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Die Zeit der Himmelsfeuer (German Edition)

Die Zeit der Himmelsfeuer (German Edition)

Titel: Die Zeit der Himmelsfeuer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: René Menez
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die beiden zogen den Schlitten. Zwei erfahrene, kräftige Männer wagten nicht, es mit ihm aufzunehmen; und das, obwohl er verwundet war. Sie half Leinocka auf. Zu gerne hätte sie gewußt, was Feuerauges Worte bedeuteten, während sie, Leinocka stützend, versuchte verbissen Schritt zu halten.
     
    Als sie gegen Mittag rasteten, gab Maramir Kar ein frisches Stück Weidenrinde zu kauen, das ihre Schmerzen lindern sollte. Sie wusch die Wunden ihrer Schwester mit frischem Urin und legte Birkenrinde auf. Ihr Zustand hatte sich verschlechtert. Ihre Stirn war heiß. Die rotgeränderten Augen schwollen an, und ihr schweißbenetztes Gesicht war beinahe so weiß wie der Schnee. Heute Nacht würde sie Kar im Arm halten, sie wärmen und trösten. Das war alles, was sie für sie tun konnte, denn es war aussichtslos geworden, die Ahnen anzurufen und um Beistand und Heilung zu bitten. Und als sie an die kommende Nacht dachte, fragte sie sich, wohin die Spitzgesichter sie brachten. Mehr als zuvor fürchtete Maramir jetzt die Gegenwart der beiden älteren Spitzgesichter. Ihre grimmigen Gesichter ließen vermuten, was in ihren Köpfen vorging. Hell leuchteten die langen knöchernen Dolche in ihren Hüftriemen. Auch Feuerauge schien ihnen zu mißtrauen. Stets beobachtete er sie aus dem Augenwinkel, wenn er nicht gerade mit ihnen sprach. Die Lage entspannte sich etwas, als er ihnen einen Teil seiner Feindesbeute zum Geschenk machte. Darunter ein schön geschäftetes Messer mit einem Griff aus Geweih, das Maramir ihnen zu gerne aus der Hand gerissen hätte, um ihnen damit zu drohen und sie davor zu warnen, weder ihr noch Leinocka noch einmal zu nahe zu kommen. Sie wünschte sich, ihnen wegnehmen zu können, was rechtmäßig ihr und Kar gehörte, wie dieses Messer von Grauer Wolf. Stattdessen verharrte sie in stiller Wut und vermied es daran zu denken, was noch alles in dem fellenen Sack steckte.
    Ihr fiel auf, daß Feuerauge die Dinge nur ungern aus den Händen gab. Es schien eine Art Tausch zu sein. Er schenkte den beiden Älteren wertvolle Gegenstände und verschaffte sich auf diese Weise Frieden.
    Der junge Mann mit dem helleren Haupthaar gab Maramir hingegen Rätsel auf. Er sprach kaum, seine Stimme schien nicht viel Gewicht zu haben. Seine Blicke waren gierig und doch brachte er den Mädchen Achtung entgegen. Stets hielt er sich in Feuerauges Nähe auf und ließ dabei keine Zweifel offen, zu wem er stand. Irgendwie war er Feuerauge sogar ähnlich. Nicht äußerlich – nein, eher in der Art sich zu bewegen glich er ihm. Seine Konturen waren im allgemeinen weicher, seine Augenwülste und die spitze Form des Gesichtes waren nicht so ausgeprägt wie bei den anderen. Das feine, hellere Haupthaar glich dem hellen Braun seiner Augen ... In diesem Moment fiel ihm auf, wie Maramir ihn musterte. Sofort nahm er eine stolzere Haltung ein. Zögerlich ging er auf die Mädchen zu, kniete neben Kar nieder und betrachtete sie. Verstohlen streifte er daraufhin Maramirs Blick und sagte etwas zu Feuerauge. Seine Worte klangen im Tonfall einer Frage. Nach kurzer Überlegung nickte Feuerauge. Das junge Spitzgesicht lächelte Maramir zu und senkte zuversichtlich seinen Blick auf Kar. Sie mußte ihm einen Namen geben, und so nannte sie ihn einfach Lächelndes Spitzgesicht. - Insgeheim fragte sie sich, ob sie ihm trauen konnte.
    Nach einer kurzen Rast brachen sie wieder auf. Die beiden Mädchen zogen abermals den Schlitten. Das Geräusch der Kufen im Schnee hatte sich verändert, aus einem brüchigen Knirschen war ein gleichmäßiges Schleifen geworden. Der Schlitten sank tiefer in die angetaute, vereiste Schneeschicht. Dieses Mal war es noch schwerer ihn zu ziehen. Es erfüllte Maramir mit Stolz, daß Leinocka mit all ihrer Kraft und starkem Willen versuchte durchzuhalten. - Aber je länger sie den Schlitten zogen, umso bewußter wurde Maramir, daß Leinocka bald, erneut am Ende ihrer Kräfte angelangt, aufgeben mußte. Wiederholt hielt Maramir Ausschau nach Plattnase und Narbengesicht, die sie irgendwann aus den Augen verloren hatte. Sie und der Rest der Gruppe folgten schon eine ganze Weile nur noch ihren Fußstapfen im Schnee. Die führten schließlich geradewegs in ein Dickicht, aus dem Maramir plötzlich Stimmen vernahm. - Sie erschrak, als Narbengesicht in Begleitung eines fremden jungen Mannes auftauchte, dessen schwarzes, lockiges Haar zu einem Strang gebunden über seiner Schulter lag und ihm bis zur Brust reichte. Er grinste hämisch. Seine

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