Die Zeit, die Zeit (German Edition)
nickte ernst.
»Da wurde zur Tatzeit ein Moped mit laufendem Motor gesehen.«
»Und was sagt die Polizei?«
Taler winkte angewidert ab.
Zeier studierte immer noch die Fotos.
»Jemand hat ihn hereingelassen, so viel ist sicher.«
»Das habe ich auch schon getan. Jemand hat geklingelt und gesagt, er habe was abzugeben für Frau Feldter. Da habe ich aufgedrückt. Mehr als einmal.«
»Ich auch.«
Die Erfassung der Pflanzen wurde bald zur Routine. Immer weniger Versuche wurden erforderlich, bis ihnen übereinstimmende Fotos gelangen, und Peter Taler gewann Übung im Umgang mit der Software.
Knupp wurde milder im Umgang mit seinem Gehilfen. Taler führte es darauf zurück, dass er sich die ganze Zeit in der Harmonie jenes fernen Tages bewegte, als noch alles gut war.
Sie kamen entsprechend schnell voran. Der Inhalt des Dossiers mit den genau dokumentierten und vermessenen Pflanzen war auf über zwanzig Positionen angewachsen. »Es wird langsam Zeit, mit Wertinger zu reden«, sagte Knupp.
Garten Wertinger war eine Großgärtnerei weit außerhalb der Stadt. Taler hatte sich einen Nachmittag freigenommen, um dem Ansturm der Hobbygärtner am Samstag auszuweichen.
Die Fahrt in Talers Citroën führte sie, an den Vororten vorbei über ein Stück Autobahn und durch von Wohnsiedlungen umstellte Dörfer, nach Feldrieden: zwei Selbstpflückanlagen für Erdbeeren und Blumen, eine Werkhalle für Blechverarbeitung, ein Verkaufsareal für Hochsilos, eine Vertretung für Landwirtschaftsfahrzeuge, ein paar alte und viele neue Häuser und ein Schild »Garten Wertinger – Gärtnerei und Baumschule 300 m«.
Taler stellte den Wagen auf dem fast leeren Kundenparkplatz ab. Knupp, der sich auskannte, ging voraus zum Büro, einem hellgrauen Baucontainer.
»Ist der Junior da?«, fragte er die junge Frau am Computer. »Knupp und Taler. Wir sind angemeldet.«
Wertinger junior war ein großer rothaariger Mann um die vierzig. Er begrüßte Knupp wie einen alten Bekannten und führte sie in ein kleines Büro, in dem es nach Stumpen roch. Zwei Schreibtische standen sich gegenüber. Auf dem einen stand ein Laptop, auf dem anderen ein voller Aschenbecher. Auf beiden häuften sich Papiere. Wertinger zog zwei Stühle heran und setzte sich an den Tisch mit dem Laptop.
»Wie schon am Telefon erwähnt: Es handelt sich um ein größeres, etwas spezielles Projekt«, begann Knupp.
Wertinger hörte zu, ohne zu unterbrechen. Auch als Knupp geendet hatte, schien er sich über den seltsamen Auftrag nicht zu wundern. Er blätterte durch die Beschreibungen der Pflanzen, machte sich Notizen und erkundigte sich zum Schluss: »Kann ich das behalten?«
»Wir haben Kopien.« Es war das erste Mal, dass Taler den Mund aufmachte. »Ich werde laufend Beschreibungen per Mail nachliefern.«
»Das eine oder andere finden wir wohl bei uns. Aber das meiste muss ich woanders suchen. Sehr aufwendig.«
Knupp fasste in seine Innentasche und zog ein gelbes Kuvert heraus. Es enthielt fünf Tausender, die er auf den Schreibtisch zählte. »Als Anzahlung. Für Ihren Aufwand.«
Nach der Besprechung machte Wertinger mit ihnen einen Rundgang durch die Baumschule. Sie nahmen die Parade ab von Bäumen, Sträuchern und Büschen in allen Größen und Altersklassen. Der Gärtner verglich die Angaben im Ordner mit den Pflanzen und markierte die eine oder andere, die in Frage kam, mit einem gelben Etikett, auf das er mit wasserfestem Filzstift »Knupp« schrieb.
Gegen Ende der Führung stießen sie auf einen kleinen Liguster, der dem an Knupps Gartentor vor einundzwanzig Jahren zum Verwechseln ähnlich sah. Form und Größe stimmten. Und da er in Talers Wagen passte, wenn Knupp hinten saß und der Beifahrersitz vorgeschoben wurde, nahmen sie ihn gleich mit.
»Die verstehen ihr Handwerk«, sagte Knupp auf dem Rücksitz. »Haben schon die Apfelbäume gemacht.«
»Und woher haben Sie das viele Geld?«
»Die fünftausend?«
»Nein, das, was es noch kosten wird.«
»Habe ich nicht.«
»Und wie wollen Sie es bezahlen?«
»Machen Sie sich darüber keine Sorgen.«
Sie fuhren schweigend weiter, bis Taler feststellte: »Sie ziehen also diese riesige Sache auf, haben aber nicht das Geld, sie zu bezahlen.«
»Wir werden es schon irgendwie auftreiben.«
»Wir?«
»Sie sind mein Gehilfe.«
»Und wenn sich das Geld nicht auftreiben lässt?«
»Dann«, seufzte der alte Mann, »dann war alles für die Katz.«
Die restliche Fahrt über schwiegen sie.
Am nächsten Morgen meldeten
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