Die Zeit der Feuerblüten: Roman (German Edition)
Generationen aufnehmen, die in diesem Land geboren werden«, murmelte Ida, als Karl die Arbeit lobte. »Vor allem natürlich …«
Sie brach ab, doch Karl hatte genug gehört. Sicher, Ottfried hatte beim Wiegenbau an einen Stammhalter gedacht. Von den beiden kleinen Mädchen war er wahrscheinlich eher enttäuscht.
Im Haushalt der Brandmanns fehlte es auch an Hausrat und offenbar an Kleidung. Sowohl Idas als auch Cats Sachen waren kaum mehr als Lumpen, von Idas Aussteuer war beim Untergang von Sankt Paulidorf anscheinend nichts gerettet worden. Nur die Kinder trugen hübsche gestrickte Sachen aus Wolle. Karl nahm an, dass die Redwoods Ida mit Schafwolle ausgeholfen hatten, aber Ottfried hatte sich nicht darum gekümmert, wie seine Frau sie verarbeiten sollte. Spindel und Webrahmen entdeckte er nun in einer Ecke, sicher das Werk von Cat. Wobei sich die Frage stellte, was Cat eigentlich bei den Brandmanns machte. Nach Bettys Erzählungen hatte Ottfried sie in Sankt Paulidorf als Magd beschäftigt, hier war allerdings ganz sicher keine vonnöten.
Karl beschloss, Cat oder Ida später danach zu fragen, im Moment mochte er die ohnehin angespannte Atmosphäre nicht weiter aufheizen. Ida war scheu. Sie schämte sich wohl ihres ärmlichen Zuhauses, mochte aber auch nicht mit der Wahrheit über ihr Befinden herausrücken. »Das eigene Nest nicht beschmutzen« … Karl erinnerte sich an den Spruch aus Raben Steinfeld. Ida war damit aufgewachsen. Dabei hatte sie sicher schon nach dem Tod ihrer Mutter genug Grund zum Klagen gehabt. Die Frauen hatten damals darüber geredet, ob das sehr junge Mädchen nicht doch Hilfe im Haushalt oder bei der Erziehung der Geschwister brauchte. Doch Jakob Lange hatte alles abgewehrt. Ida hatte geschwiegen und würde auch kein kritisches Wort über Ottfried sagen.
Nun brauchte sie das auch nicht. Cat, der das gezwungene Gespräch zwischen Karl und Ida nicht behagte, stellte schließlich den fertigen Kaninchenbraten und eine Flasche Whiskey auf den Küchentisch. Sie wusste genau, wo Ottfried seine Vorräte aufbewahrte. Jetzt schenkte sie ihnen allen großzügig ein, und wenn sich auch Ida zurückhielt, so lockerte der Alkohol doch zumindest die Zungen von Karl und Cat. Karl erzählte von seiner Arbeit auf der Nordinsel, schließlich von Betty, die er in Nelson getroffen hatte, und von Eric, den er dann aufgesucht hatte. Über beide war nur Gutes zu berichten. Eric hatte es zwar noch schwer, eine annehmbar bezahlte Arbeit zu finden, doch er war fleißig und klug. Wenn er etwas älter gewesen wäre, hätte es reichlich Stellen für ihn gegeben. So musste er sich noch eine Weile durchschlagen, auch mit Bettys Hilfe, die mit ihrem Job im Café wirklich Glück gehabt hatte. Die Besitzerin Celine hatte Karl ebenfalls kurz kennengelernt, und er schilderte sie anschaulich.
»Die heute sehr ehrbare Lady hat sich das Geld für die Geschäftseröffnung zweifellos als › leichtes Mädchen ‹ verdient. Es war sehr lustig, wie Betty das zu umschreiben versuchte – ein braves Mädchen aus Raben Steinfeld würde sich ja eher die Zunge abbeißen als das Wort › Hure ‹ zu gebrauchen. Aber es ist offensichtlich. Celine wirkt auch noch ein bisschen exotisch, sie kleidet sich bunter und offenherziger, als wir das gewohnt sind. Vielleicht ist das für Französinnen ja normal. Jedenfalls ist sie heute eine Stütze der Wellingtoner Gesellschaft und sehr um Betty besorgt. Nun schau nicht so, Ida, es ist hierzulande nun mal nicht leicht für eine alleinstehende Frau, sich den Lebensunterhalt zu verdienen. Celine blieb wahrscheinlich einfach nichts anderes übrig, als sich zu verkaufen, sie hat das Beste daraus gemacht. Und jetzt wacht sie wie eine Löwin über Bettys Unschuld. Ich glaube, sie sieht ein bisschen eine Tochter in ihr. Deine Schwester hätte es nicht besser treffen können.«
Ida presste ihre Lippen zusammen. Sie durfte sich gar nicht vorstellen, was ihre Mutter dazu gesagt hätte, dass eine ehemalige Prostituierte die Mutterstelle bei Elsbeth vertrat. Von ihrem Vater ganz zu schweigen.
Karl allerdings nutzte jetzt die Gelegenheit, das Thema auf Cats Arbeit für die Brandmanns zu bringen. »Sie haben doch damals für Beit gearbeitet, oder? Chris Fenroy hat von Ihnen erzählt. Es tat ihm immer leid, dass sich keine qualifiziertere Stelle für Sie gefunden hat.«
Cat, die bereits einige Schlucke Whiskey getrunken hatte, stieg das Blut ins Gesicht, als sie den Namen Chris Fenroy hörte. Sie dachte
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