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Die Zeit, die Zeit (German Edition)

Die Zeit, die Zeit (German Edition)

Titel: Die Zeit, die Zeit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Suter
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-garten.
    »Und wie wollen Sie sie lösen, diese Probleme?«
    »Mit Ihrer Hilfe.«
    Taler schwieg und fragte sich, ob er seine Zusage, Knupp bei seinem grotesken Experiment behilflich zu sein, nicht lieber jetzt gleich zurücknehmen sollte.
    Knupp schien seine Gedanken zu erraten: »Betrachten Sie es doch so: Entweder es hilft Ihnen, Lauras Mörder zu finden. Oder Laura selbst.« Er griff in die Tasche und überreichte Peter das Briefchen mit dem Negativ.

9
     
    Taler ging direkt in Lauras Arbeitszimmer, zündete ihre Zigarette an und schaltete Computer und Scanner ein. Er brauchte eine Weile, bis er sich mit dem Programm und dem Negativadapter zurechtgefunden hatte, aber das Resultat war ein gestochen scharfes Bild von Moped und Fahrer. Er zog es auf den Bildschirm neben das von Laura.
    Kein Zweifel: Es war ein Ciao, das dort vor dem Haus stand. Der Schriftzug auf der Kettenverkleidung war der gleiche, und einen Gepäckträger besaß es auch. Nur war hier keine Sporttasche draufgeklemmt. Das Foto war schwarzweiß, aber nichts sprach dagegen, dass die Farbe des Mopeds schwarz oder dunkelblau sein könnte.
    Das Gesicht des Fahrers war nicht zu sehen. Er hatte zwar das Visier des Helms hochgeklappt, aber das Gesicht war so weit abgewandt, dass in der Helmöffnung nur die Rundung der Wange oder des Backenknochens zu sehen war. Wenn Taler den Ausschnitt auf das Maximum vergrößerte, war in der unteren Hälfte des Gesichtsausschnitts ein dunkler Schatten zu sehen. Es könnte sich um einen Bart handeln. Oder um das Innenpolster.
    Der Helm trug ein Signet oder eine Verzierung. Aber da auf Knupps Foto die linke, auf Lauras aber die rechte Seite des Helms zu sehen war, konnte er nicht sagen, ob es sich um denselben handelte. Am ehesten gab die Jacke des Mannes einen Hinweis. Es war ebenfalls eine Windjacke, und sie schien die gleiche Länge zu haben.
    Der Motorradfahrer stand so, dass er die Türklingeln verdeckte. Möglicherweise las er die Namen auf den Schildern, vielleicht klingelte er auch gerade.
    Und falls er geklingelt hatte? Was war danach passiert? War ihm geöffnet worden? War jemand an die Tür gekommen? War er unverrichteter Dinge wieder gegangen? Und falls ja, hätte man dann nicht sein Gesicht sehen müssen? Und hätte Knupp es nicht fotografiert?
    »Sie helfen mir ein wenig, ich verrate Ihnen ein wenig, Sie helfen mir wieder ein wenig und so weiter.«
    Natürlich. Das Negativ war wie ein Gruß aus der Küche, ein kleiner Appetitanreger.
    Er hängte das Foto an eine E-Mail und adressierte sie an Wachtmeister Marti. Doch dann überlegte er es sich anders. Er musste Marti am Draht haben, ihn über das neue Indiz unterrichten, es ihm schicken und nicht auflegen, bevor der Polizist den Empfang bestätigt und das Bild angesehen hatte. Sonst ging es unter.
    Er adressierte die E-Mail an sich selbst. Am Montag würde er seinen Plan vom Büro aus umsetzen.
    Taler holte die Tapas aus dem Kühlschrank und öffnete die Deckel der Kunststoffbehälter, damit sie schneller Zimmertemperatur annahmen. Er machte eine Flasche Wein auf – sein Bierpensum hatte er schon bei Knupp erreicht –, schenkte ein Glas voll und stellte sich damit ans Fenster des dunklen Wohnzimmers.
    Die Straßenbeleuchtung brannte jetzt, in ihrem weißen Lichthof glitzerten Regenfäden. Bei Knupp war es dunkel, wahrscheinlich hielt er sich in seinem Vermessungszimmer auf. Oder in der Dunkelkammer.
    Das Haus hatte sich verändert, seit er es von innen kannte. Es war, als würde er nicht mehr nur bis an die Fassade sehen, als könnte er hineinschauen. Er wusste jetzt, wie es dort drinnen roch, und konnte die eigenartige Atmosphäre fühlen, die dort herrschte. Ein Raumschiff während der Startvorbereitungen zu einer Reise mit unbekanntem Ziel.
    Taler ging zurück in Lauras Zimmer und räumte auf, wie jedes Mal, wenn er dort etwas verändert hatte. Er stellte die Ordnung wieder her, die sie hinterlassen hatte. Der mit Telefonnummern übersäte Karoblock kam wieder rechtsbündig neben die gelben Klebenotizen zu liegen, die sie nach Prioritäten zu einer senkrechten Bahn exakt ausgerichtet hatte. Er legte die Computermaus zurück auf die linke Seite der Tastatur, trug den weißen Aschenbecher mit dem Signet des Hotels Lutetia in Paris in die Küche, warf die beiden verglühten Zigaretten in den Müll, wusch den Aschenbecher, brachte ihn zurück in Lauras Zimmer und stellte ihn auf seinen Platz in der Mitte des quadratischen Tischs, wo sie ihn von allen

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