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Die Zeit-Moleküle

Die Zeit-Moleküle

Titel: Die Zeit-Moleküle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D.G. Compton
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Schirme, keine Stühle, keine Uhren, keine gestickten Pantoffeln. Ich habe meine Anweisungen. Wenn er Geräte aus den Werkstätten braucht, hat er Pech gehabt. Sag ihm, er soll seine verdammte chronomische Harmonie an dem Strandgut in der Bucht ausprobieren.«
    »Du bist gemein. Er hat mich hierhergeschickt, aber wegen einer Rolle chronomischen Filtermaterials.« Das andere hatte noch Zeit. Daniel war fünfunddreißig und liebte noch Ausdrücke der Twen-Generation. »Also hab dich nicht so.«
    Er nahm seine Füße vom Tisch und füllte bedächtig eine Ausgabeliste aus. Er war ein gutaussehender Mann. Obgleich er in einer leitenden Position war, vermied er das Image des Managers und hatte sich einen Bart stehen lassen. Er trug ein schickes Schulterholster für die Brieftasche, das Taschentuch und die Schreibstifte, und seine Haut war raffiniert tätowiert. Sie mochte Männer, die sich pflegten, gut entwickelte Brustmuskeln besaßen und sie vorteilhaft zur Geltung brachten.
    »Eine Rolle Filtermaterial.« Er setzte seine Unterschrift unter die Liste. »Ich werde einen der Männer das Zeug aus dem Lager holen lassen.«
    »Das hat noch Zeit.« Sie zog ihren weißen Kittel aus und hängte ihn an den Haken der Tür. Dann setzte sie sich auf den Schreibtischrand. »Die Leute haben Teepause. Außerdem ist es ein herrlicher Morgen. Ich dachte, wir könnten ein bißchen Spaß …«
    »Sag mal, Liza«, unterbrach er sie und schraubte umständlich die Kappe auf seinen Füllhalter, »sag mal, warum hat es denn der Professor so sehr mit den Artefakten? Tut mir leid, wenn ich dir stur vorkomme; aber ich sehe nicht ein, warum er nicht etwas anderes als Versuchskaninchen verwendet. Zumindest so lange, bis er sicher ist, daß er das Inventar nicht sofort wieder abschreiben muß.«
    Liza lehnte sich vor und glättete das bereits glatte Haar auf Daniels Brust. In einem anderen Jahrzehnt hätte sie eine bereits glatte Krawatte glattgezogen.
    »Er macht sich solche Sorgen, Daniel. Es besteht immer die Gefahr, daß er über das Ziel hinausschießt. Den genauen Zeitpunkt des Wiedereintritts einzustellen, ist sehr schwer. Wir haben dabei schon Gegenstände für immer verloren. Vielleicht können sie jede Minute wieder im Labor auftauchen, vielleicht aber auch erst, wenn wir alle längst tot und zu Staub zerfallen sind. Und der Professor will vermeiden, daß die Zukunft mit Treibgut von unserem Stand beglückt wird. Das wäre unhöflich. Siehst du das nicht ein?«
    Sie ging zum Wasserkühler, obwohl sie keinen Durst hatte. Ohne Kleider war es sehr schwer, Reize richtig zur Geltung zu bringen.
    »Wenn er alle Rechnungen bezahlen müßte«, erwiderte Daniel grollend, »würde er vielleicht das Ganze unter einem anderen Aspekt sehen. Ich muß schließlich für meine Bilanz geradestehen. Und ›Höflichkeit‹ als Rechtfertigung auf dem Ausgabezettel genügt leider nicht.«
    »Und noch etwas kommt dazu, Daniel. Die Zukunft wird uns an den Dingen messen, die wir ihr schicken. Diese Dinge sind Botschafter unserer Lebensweise.«
    »Dann müßten wir Scheiße in die Zukunft schicken, wenn wir nicht Heuchler sein wollen. Wir sollten Gase, Gifte, Müll und Scheiße schicken!«
    Sie trank das Wasser aus, obwohl sie gar nicht trinken wollte, und warf den Becher in den Müllschlucker. Offenbar trieben sie immer weiter von dem Ziel ihrer Wünsche ab.
    »Du solltest dich lieber etwas abregen, Dan. Jede Gesellschaft hat ihre zwei Seiten, auch unsere. An so einem Vormittag sollte man sich des Lebens freuen. In den nächsten zwanzig Minuten hast du Pause. Es täte uns beiden gut, wenn wir ein bißchen Sex treiben würden.«
    »Mag sein …« Er streckte sich und besann sich dann doch anders. »Mir wäre es lieber, wenn wir noch ein bißchen reden.«
    »Worüber?«
    Über Sex sprach man selten. Die Gewohnheit hatte dieses Thema seiner Wirksamkeit beraubt. Seltsamerweise brauchten die Nervenenden viel länger als die geistigen Zellkerne, bis sie abgestumpft waren. Sie kauerte sich auf die Lehne von Daniels Drehstuhl.
    »Worüber möchtest du reden?«
    »Worüber reden wir alle hier im Dorf wohl? Wir, die Uneingeweihten, die nicht wissen, was wirklich in eurem Labor vorgeht?«
    »Liest du denn nicht die Rechenschaftsberichte des Professors?«
    »Tu mir einen Gefallen. Verkaufe mich bitte nicht für dumm. Der Professor war jahrelang von der Regierung angestellt. Wenn er dort nicht gelernt hat, zehn Seiten einer Regierungserklärung mit nichtssagenden Phrasen zu

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