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Die Zeit ist nahe: Kommissar Kilians dritter Fall

Die Zeit ist nahe: Kommissar Kilians dritter Fall

Titel: Die Zeit ist nahe: Kommissar Kilians dritter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roman Rausch
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wahre Religionsstifter und Kirchengründer. Und die vier Apostel mussten den wirren Interpretationen des frühen Christentums ein einheitliches Gesetz an die Hand geben. Diesem Neuen Testament, wenn man es historisch genau nimmt, gehen gut achtzig Prozent der Wahrheit verloren. Der Rest besteht aus dürftigen Worten und Taten Jesu, die aber kaum zum Aufbau oder dem Erhalt einer ernst zu nehmenden Religion dienen können.
    Das Schlimme an der ganzen Sache ist, dass jeder Priester das weiß und wider besseres Wissen weitermacht. Es geht um pure Macht, und das Pfund, mit dem sie wuchern, ist Angst.«
    »Angst wovor?«
    »Vor der Sinnlosigkeit des Lebens und davor, dass es dunkel bleiben wird, wenn wir die Augen für immer schließen.«
    »Also kein Leben nach dem Tod?«
    »Wo denkst du hin? Natürlich nicht. So wie die Sonne eines Tages erlischt, wird auch unsere Uhr ablaufen. Dann verschwinden wir in der Bedeutungslosigkeit des Raumes.«
    »Das sind keine guten Aussichten.«
    »Hast du je an was anderes geglaubt?«
    »Früher schon. Wobei, auch wenn ich nicht an ein Leben danach glaube, so bleibt ein Rest verzweifelter Hoffnung doch im Hinterkopf hängen.«
    »Dann solltest du diesen letzten Funken Hoffnung schnellstens beseitigen. Am besten mit einem ordentlichen Schluck von dem Stoff hier. Cheers! Du solltest lieber jede Sekunde deines erbärmlichen Lebens genießen. Alles, was danach kommt, ist Fäulnis und ewige Finsternis und Stille.«
    »Und die Seele?«
    »Eine Täuschung, so wie das Betriebssystem bei einem Computer. Es gaukelt dir vor, du seiest bewusst, real, tatsächlich. Stattdessen ist es nur ein Programm, ein Zustand. Nichts Reales. Die Seele ist nur eine Datei. Sonst nichts. Sie gibt dir allerdings die Illusion, dass du wirklich bist, dass da noch was ist, das irgendwo herkommt und dorthin zurückstrebt. Glaub mir, all das ist Illusion.«
    »Es gibt doch diese Todesnaherfahrungen von Menschen, die klinisch tot waren und zurückgekommen sind.
    Sie berichteten über alle Grenzen und Kulturen hinweg von einem Tunnel und von Menschen, die sie kannten. Verwandte Seelen eben.«
    »Ein vorprogrammiertes Gespinst deines Hirns, das dich auf den Tod vorbereiten soll. Das ist alles. Vielleicht auch eine Rückprojektion an den Zeitpunkt der Geburt, wie du aus dem Dunkel der Gebärmutter hinein in die grelle Welt gedrückt worden bist.«
    Das war’s also. Die Religion war nach Lorcans Meinung nichts weiter als eine Lüge, die uns vor dem Wahnsinn schützen soll. Nach einer Flasche Black Bush war das eindeutig zu hoch für mich. Ich schloss die Augen und ergab mich in einen traumlosen Schlaf.
    Ich erwachte erst, als Lorcan den Laster vor einem Pub parkte. Die Sonne quälte sich hinter den Giebeln dieser verschlafenen kleinen Stadt hervor und warf die ersten unschuldigen Strahlen auf die grauen Mauern eines Klosters.
    »Morgen, Kilian«, begrüßte er mich, »hast du den Weg zurück auf diesen Planeten gefunden?«
    »O Mann, ja«, stöhnte ich. Mein Schädel und mein Rücken waren ein einziger Schmerz.
    »Keils, da wären wir. Bitte aussteigen.«
    Lorcan ging frohgemut voran. Wo hatte dieser Mensch nur die Kondition her?, fragte ich mich.
    Ich kletterte aus der Führerkabine und machte mich lang. Meine Wirbel knackten einer nach dem anderen und fanden erstaunlicherweise in ihre alte Position zurück. Die Straße war menschenleer und führte geradewegs hinauf zum Kloster Keils. Das ganze Nest schien wie ausgestorben. Entweder lebte in dieser Stadt niemand, oder sie lagen alle im Suff der letzten Nacht begraben.
    Lorcan hämmerte unterdessen mit der Faust gegen den Fensterladen des Pubs, bis endlich ein verschlafenes Gesicht öffnete.
    »Lucy, mach nich so ’nen Krach, ich bin gleich unten!«, rief jemand herunter.
    »Ich muss los«, sagte ich.
    Er schüttelte mir die Hand und zog mich mit der anderen an sich heran. »Ja, Mann, hat Spaß gemacht. Ich hoffe, du kriegst deinen Mörder. Erst recht, wenn’s ein Priester ist. Ich drück dir die Daumen.«
    »Ich werde mir Mühe geben. Also, besten Dank für deine Hilfe.«
    »Kein Problem.«
    »Wieso nennt man dich eigentlich Lucy?«, fragte ich.
    »Weil sein richtiger Name Lucifer ist!«, grölte der Alte aus dem Pub, ein leeres Fass vor sich hertreibend. »Stimmt doch, du alter Teufel!«
    Lucy lächelte verschmitzt. Dann tauschte er das leere Fass mit einem neuen. »Von meinem Blute sollt ihr trinken …«
    Der Drahtesel war nicht gerade der letzte Schrei, aber er war

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