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Die Zeit, die Zeit (German Edition)

Die Zeit, die Zeit (German Edition)

Titel: Die Zeit, die Zeit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Suter
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ist.«
    »Weshalb müssen Sie es wissen?«
    »Man hat den Täter noch immer nicht gefunden.«
    »Und Sie glauben, das könnte er sein?« Sie lächelte ein wenig ungläubig.
    »Ich weiß es nicht. Aber es ist eine Spur. Bis jetzt gab es nicht einmal Spuren.«
    »Wie gesagt: Ich habe keine Ahnung, wer das sein könnte.« Sie sah wieder in Richtung Küche. »Bitte entschuldigen Sie mich, ich habe etwas auf dem Herd.«
    »Natürlich. Verzeihen Sie. Schönen Abend.«
    Sie wollte die Tür schon schließen, öffnete sie aber nochmals und fragte: »Woher ist das Foto?«
    »Herr Knupp von gegenüber hat es gemacht.«
    »Warum?«
    »Hobby.«
    Taler brachte die Fotos zurück in seine Wohnung. Die Neuen im Parterre brauchte er nicht zu fragen, aber Zeier, den früheren Nachbarn, der Laura gefunden hatte. Er würde Frau Gelphart nach seiner neuen Adresse fragen.
    Er nahm eine Flasche Wein aus dem kleinen Gestell unter dem Küchenfenster – sein Beitrag zu dem Abendimbiss, den Knupp nun jeweils vorbereitete – und ging hinüber. Das Foto des Hintergartens wartete in der Camera obscura.

13
     
    Es dauerte über zwei Wochen, bis Knupp und Taler alles kartiert hatten. Es handelte sich nicht nur um Knupps Vorder- und Hintergarten. Nach Knupps Theorie musste alles von der Grundstücksgrenze aus Sichtbare im Abstand von zwanzig Metern in den Zustand des Stichtages zurückversetzt werden. Das hieß, die zwanzig Meter des Hintergartens der Villa Latium; links und rechts die beiden Nachbarhäuser, also Gustav-Rautner-Weg siebenunddreißig mit dem verwahrlosten Spielplatz und die totalrenovierte Einundvierzig; schließlich vorne die Teerstraße mit den vier Parkplätzen sowie Zugang und Fassade der Nummer vierzig, wo Taler wohnte.
    »Wie kommen Sie auf zwanzig Meter?«, wollte Taler wissen.
    »Eine Annahme. Bei jeder Versuchsanlage muss man sich auf Annahmen festlegen«, lautete Knupps unbeirrbare Antwort.
    Das seltsame Paar wurde ein vertrauter Anblick in den angrenzenden Nachbargärten, für deren Betreten Taler nach der ersten Erfahrung mit Frau Schalbert jedes Mal die Erlaubnis einholte.
    Die Vermessungsarbeiten waren ihm immer noch lästig, aber er genoss die Stunden in der geheimnisvollen Camera obscura, in denen sie flüsternd die alten Fotos auf den neuen Plan übertrugen.
    Die Rekonstruktion des Gartens der Villa Latium würde technisch keine besonderen Probleme bieten: Die meisten Pflanzen standen noch am selben Ort. Sie durch jüngere zu ersetzen war nur eine Frage des Geldes, und das schien für Knupp kein Problem zu sein.
    Auch die Nummer siebenunddreißig der Scholters mit dem verlotterten Spielplatz verfügte über viele Fixpunkte, die sich in den vergangenen einundzwanzig Jahren nicht verändert hatten.
    Aber das Haus einundvierzig, der aufgedonnerte Wohnsitz der Familie Hadlauber, war dafür ein umso größeres Problem: Außer der Substanz des Hauses war kaum ein Stein auf dem anderen geblieben. Der große, mit Platten ausgelegte Gartensitzplatz, der oberirdische Pool und eine Outdoor-Küche hatten die alten Fixpunkte ersetzt, und die meisten Pflanzen waren ausgetauscht worden. Knupp hatte sich bei der Vermessung nach langem Suchen für zwei Hausecken, einen Mirabellenbaum und die Graniteinfassung des Gartentors entschieden, die die neuen Besitzer aus unerfindlichen Gründen hatten stehen lassen.
    Als Taler den Plan des Hadlauber-Grundstücks fertig hatte und all die Pflanzen sah, die neu gesetzt, und die Umbauten, die rückgängig gemacht werden mussten, wurde ihm wieder einmal die Unmöglichkeit des Vorhabens bewusst. »Und wie wollen Sie dafür die Einwilligung von Hadlauber bekommen?«, fragte er Knupp kopfschüttelnd.
    »Die brauchen wir nicht. Das machen wir in den Herbstferien. Da sind die jedes Jahr in Kanada. Die Eltern der Frau leben dort.«
    »Und danach? Wenn sie zurückkommen?«
    »Egal. Dann ist der elfte Oktober vorbei.«
    »Und wenn es nicht geklappt hat?«
    »Dann ist es mir erst recht egal.«
    Ende Juni konnten sie endlich mit der Einmessung der Pflanzen beginnen. Knupp hatte sich für sein altes Objektiv eine digitale Leica angeschafft, und Taler hatte Lauras Computer herübergebracht und im Vermessungszimmer aufgestellt.
    An einem frühsommerlichen Wochenende begannen sie mit der Arbeit. Knupp hatte aus der großen Sammlung der Fotos vom elften Oktober eine Auswahl getroffen. Sie zeigte die Eibe in der Nähe des Hauseingangs, die immer schon früh im Schatten des Hauses lag.
    Es ging darum, den

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