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Die Zeit-Moleküle

Die Zeit-Moleküle

Titel: Die Zeit-Moleküle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D.G. Compton
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konnten, wenn er sie als Frau sah, waren nicht sehr angenehm. »Ich wundere mich, warum er überhaupt gekommen ist. Vielleicht wollte er etwas von mir.«
    »Wenn das der Fall ist, warum hat er es Ihnen nicht gesagt?«
    »Wie wahr, Liza, und wie treffend.«
    Nachdem er dieses Problem erfolgreich beseitigt hatte, kehrte er in seine alten Gedankenbahnen zurück.
    »Gehen Sie hinüber in die Werkstätten, mein Kind. Holen Sie noch einen von diesen Stühlen. Sagen Sie Daniel, wir brauchen eine Sitzunterlage – . Er ist sehr geizig mit dem Inventar. Und bringen Sie auch eine Rolle von dem chronomischen Filtermaterial mit. Ich glaube, ich habe eine brauchbare Möglichkeit gefunden, wie man den Wiedereintrittsschock verringern kann. Unterwegs können Sie sich auch überlegen, ob wir Groß-C nicht einen neuen Wert geben können. Vielleicht können wir ihn aus den chronomischen Widerstandskoeffizienten ableiten. Ich habe schon ein paar neue Gleichungen dafür entworfen.«
    Er starrte sie an. Seine Aufmerksamkeit galt jetzt nicht mehr der anatomischen Wirklichkeit. Er sah ein T als Nase, zwei B’s als Ohren, ein Minuszeichen als Mund, Pluszeichen als Augen. Sie wandte sich wieder dem Ausgang zu und stapfte mit ihren etwas strammen Beinen die Straße hinunter. Wenn die Frau des Professors wüßte, zu welch traurigen gymnastischen Übungen ihr Rat manchmal führte, besser auf seine Umgebung zu achten, würde sie bestimmt den Mund halten.
    Liza diente dem Professor so widerspruchslos aus dem unausgesprochenen Grund, daß sie genauso brillant war wie er. Deshalb war ihr Dienst eigentlich nur Rücksicht und Respekt zwischen Gleichrangigen. Es gab auch keinen anderen Weg, um von dem Professor das zu lernen, was er ihr beibringen konnte. Sie ging rasch an der Post vorbei und in eine kleine Gasse hinein, die von Mauern gesäumt war. Fuchsien streiften ihre Wangen. Neue Werte für Groß-C glitten ebenfalls vorbei, drängten sich gewaltsam in ihr Bewußtsein und wurden wieder verdrängt. Ihre Gedanken strebten in andere Richtungen. Sie suchte den Seiteneingang zu den Werkstätten, um David Silberstein nicht begegnen zu müssen. Er war ein Pedant und würde sie fragen, ob sie schon Professor Krawschensky wegen des Experiments gesprochen hatte. Sie hatte nicht und hatte es auch nicht vor.
    Es war zehn Uhr dreißig, und in den Werkstätten hatten die Leute von der Gewerkschaft ihre Teepause. Der Motor für das Ersatz-Rettungsboot stand auf dem Bock der Reparaturabteilung. Ein paar Relais vom Labor waren ebenfalls zur Reparatur vorgemerkt und die Kaffeemühle von irgendeinem Mitglied der Dorfgemeinschaft. Hinter der Maschinenschlosserei standen die gehobelten und furnierten Platten für die neuen Pulte der Dorfschule. Das war die Schreinerei. Liza fand den Aufseher der Werkstätten in seinem Büro. Er hatte die Füße auf seinen Schreibtisch gelegt und entspannte sich. Sie war genau im richtigen Moment gekommen. Sie mochte Daniel. Sie hatten schon ein paarmal miteinander Sex getrieben, und obwohl es nichts Besonderes gewesen war (war denn wirklich etwas Besonderes dran?), hatte es ihnen doch Spaß gemacht. Sie würde hier alle Komplikationen loswerden, die bei dem linkischen Gespräch mit David Silberstein entstanden waren.
    Sie erinnerte sich daran, daß Daniel nach dem Sex immer schläfrig wurde. In jenem Zustand würde er ihr alle Stühle für Professor Krawschensky überlassen, die sie von ihm forderte.
    »Daniel! Wie geht es dir? Ermüdet von der vielen Arbeit?«
    Er zuckte zusammen, und die Papiere, die er auf die Schenkel gelegt hatte, flatterten zu Boden.
    »Verdammt noch mal, Liza, kannst du denn nicht anklopfen?«
    »Du hast geschlafen.«
    »Das ist nicht wahr.«
    »Wenn ich jetzt der Gründer gewesen wäre?«
    »Dann hätte ich dich bereits gehört, wenn du noch eine halbe Meile entfernt gewesen wärest. Jede Arbeit – jede echte Arbeit – kommt zum Stillstand, wenn der Gründer im Dorf ist. Dann spielt die Dorfkapelle, die Raketen steigen in den Himmel, es gibt Turnübungen auf der Wiese und Inspektionstouren durch die Abteilungen.«
    Er versuchte, die Papiere vom Boden aufzusammeln, ohne die Füße vom Tisch zu nehmen. Liza trat näher und kitzelte ihn am leimbekleckerten Spann.
    »Hast du schlechte Laune, Dan?«
    »Damit du es gleich weißt, Liza« – er bewegte ungeduldig die Zehen –, »wenn Krawschensky dich hierhergeschickt hat, ist die Antwort ›nein‹.«
    »Was nein.«
    »Leider nein. Keine Kaffeekannen, keine

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