Die Zeit-Verschwoerung 3 Navigator - Roman
hier.« Torquemada war inzwischen der Großinquisitor für ganz Spanien. »Trotz Bruder Torquemadas berühmter Effizienz haben die Gerichte noch mehr als nur eine Handvoll Fälle zu bearbeiten. Aber wir kommen voran.«
Bei dieser kaltschnäuzigen Zusammenfassung drehte sich James das Herz im Leibe herum. Seit seinem letzten Besuch in Spanien hatte er mehr über Ferron herausgefunden, der, wie sich herausstellte, selbst aus einer Converso-Familie stammte – und Graces Adern waren ja wahrscheinlich durch sarazenisches Blut verunreinigt. Waren sie deshalb so begeistert von den schrecklichen Säuberungen der Inquisition? Denn so heftig sie auch schrubbten, aus ihrem eigenen Körper konnten sie die Unreinheiten nun einmal nicht entfernen.
»Einstweilen haben wir jedoch geschäftliche Angelegenheiten zu besprechen, Mylady«, fuhr Ferron fort. »Ich habe Euch ja gesagt, die Inquisition hat überall Augen und Ohren. Wir sind fast so allgegenwärtig wie Gott selbst, sagen unsere Bewunderer – und unsere Feinde. Ich glaube, wir könnten unseren Täuberich
gefunden haben . Kommt, wir müssen uns unterhalten.« Er bot ihr seinen Arm an, und sie gingen davon, ohne sich zu vergewissern, ob James und Abdul ihnen folgten.
XIII
Frater Ferron geleitete sie zum Palast des maurischen Statthalters von Ronda, dem Mondragon, den man Amtsträgern der Inquisition übergeben hatte. Der Palast lag nur ein kurzes Stück weiter vorn an der Straße, die auf der Bergkuppe entlangführte. Sie gingen durch lichterfüllte Räume zu einem Hof, der von einem Säulengang umgeben war, und dann durch einen Hufeisenbogen in einen kleinen Garten mit Ausblick auf die Klippe und die Schwemmebene unten.
Abdul, der Mudéjar, brachte ihnen ein Tablett mit Tee.
Grace warf Abdul einen Blick zu. »Seid Ihr sicher, dass wir vor ihm gefahrlos über diese Dinge reden können?«
»Vor dem Mudéjar? Natürlich. Er ist ein Gesandter in einer eroberten maurischen Stadt, und er kommt aus einer anderen, die ebenfalls bald in unserer Hand sein wird. Welchen Schaden kann er schon anrichten? Wir werden offen miteinander sprechen und vergessen, dass er überhaupt existiert.«
Grace beugte sich wissbegierig vor. »Dann erzählt mir von diesem Täuberich.«
»Ich habe ein Netz nach solchen wie ihm ausgeworfen«,
sagte Ferron, »und wie es scheint, haben wir einen vielversprechenden Fisch gefangen. Wir – das heißt, die Inquisition – sind auf ihn aufmerksam geworden, weil er die Absicht hat, nach Córdoba zu reisen, zum Hof der Monarchen, wo er seine Pläne vorstellen möchte.«
»Was für Pläne?«
Ferron lächelte. »Aufs Ozeanmeer hinauszusegeln. Nach Westen zu fahren, wenn er kann.«
»Dann gibt es also solch einen Mann«, hauchte Grace.
»O ja. Er kommt aus Genua, dieser Mann, und ist der Sohn eines Tuchmachers. Er ist jetzt vierunddreißig Jahre alt. Offenbar hat er eine Schule der Tuchmachergilde besucht. Aber sein Bildungsstand ist erbärmlich«, sagte er geringschätzig. »Er war ein ruheloser Geist, wie so viele dieser Italiener. Er ist fortgelaufen und zur See gefahren; seit seiner Jugend hat er auf Schiffen gedient. Er ist nach Chios in der Ägäis und bis nach Island im Ozeanmeer gefahren, hat Irland, England und Flandern besucht und ist an der afrikanischen Küste entlanggesegelt. Er ist ein hervorragender Navigator, Kartograf und Schiffskapitän geworden, wie es scheint. Sein Geld hat er, wie üblich bei Männern seines Schlages, mit kleinen Handelsgeschäften gemacht.
Aber dann hat sich das Blatt für unseren armen Täuberich gewendet: Er heiratete in eine reiche, adlige portugiesische Familie namens Perestrelo ein. Und da wurde der Traum geboren. Sein Schwiegervater, der
noch vor der Vermählung des Täuberichs mit seiner Tochter gestorben war, hatte nämlich während der Besiedlung Madeiras unter Heinrich dem Seefahrer als Kapitän gedient. Die Perestrelos erhielten etwas Land auf der bei Madeira liegenden Insel Porto Santo. Hier hat sich unser Täuberich mit seiner Gemahlin niedergelassen und begonnen, sich mit den Karten und Reiseberichten seines toten Schwiegervaters zu beschäftigen. So hat er aus erster Hand erfahren, wie man es anstellt, dass ein neues Land für seinen Entdecker und den Staat, der ihn finanziert, Gewinn abwirft.
Und sein Blick wurde nach Westen gelenkt. Wie ich gehört habe, ist Porto Santo ein Hafen für all jene, die mit ihren kleinen Schiffen in die Grenzregionen des Ozeanmeeres hinausfahren, für Entdecker, die
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