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Die Zeit der Verachtung

Die Zeit der Verachtung

Titel: Die Zeit der Verachtung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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als wundere sie sich über seine Anwesenheit im Stall. Der Bote schwieg.
    »Ciri«, wiederholte die Frau. »Bist du da eingeschlafen?«
    »Ich komme schon, Frau Yennefer!«
    Als Aplegatt schließlich das Pferd gesattelt hatte und es auf den Hof führte, waren die Frau und das Mädchen schon verschwunden. Ein Hahn fing langgezogen und heiser zu krähen an, der Hund begann zu kläffen, in den Bäumen rief ein Kuckuck. Der Bote sprang in den Sattel. Plötzlich fielen ihm die grünen Augen des Mädchens ein, ihre sonderbaren Worte. Eine stille Gefahr? Graue Federn? Heißer Sand? Das Mädchen war vielleicht nicht ganz bei Verstand, dachte er. Solche sieht man jetzt oft, wahnsinnig gewordene Mädchen, die während des Krieges von Marodeuren oder anderen Dreckskerlen misshandelt worden sind  ... Ja, sie war wohl verrückt. Oder vielleicht nur verschlafen, aus dem Schlaf gerissen, noch nicht richtig wach? Merkwürdig, was für Unsinn die Leute mitunter faseln, wenn sie bei Tagesanbruch immer noch zwischen Schlaf und Wachsein schwanken  ...
    Abermals durchlief ihn ein Schauer, und zwischen den Schulterblättern tauchte ein Schmerz auf. Er rieb sich mit der Hand über den Rücken.
    Sobald er sich auf der Straße nach Maribor befand, stieß er dem Pferd die Ferse in die Weichen und fiel in Galopp. Die Zeit drängte.
     
    In Maribor erholte sich der Bote nicht lange – es verging kein Tag, und wieder pfiff ihm der Wind in den Ohren. Das neue Pferd, ein drosselgrauer Hengst aus einem Mariborer Gestüt, lief scharf, den Hals vorgereckt und mit dem Schweif schlagend. Die Weiden am Straßenrand huschten vorbei. Gegen Aplegatts Brust drückte der Beutel mit der Diplomatenpost. Der Hintern tat ihm weh.
    »He, dass du dir den Hals brichst, Heckenreiter, verdammter!«, brüllte ihm ein Kutscher hinterher, während er das Gespann zügelte, das vom Vorbeihuschen des galoppierenden Grauen erschrocken war. »Guckt nur, wie der losrast, als ob ihm der Tod auf den Fersen ist! Aber mach nur, mach hin, Windbeutel, reitest dem Sensenmann ja doch nicht davon!«
    Aplegatt rieb sich ein Auge, das vom Luftzug zu tränen begonnen hatte.
    Tags zuvor hatte er König Foltest die Briefe übergeben und dann die geheime Botschaft König Demawends aufgesagt.
    »Demawend an Foltest. In Dol Angra ist alles bereit. Die Kostümtruppe wartet auf den Befehl. Voraussichtlicher Zeitpunkt: zweite Julinacht nach Neumond. Die Boote müssen zwei Tage später am anderen Ufer landen.«
    Über der Landstraße flogen laut krächzend Krähenschwärme. Sie flogen nach Osten, in Richtung Mahakam und Dol Angra, in Richtung Vengerberg. Beim Reiten wiederholte der Bote in Gedanken die Worte der geheimen Botschaft, die der König von Temerien durch ihn dem König von Aedirn übermitteln ließ.
    »Foltest an Demawend. Erstens: Halte die Aktion an. Die Schlauberger haben eine Zusammenkunft einberufen, sie wollen sich auf der Insel Thanedd treffen und beraten. Diese Konferenz kann vieles ändern. Zweitens: Die Suche nach dem Löwenjungen kann eingestellt werden. Es hat sich bestätigt: Das Löwenjunge lebt nicht mehr.«
    Aplegatt trieb den Grauen mit der Ferse an. Die Zeit drängte.
     
    Die enge Waldstraße war von Wagen verstopft. Aplegatt zügelte das Pferd, ließ es ruhig zum letzten Fahrzeug in der langen Kolonne trotten. Ihm war sofort klar, dass er an dem Stau nicht vorbeikommen würde. Von Umkehr konnte überhaupt keine Rede sein, der Zeitverlust wäre zu groß gewesen. In das sumpfige Dickicht auszuweichen, um die Blockade zu umgehen, war auch nicht verlockend, zumal es schon dämmerte.
    »Was ist hier passiert?«, fragte er die Kutscher des letzten Wagens in der Kolonne, zwei alte Männer, von denen der eine zu dösen und der andere leblos zu sein schien. »Ein Überfall? Eichhörnchen? So redet doch! Ich habe es eilig.«
    Ehe einer der Alten antworten konnte, ertönten von der im Walde verborgenen Spitze der Kolonne Schreie. Die Kutscher sprangen eilends auf die Wagen, trieben Pferde und Ochsen mit Peitschenhieben und auserlesenen Flüchen voran. Die Kolonne kam träge in Fahrt. Der dösende Greis wachte auf, wackelte mit dem Bart, schnalzte den Maultieren zu und hieb ihnen die Zügel auf die Hintern. Der leblos aussehende Greis erwachte zum Leben, schob die Strohmütze aus den Augen und schaute Aplegatt an.
    »Guckt euch den an«, sagte er. »Eilig hat er’s. He, Söhnchen, du hast Glück. Bist grade rechtzeitig rangaloppiert.«
    »Nu.« Der andere Greis wackelte

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