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Die Zeitbestie

Titel: Die Zeitbestie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Asher Neal
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eigenen Empfindungen. Sie hatte nie jemanden umgebracht, aber sie hatte durch mangelndes Einfühlungsvermögen anderen wehgetan. Was Moral anging – früher hatte sie nie gewusst, was dieses Wort bedeutete.
    »Aconite hat mir erklärt, das wäre das echte Zeichen des Kriminellen«, murmelte sie.
    »Grausamkeit?«, fragte Tack.
    »Nein, mangelndes Einfühlungsvermögen. Der echte Kriminelle hat einfach keine Vorstellung von dem, was seine Opfer erleben. Er spürt ihren Schmerz nicht, begreift in keiner Weise ihr Trauma. Der echte Kriminelle ist kein soziales Lebewesen. Wir haben da gerade über ihren Bruder gesprochen.«
    Tack schüttelte den Kopf. »Nach den Begriffen der U-Reg war ich kein Krimineller. Ich war einfach ihr Agent – die gnadenlose Hand ihrer Justiz.«
    »Sie waren die Verbrecher«, fand Polly. »Das, was sie mit dir gemacht haben, war in vieler Hinsicht so schlimm wie das, was du anderen angetan hast. Sie haben deine menschliche Natur unterdrückt und dich zu ihrem absoluten Sklaven gemacht.«
    »Auch wenn ich weiß, wem ich die Schuld geben kann, fühle ich mich nicht besser. Da existiert eine Grauzone … Warum habe ich diesen Terroristen nicht einfach schnell umgebracht, statt ihn ertrinken zu lassen?«
    »Vielleicht fandest du, dass er diese Strafe verdient hatte?«
    »Vielleicht.«
    Polly starrte ihn lange an, während er die eigenen Hände betrachtete. »Erzähle mir davon«, sagte sie. »Erzähle mir alles, was du getan hast.«
    Er blickte zu ihr auf und verzog die Miene zu einem leisen Lächeln. »Eine Katharsis?«
    »Vielleicht.«
    Und so erzählte es ihr Tack in knappen, bleiernen Sätzen. Als er fertig war, streckte Polly die Hand aus und drückte sie fest auf seine.
    »Und wie machen wir von hier aus weiter?«, fragte Tack.
    Verwirrt von dem, was sie fühlte, beugte sich Polly vor und küsste ihn auf die Lippen. Einen Augenblick lang schien es, als wüsste er nicht, wie er darauf reagieren sollte. Dann streckte er die Hand aus, legte sie ihr fest auf den Hinterkopf und erwiderte den Kuss mit einer gewissen Verzweiflung.
    Tut mir Leid, wenn ich diesen romantischen Augenblick störe, aber ein Sturm aus Scheiße zieht gerade herauf.
    Zuzeiten wünschte sich Polly, Nandru hätte ein Gesicht, in das sie ihn schlagen konnte.

Kapitel 20
    Statusmeldung Modifikation:
    Wieder diese Schmerzen. Vielleicht hätte ich ihn als Fötus herausnehmen und sein Wachstum im Tank fortsetzen sollen wie bei Amanita, aber ich trage doch den beständigen Instinkt in mir, meine Schöpfung zu nähren. Womöglich hätte ich nur einige Modifikationen an meiner Gebärmutter vornehmen sollen, um Abschürfungen durch seinen härter werdenden Panzer zu vermeiden. Bluttests zeigen hingegen, dass er mich im Gegensatz zu seiner Schwester nicht vergiftet. Sein vorzeitig entwickeltes Immunsystem ist so fremdartig, dass es nicht bestrebt ist, seine Mutter anzugreifen, während das Amanitas gerade menschlich genug war, um seinen Träger zu erkennen. Aber da ist irgendetwas … es widerstrebt mir, eine weitere Sondierung vorzunehmen, da allein das schon empfindliches Gewebe, schädigen kann. Und um die Wahrheit zu sagen, möchte ich auch, gar nicht herausfinden, ob etwas schief geht.
    Verdammt … es hört nicht auf … wird schlimmer … muss eine Sondierung vornehmen … muss es tun …
    Während er mit dem Wetzstein an der Schneide seines Gladius entlangfuhr, sah Tacitus, dass Cheng-yi wütend war. Der Mann war wütend über Pollys andauernde Zurückweisung, wütend über das geringe Ansehen, das er bei Aconite genoss, und jetzt auch darüber, dass seine Mühen, dem Neandertaler Mah-Jongg beizubringen, Früchte trugen – denn Ygrol stand im Begriff, ihn zu schlagen. Aber der Chinese würde jetzt nicht offen aggressiv werden; das hatte er schon einmal bei Ygrol probiert und danach drei Tage lang an einer Gehirnerschütterung gelitten. Der Neandertaler reagierte entweder mit lächelnder Freude oder mit seinem Prügel. Eine mittlere Lösung existierte für ihn nicht.
    Lostboy machte mal wieder seinem Namen alle Ehre. Er saß da und starrte ausdruckslos ins Nichts, und Tacitus fragte sich, ob die Ergänzung, die er selbst und Cheng-yi an der Programmierung des Jungen vorgenommen hatten, irgendwelchen Schaden angerichtet hatte. Aconites Pädagoge hatte ihnen genug beigebracht, um ein Programm zu schreiben und zu laden, das den Jungen das Schwimmen lehrte – aber ihre Kenntnisse entsprachen gewiss nicht annähernd

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