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Die Zeit ist nahe: Kommissar Kilians dritter Fall

Die Zeit ist nahe: Kommissar Kilians dritter Fall

Titel: Die Zeit ist nahe: Kommissar Kilians dritter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roman Rausch
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nahm seinen Kollegen zur Seite. Tuscheln, Kopfschütteln, Beratschlagen, stiller Protest. Ein ums andere Mal. Mayfarth weigerte sich. Der Bischof befahl.
    Schließlich trat er mit ernster Miene an den Tisch zurück.
    »Gibt es einen sicheren Ort, ich meine, einen wirklich sicheren Ort, an dem diese Rollen fachkundig aufbewahrt werden können?«
    »Ja«, antwortete der Denkmalpfleger ahnungslos. »Hier in unserer Asservatenkammer. Sie ist zur Aufbewahrung derartiger Gegenstände konzipiert. Aber jetzt sagen Sie doch, was auf dem Papyrus geschrieben steht.«
    »Das fällt nicht mehr in Ihren Zuständigkeitsbereich. Das ist ab jetzt alleinige Angelegenheit der Kirche.«
    »Aber …«
    »Kein Aber. Ich möchte, dass Sie mir versichern, dass wir die Rollen bei Ihnen sicher lagern können, bis sie von einem Spezialisten entgegengenommen werden. Und zwar im Namen und im Auftrag der Kirche. Ich werde noch heute Rom verständigen.«
    »Also doch! Die Sache ist heiß. Wusst ich’s doch.«
    »Halten Sie endlich mal die Klappe und geben Sie dem Bischof eine Antwort auf seine Frage!«, fuhr Mayfarth ihn an.
    Plötzlich wurde das Fenster ganz aufgerissen, gefolgt vom Blitzlichtgewitter der Kameras. Das Titelbild der morgigen Ausgabe würde die erstaunten Anwesenden mit einem uralten Papyrus zeigen, der aus einem goldenen Zylinder mit Siegelabdruck des Römischen Reiches vor 2000 Jahren stammte.
    »So ein verdammter Mist!«, fluchte Mayfarth.
    Ich konnte es nicht fassen, was ich soeben im Begriff war zu tun.
    Mit einer Zeichnung der Örtlichkeiten in der einen und mit einem Zahlencode in der anderen Hand duckte ich mich in das Dunkel eines Seitenflügels der Residenz und achtete darauf, dass niemand auf mich aufmerksam wurde. Nach wenigen vorsichtigen Schritten hatte ich die Tür erreicht. Ich nahm den Schlüssel, den Nikola mir gegeben hatte, führte ihn ins Schloss und stand eine Sekunde später im Gang, der mich geradewegs zu den Räumen des Landesamtes für Denkmalpflege führen sollte.
    Wie um alles in der Welt war Nikola nur in den Besitz des Schlüssels und weiterer Informationen gekommen, die mir den ersten Einbruch seit meinem Eintritt in den Polizeidienst ermöglichen sollten? Nikola hatte sich darüber ausgeschwiegen und schmunzelnd auf das Beichtgeheimnis verwiesen. Natürlich war das eine Lüge, und ich fragte ihn, wieso er mich als Handlanger seiner überraschend düsteren Geschäfte benutzte. Auch darüber vermied er jedes klärende Wort. Lediglich der Hinweis, dass die Sache von entscheidender Bedeutung, ja internationaler Tragweite sei und nur ich, der Ungläubige, sie ausführen könne, musste mir genügen. Das machte die Straftat, die ich soeben beging, für mich nicht unbedingt leichter, stehen doch auf Einbruch und schweren Diebstahl mehrere Jahre Haft.
    »Kommissar Kilian des Einbruchs überführt«, wäre das nicht eine passende Schlagzeile gewesen, die meine Mutter postwendend ins Grab geschickt hätte? Ich mochte es mir nicht ausmalen. Stattdessen hallte Nikolas Versprechen in meinen Ohren:
    »Als Gegenleistung bringe ich dich nach Rom.« Seitdem hörte ich wie ein verträumter Teenager in meinem Kopf bereits die Glocken von Santa Maria in Trastevere läuten, sah, wie sich die Menschen an der Piazza Trilussa vergnügten und ich im Caffè Settimiana einen Lavazza und einen Carlos genoss.
    Wenn ich diesen Job erledigt hätte, stünde dem allem nichts mehr im Weg. Nur dieses eine Mal. Der Preis war die Mühen wert. Wer anderes als der vertrauenswürdige und über alle Zweifel erhabene Pater Nikola hätte mir das sonst ermöglichen können?
    Also Augen auf und durch. Nach dieser Tür kam noch eine, dann eine weitere, dazwischen Büroräume, Arbeitszimmer und Materialkammern, und schließlich stand ich vor der alles entscheidenden Tür. Hier half kein Schlüssel mehr, hier war ein digitaler Riegel vorgeschoben.
    Natürlich ließ ich die Stoffhandschuhe an, so einfach würde ich es meinen Ex-Kollegen nicht machen, tippte die Zahl vom Zettel auf das Eingabefeld, und ein schnödes Piep verkündete, dass ich Zutritt zur Schatztruhe der bayerischen Denkmalpflege bekommen hatte. Kein Licht! Die Taschenlampe musste genügen, und ich machte mich auf die Suche nach dem Objekt meiner Befreiung.
    Nikola hatte mir den Zylinder genau beschrieben. Er sei etwa siebzig Zentimeter lang, zehn Zentimeter breit und aus schierem Gold. Darauf befände sich ein Siegel, das mich nicht weiter interessieren sollte, darin, der

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