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Die Zeit der Himmelsfeuer (German Edition)

Die Zeit der Himmelsfeuer (German Edition)

Titel: Die Zeit der Himmelsfeuer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: René Menez
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Augenbrauen waren buschig, der schwarze Bart dicht. Die Gesichtsform eines Spitzgesichtes war bei ihm besonders stark ausgeprägt. Maramir empfand auf Anhieb eine tiefe Abneigung gegen ihn. Augenblicklich trat er herausfordernd an sie heran. Er schien seine Überlegenheit auf diese Weise zeigen zu wollen. Als er ihr jedoch so nahe kam, daß sie sogar seinen Atem riechen konnte, fegten ein paar barsche Worte von Feuerauge das listige Grinsen aus seinem Gesicht. Ernst begegneten sich die Blicke der Männer – nur für einen Moment – dann wandte sich Feuerauge von ihm ab und ging weiter. Maramir sah im Augenwinkel, wie das schwarzgelockte Spitzgesicht Kar mit seiner Keule anstieß, als wollte er in Erfahrung bringen, wieviel Kraft und Mut noch in ihr steckten.
    Weitere Spitzgesichter tauchten aus dem Dickicht auf: Frauen, Männer und vor allem Kinder. Hände grabschten an Maramirs Brust und ihrem Gesäß, zupften an ihrem Gewand und zogen an ihren Haaren. Irgend jemand stieß ihr mit einem harten Gegenstand in die Seite. Hinter ihr vernahm sie das stöhnende Klagen Kars. Doch Maramir zog den Schlitten weiter, erhobenen Hauptes, die Augen nach vorne gerichtet.
    „Die Feuerspeere der mächtigen Himmelswesen sollen euch treffen!“, zischte sie, als es nicht mehr weiterging und sie sich mitten im Lager der Spitzgesichter befand. Unter einem Felsdach saßen einige alte Männer und Frauen, die sie argwöhnisch anstarrten. Einer der Alten warf die Arme hoch und stieß einen Laut oder ein kurzes Wort der Menge entgegen. Augenblicklich wurde es still, nur vereinzelt war noch ein leises Raunen zu hören.
    Der Alte trug sein dunkles, von dicken, grauen Strähnen durchzogenes Haar zurückgebunden. Mund und Kinn verdeckte ein ebenso strähniger, dichter Bart. Mit Augen, die tief und dunkel in ihren Höhlen lagen, sah er Feuerauge grimmig an und begann ihn aufgebracht zu befragen. Feuerauge schmetterte dem Alten mit grollender Stimme einige Worte in der Sprache der Spitzgesichter entgegen. Danach griff er in den Sack, den er über der Schulter getragen hatte, zog das Bündel Kopfhäute heraus, schlug sich mit der Faust gegen die Brust und brüllte etwas in die Runde, als wollte er allen Anwesenden drohen. Ein Zischeln ging durch die Menge. Dann schien er von dem Kampf zu berichten, ganz so, als würde er ihn noch einmal durchleben. Die Keule wirbelte wild durch die Luft. - Mit einem wutschnaubenden Ausruf beendete er seine Erzählung und holte aus dem Fellsack den Kopf seines Gefährten. Unmittelbar darauf brach eine alte Frau in ein markerschütterndes Klagegeheul aus, zwei Jüngere stürmten schreiend herbei. Die Alte nahm den Kopf entgegen, hielt diesen wimmernd empor, fiel auf die Knie und legte ihn dann vor sich in den Schnee. Sie beweinte ihn laut und wild, dabei fuhr sie sich mit den Händen durch ihr Gesicht, als wollte sie es zerkratzen. Die beiden anderen Frauen wälzten sich am Boden und wehklagten jämmerlich. Der Alte richtete sich mit zorniger Stimme erneut an Feuerauge und deutete dabei unmißverständlich auf Maramir, Leinocka und den Schlitten. Feuerauge entgegnete ihm nur ein einziges Wort und legte sich dabei die Hand auf die Brust. Eine seltsame Spannung lag plötzlich wie ein unheilvoller Schatten über der Versammlung. - Da erhob sich eine alte Frau. Sie mußte der älteste Mensch sein, den Maramir jemals gesehen hatte. Das Gesicht der Alten war gezeichnet von tiefen Furchen, jede Bewegung schien ihren kleinen, gekrümmten Körper so anzustrengen, als würde sie im nächsten Moment zusammenbrechen. Ihre faltigen Hände zitterten, und doch war ihr Haar so schwarz wie das einer jungen Frau. Niemand bewegte sich oder wagte gar zu sprechen. Gewiß gebührte der Alten große Achtung im Stamm. Sie stützte sich auf einen Stock und stackste behäbig auf Maramir zu. Sie trug das Haar hochgebunden. Obenauf strahlte ein eingeflochtener weißer Knochen. Ihren schwachen Körper umhüllte ein mit Federn verschiedener Vogelarten bespickter Überwurf, der aus Fellfetzen unterschiedlicher Tiere bestand. Um ihren Hals hing eine Kette aus vielen kleinen Knochen. Lederne Bänder gleicher Machart hingen von ihren Handgelenken herab und klapperten bei jeder Bewegung. Die Augen der alten Frau, schmale Schlitze, funkelten wie die einer Katze. Sie trat näher an die Mädchen heran, und Maramir wurde von solcher Furcht erfaßt, daß sie kaum noch zu atmen wagte. Die Alte war ihr so unheimlich, daß es Maramir fröstelte. Mit

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