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Die Zeit der Verachtung

Die Zeit der Verachtung

Titel: Die Zeit der Verachtung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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morgen früh leihen. Dieser Bart bringt mich wirklich zur Raserei.«
    »Und die Dryaden hatten kein  ... Hmmm  ... Na ja, stimmt, Rasiermesser brauchen sie grundsätzlich nicht. Ich leih’s dir natürlich. Geralt?«
    »Ja?«
    »Ich habe nichts zum Beißen dabei. Ob ein ard táedh, ein großer Barde, bei den Dryaden zu Gast auf ein Abendbrot hoffen darf?«
    »Sie essen kein Abendbrot. Niemals. Und die Wächterinnen an der Grenze des Brokilon essen auch kein Frühstück. Du wirst dich bis zum Mittag gedulden müssen. Ich habe mich schon daran gewöhnt.«
    »Und wenn wir in ihre Hauptstadt kommen, in dieses berühmte, im Herzen der Wildnis verborgene Duén Canell  ...«
    »Dort kommen wir niemals hin, Rittersporn.«
    »Wie das? Ich dachte  ... Immerhin bist du  ... Immerhin haben sie dir Asyl gewährt. Immerhin  ... dulden sie dich.«
    »Das ist das richtige Wort.«
    Sie schwiegen lange.
    »Der Krieg«, sagte der Dichter schließlich. »Krieg, Hass und Verachtung. Überall. In allen Herzen.«
    »Du verklärst es poetisch.«
    »Aber so ist es doch.«
    »Genau so. Also, sag, was du mitbringst. Erzähl, was mit der Welt geschehen ist, während ich hier kuriert wurde.«
    »Zuerst« – Rittersporn räusperte sich leise – »erzähl du mir, was wirklich in Garstang geschehen ist.«
    »Triss hat es dir nicht erzählt?«
    »Hat sie. Aber ich würde gern deine Version hören.«
    »Wenn du die Version von Triss kennst, kennst du eine, die genauer und sicherlich zutreffender als meine ist. Erzähl mir, was später geschehen ist, als ich schon im Brokilon war.«
    »Geralt«, flüsterte Rittersporn. »Ich weiß wirklich nicht, was aus Yennefer und aus Ciri geworden ist  ... Niemand weiß das. Auch Triss nicht  ...«
    Der Hexer bewegte sich abrupt, die Zweige knackten. »Frage ich dich nach Ciri oder nach Yennefer?«, sagte er mit veränderter Stimme. »Erzähl mir vom Krieg.«
    »Du weißt nichts? Es sind keine Nachrichten zu dir gedrungen?«
    »Doch. Aber ich will alles von dir hören. Red, bitte.«
    »Die Nilfgaarder«, begann der Barde nach kurzem Schweigen, »haben Lyrien und Aedirn angegriffen. Ohne Kriegserklärung. Der Anlass war angeblich ein Überfall von Truppen Demawends auf irgendein Grenzfort in Dol Angra, der während der Zusammenkunft der Zauberer auf Thanedd stattfand. Manche sagen, es sei eine Provokation gewesen. Es seien Nilfgaarder gewesen, die als Soldaten Demawends verkleidet waren. Wie es wirklich war, werden wir wohl nie erfahren. Die Antwort Nilfgaards kam jedenfalls blitzartig und massiert: Eine mächtige Armee, die seit Wochen, wenn nicht Monaten in Dol Angra zusammengezogen worden sein musste, überschritt die Grenze. Spalla und Scala, die beiden Grenzfesten in Lyrien, wurden aus der Bewegung heraus genommen, im Laufe von nur drei Tagen. Riva war auf eine mehrmonatige Belagerung vorbereitet, kapitulierte aber nach zwei Tagen unter dem Druck der Zünfte und Kaufleute, denen man versprochen hatte, dass die Stadt, wenn sie die Tore öffne und ein Lösegeld zahle, nicht geplündert werde  ...«
    »Wurde das Versprechen gehalten?«
    »Ja.«
    »Merkwürdig.« Wieder veränderte sich die Stimme des Hexers ein wenig. »Ein gehaltenes Versprechen in diesen Zeiten? Ich rede gar nicht davon, dass es früher überhaupt niemandem in den Sinn gekommen wäre, solch ein Versprechen zu geben, denn niemand hätte es erwartet. Handwerker und Kaufleute öffneten nicht die Tore von Festungen, sondern verteidigten sie, jede Zunft ihre eigene Bastion oder ihren Mauerabschnitt.«
    »Geld hat kein Vaterland, Geralt. Den Kaufleuten ist es egal, unter welcher Regierung sie Geld machen. Und einem Nilfgaarder Burggrafen ist es egal, von wem er Steuern einstreicht. Ein toter Kaufmann macht kein Geld und zahlt keine Steuern.«
    »Sprich weiter.«
    »Nach der Kapitulation Rivas ging die Armee Nilfgaards mit beispiellosem Tempo nach Norden, fast ohne auf Widerstand zu stoßen. Die Heere Demawends und Meves zogen sich zurück, konnten nicht zur Entscheidungsschlacht Front machen. Die Nilfgaarder kamen bis Aldersberg. Um die Blockade der Festung zu verhindern, entschlossen sich Demawend und Meve, die Schlacht anzunehmen. Die Stellung ihrer Armeen war nicht besonders gut  ... Verdammt, wenn hier mehr Licht wäre, würde ich es dir aufzeichnen  ...«
    »Zeichne nichts. Und fass dich kürzer. Wer hat gesiegt?«
     
    »Habt Ihr gehört, Herr?« Einer der Registratoren, außer Atem und verschwitzt, drängte sich durch

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