Die Zeit-Verschwoerung 3 Navigator - Roman
umfassenderen wissenschaftlichen Kenntnisse der Mauren nutzen, um den Kodex zu verstehen und die Waffen zu entwickeln. Und dann wollte er sie offenbar gegen seine maurischen Gastgeber richten.
Während er an diesen Plänen arbeitete und dabei die Vergangenheit erforschte, stieß er auf die zweite der drei Prophezeiungen – eine Art Skizze der Zukunft, hinterlassen von einem Zauberer namens al-Hafredi. Davon später mehr.
Und dann erschienen Robert und sein Vater, Orm, auf der Bildfläche. Dieser Orm hatte eine eigene Vision – die dritte Prophezeiung, das ›Testament der Eadgyth‹, wie er sie nannte.« Und er erzählte noch einmal Eadgyths Sage vom Täuberich, der nach Westen geschickt werden musste.
»Also eine ganze Menge Prophezeiungen«, sagte Saladin verwirrt.
»Orm glaubte, sein ›Testament der Eadgyth‹ sei eine Warnung vor dem Einsatz von Gottes Maschinen. Deshalb reiste er mit dem Testament und seinem Sohn besorgt in das ferne Land, wo Sihtric seine Waffen entwickelte.«
»Und inmitten von all dem«, sagte Joan trocken, »fand unser Ahnherr Robert Zeit, sich zu verlieben und seinen Samen in die Lenden eines maurischen Mädchens namens Moraima zu pflanzen.«
Saladin war gegen seinen Willen fasziniert. »Und was ist aus ihnen geworden?«
»Wie zu erwarten, ging alles schief«, sagte Thomas und seufzte über die Dummheit der vor so langer Zeit Verstorbenen. »Ein Feuer brach aus, wahrscheinlich infolge eines Kampfes. Orm und Sihtric kamen beide ums Leben. Die Prophezeiungen und Pläne waren verloren, so glaubte man jedenfalls …«
Robert kam heim, offenbar zutiefst angewidert davon, was er im maurischen Spanien erlebt hatte. Er wurde ein Krieger Gottes, der begierig das Kreuz nahm, als der Papst den Ersten Kreuzzug ausrief.
»Aber er hat seine seltsamen Erlebnisse nie vergessen«, sagte Thomas, »die Geschichte der magischen Maschinen, die Prophezeiung seines Vaters und al-Hafredis Zukunftsvision. Am Ende erzählte er seinem ältesten Sohn die ganze Geschichte; vielleicht war er von einem Schuldgefühl getrieben oder hätte es als Verrat an seinem Vater empfunden, das alles einfach aufzugeben. Und zum Glück für die Historie und das Vermögen eurer Familie hatte dieser Sohn ein positiveres Verhältnis zu Büchern als sein Vater und schrieb alles für uns nieder.
Wie sich herausstellte, war nicht der gesamte Kodex verloren gegangen. Bei jenem letzten Kampf war ein Fetzen davon abgerissen und in Roberts Besitz gelangt. Darauf standen seltsame Wörter …« Thomas stöberte in Schriftrollen auf einem Tisch vor ihm nach seinem Exemplar des Fragments. »Ah, da haben wir’s.«
BMQVK XESEF EBZKM BMHSM BGNSD DYEED OSMEM HPTVZ HESZS ZHVH
»In der Nähe standen noch weitere Buchstaben, die in dem Fragment erhalten geblieben waren, aber sie sind durchgerissen. AD vielleicht, ein V und ein M – mehr war nicht zu erkennen.«
Saladin las das noch einmal. »Die Sprache, in der das geschrieben ist, habe ich noch nie gesehen.«
»Lesen ist ohnehin nicht deine Stärke, mein Sohn«, spöttelte Joan.
»Es ist tatsächlich keine bekannte Sprache«, bestätigte Thomas. »Ich glaube, es ist eine Geheimschrift – ein Code, wie ihn Caesar vielleicht früher einmal benutzt hat. Möglicherweise gibt es einen Schlüssel, der jedoch verloren gegangen ist. Jedenfalls wurde dieser Text dank der Niederschrift des jungen Bücherwurms bewahrt.«
»Also«, sagte Joan, »jetzt kommt das Wichtigste für uns, Saladin. Eine weitere der drei Prophezeiungen, al-Hafredis Testament, fiel Robert zufällig ebenfalls in die Hände.«
»Es war auf ein Stück Menschenhaut geschrieben«, sagte Thomas mit einem gewissen morbiden Vergnügen.
»Und dieser al-Hafredi ist unser Familienorakel geworden.«
»Ein Orakel?«
»Ich meine das wörtlich, Saladin. Einer von Roberts Enkeln hat das Material dem Orden von Bruder Thomas gegeben, damit man es dort studieren und für uns deuten konnte, und das haben sie seither getan.«
»Al-Hafredi hat von künftigen Ereignissen erzählt –
sehr allgemein, aber nichtsdestotrotz verlässlich«, sagte Thomas. »Insbesondere hat er vom Vormarsch der Mongolen gesprochen, der auf die islamische Eroberung Europas folgte. Er hat ihn Schritt für Schritt geschildert.«
Saladin versuchte, daraus schlau zu werden. In seinem Gesicht arbeitete es. »Die Muslime haben Europa doch gar nicht erobert.«
»Stimmt, aber wir können davon ausgehen, dass der Vormarsch der Mongolen so vonstatten gegangen
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