Die Zeitbestie
Im Schimmer der Verschiebung tauchte der Reisende Aron neben Goron und Vetross auf. Aber irgendetwas passte nicht, da sein Auftauchen den beiden anderen keinerlei Reaktion entlockte. Aron hob den Raketenwerfer an die Schulter, und die Waffe spuckte eine Rakete auf Cowl, als das Wesen aus der Inkursion hervortrat. Die Rakete streifte den Rand von Arons noch laufendem Verschiebungsfeld, das eine kugelförmige Umgrenzung projizierte. Aron senkte den Werfer und verschwand – zurück zum Ausgangspunkt verschoben. Die Szene hatte sich überhaupt nicht verändert: Cowl tötete Vetross, hetzte Goron nach und war dann verschwunden.
»Was ist passiert?«, fragte der Techniker mit trockenem Mund.
»Die potenzielle Energie«, antwortete Silleck. »Cowl hat sie in Arons Verschiebungssphäre geleitet, damit diese außer Phase blieb. Das Gleiche würde jedem anderen widerfahren, den wir schicken könnten, falls wir die Zeit oder die Energie dafür übrig hätten.«
Als Goron akzeptiert hatte, dass Vetross unwiderruflich tot war und sie diese Chance, Cowl zu erledigen, verpasst hatten, fuhr Silleck mit den Worten fort: »Das Torusbiest kehrt zurück.«
Goron wurde klar, dass dieser zweite Angriff genau wie der erste ohne jede Hoffnung erfolgte, dass das Tier Sauros zerstören könnte. Vielmehr ging es nur darum, der Stadt Energie zu rauben und sie an jedem weiteren Versuch zu hindern, dieses spezielle Fragment der eigenen Geschichte zu ändern. Goron wusste: Sobald der neue Angriff vorbei und erneut die volle Ladekapazität vorhanden war, war dieses Ereignis schon zu weit am Gefälle hinabgerutscht, um es noch zu ändern. Sie waren gescheitert, aber andererseits hatte auch Cowl nicht geschafft, was die ursprüngliche Absicht dieser finsteren Kreatur gewesen sein musste: Goron umzubringen.
Nahrung fand man reichlich, wenn man nicht zimperlich war, aber nirgendwo fand Polly eine Stelle, wo sie glaubte, in Sicherheit schlafen zu können. Der Grund dafür bestand weniger in Raubdinosauriern als in Raubinsekten. Sie hatte schon eine Schwellung am Arm gleich oberhalb der Schuppe, halb so groß wie ein Tennisball. Dort war so etwas wie eine Riesenameise hingekrabbelt, als Polly gerade an einen Stein gelehnt schlummerte. Lauthals zu fluchen, während sie den Gliederfüßler zu gelben Brei zertrat, das bot auch keine Befriedigung – lockte lediglich größere Raubtiere herbei, die sich die Sache einmal ansehen wollten.
Renne!, lautete Nandrus wohl überlegte Empfehlung, als sie vogelhafte Augen entdeckte, die sie auf gleicher Höhe mit den eigenen musterten und zu denen auch ein Schnabelmaul gehörte, das aufklappte und durchscheinende messerscharfe Zähne und eine schwarze gegabelte Zunge freilegte. Polly rannte zwischen umgestürzten Bäumen hindurch, warf sich dann zu Boden und wälzte sich durch die Lücke unter einem umgekippten Stamm. Ihr Verfolger wurde aufgehalten, als er sich im Bestreben, ihr zu folgen, darunter einklemmte. Hinter ihm näherten sich jedoch weitere Vertreter seiner langbeinigen Lebensform mit Furcht erregender Schnelligkeit. Der Erste sprang auf den Stamm und wollte sich mit Gewalt durch eine Wand aus Zweigen und Ästen drängen. Polly zog die Automatik, zielte sorgfältig und drückte ab. Die Explosion riss Rindenstücke vom Stamm, und die Kreatur darauf kippte nach hinten, wurde jedoch sogleich von einem Artgenossen abgelöst, während Polly vergebens weiter den Abzug drückte. Der Taser in ihrer Tasche enthielt nur noch genug Ladung für einen letzten Schuss, also drehte sie sich um und sprang, angeleitet von einem Urinstinkt, den ersten ersteigbaren Baum hinauf. Sie wollte sich hinaufziehen, schaffte es aber nicht – irgendetwas hielt sie am Mantel fest. Ein Blick nach unten zeigte ihr einen der Carnosaurier, der den Mantelsaum zwischen den Zähnen hielt. Während er noch daran nagte und zupfte, riss der Stoff. Ein breiter Streifen löste sich, und der plötzliche Wegfall von Widerstand trieb Polly regelrecht den Baum hinauf.
Die vier Kreaturen unter ihr hörten sich wie bellende Hunde an, während sie das Mantelstück in kleine Fetzen rissen. Unzufrieden mit diesem Zeitvertreib, tappten sie dann um den Baum herum und blickten hoffnungsvoll zu Polly hinauf. Polly holte die Automatik hervor und nahm sie in Augenschein. Der Schlitten hing in der zurückgefahrenen Position fest – der Rost forderte allmählich seinen Tribut.
Sorge für deine Waffe, dann sorgt deine Waffe für dich, sagte mein alter
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