzel erkennen solltest, ist Cat nicht bei mir, ebenso wenig Ida. Also: Guten Morgen, Ottfried. Schön, dass wir uns doch noch zu sehen bekommen. Als ich euch gestern besuchen wollte, traf ich nur deine Frau an und eure reizenden Zwillinge. Herzlichen Glückwunsch zur Vaterschaft. So, und da wir uns nun wie erwachsene Menschen unterhalten, wäre es an dir zu fragen, wie es mir geht, was ich in den letzten Jahren getan habe und was mich jetzt auf die Südinsel führt. Ich gebe dir dann sehr gern Auskunft.«
Ottfried winkte ab. »Ach, geschenkt, was schert’s mich, was du in den letzten Jahren getrieben hast. Ich hab andere Sorgen. Also verzieh dich jetzt, ich muss Ida wecken.«
Ohne sich weiter um Karl oder auch nur um sein nach wie vor schwer atmendes und gesatteltes Pferd zu kümmern, stürmte er in Richtung Haus. Karl stellte das Tier rasch in einen der Verschläge und stellte ihm Brandys Wassereimer hin, bevor er Ottfried folgte. Er dachte gar nicht daran aufzubrechen, bevor er wusste, was passiert war. Zumal er sich das beinahe denken konnte. Es sah aus, als käme alles noch sehr viel schlimmer, als Ida befürchtet hatte.
»Aufstehen, Ida, Cat! Ach, lass dein Messer stecken, ich will nichts von dir, Weib! Dafür ist auch gar keine Zeit mehr, wenn wir mit heiler Haut hier rauskommen wollen. Packt eure Sachen, wir müssen fort!«
»Fort? Weg von hier? Aber wieso?«
Karl hatte Ottfrieds Stimme noch von draußen gehört – Idas Mann hatte sich nicht die Mühe gemacht, die Haustür hinter sich zu schließen. Nun sah er Ida schlaftrunken aus einem Nebenzimmer kommen. Die junge Frau hatte nur einen Schal über ihr Nachthemd geworfen, und Karl sah sie zum ersten Mal seit ihrer Kinderzeit mit offenem, weich über ihren Rücken fließendem Haar. Sie war wunderschön – trotz ihres blassen, besorgten Gesichts, über das eine leichte Röte flog, als sie jetzt Karl hinter ihrem Mann an der Haustür auftauchen sah.
»Wenn es mit Karl zu tun hat …«
Ida sah hilflos von Ottfried zu Karl, ihr Mann hatte jedoch noch gar nicht registriert, dass sein alter Rivale seinen Auftritt miterlebte.
»Natürlich hat es nichts mit Karl zu tun.« Cat erschien hinter Ida und stopfte hastig ihre Bluse in einen schnell übergeworfenen Rock. Sie zeigte sich Ottfried offenbar ungern in Nachtkleidung. »Es hat wohl eher mit Gibson zu tun. Was ist los, Ottfried? Haben sie den womöglich eingesperrt?«
»Ach was!« Ottfried begann ziellos, Hausrat in eine grob gezimmerte Truhe zu werfen. »Nun macht schon, helft mir zu packen! Wir müssen hier weg, so schnell wie möglich, bevor dieser Potter seinen Rausch ausgeschlafen hat. Gibson ist abgehauen. Er hat uns sitzen lassen mit all dem Ärger. Ein Pferd hat er auch mitgenommen. Ganz schlau angefangen hat er das. Dabei hat Potter ihn bis aufs Schiff begleitet. Aber irgendwie ist er da wieder runter, hat sich das Pferd aus dem Mietstall geholt und ist weg – weiß der Himmel, wohin.«
»Dann hatte er sein Geld also nicht auf der Bank in Nelson«, bemerkte Karl und trat ganz ein.
»Nein, hatte er nicht!«, wütete Ottfried. »Dass das eine Finte war, wusste ich. Ich dachte allerdings, er lässt sich was einfallen! Was weißt du überhaupt darüber? Und was machst du noch hier? Hau ab, Karl! Du bist der Letzte, den wir hier brauchen können!«
»Du hast Gibson abhauen lassen, obwohl du wusstest, dass er gar nichts in Nelson zu tun hatte?«, fragte Cat. »Himmel, Ottfried, wie dumm kann man denn eigentlich sein? War doch klar, dass der nicht wiederkommt! Du hättest ihn zwingen müssen, sein Geld rauszurücken!«
»Hätte, hätte …« Ottfried blitzte sie wütend an. »Ich dachte doch, er … er hat mir zugeblinzelt, ich dachte, er bringt uns da irgendwie raus. Aber das ist ja auch egal jetzt. Macht schon! Holt euer Zeug, Ida und Cat, und steht hier nicht rum. In ein paar Stunden kriegt Potter raus, dass ich weg bin. Und mit dem ist nicht zu spaßen. Wenn der herkommt und sein Geld will …«
»Wir können ihn doch nicht bezahlen«, flüsterte Ida. »Und die Maori auch nicht.«
»Welche Maori?«, fragte Ottfried und fuhr fort, ziellos zu packen. »Ich weiß nichts von irgendwelchen Maori.«
»Ich glaube, du weißt überhaupt nicht allzu viel«, mischte Karl sich gelassen ein. »Vor allem hast du doch wohl keine Ahnung, wo du jetzt hinwillst
Weitere Kostenlose Bücher