Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Zeitbestie

Titel: Die Zeitbestie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Asher Neal
Vom Netzwerk:
Umgebung. »Unsere Anwesenheit drückt sogar jetzt schon diese Zeitlinie das Wahrscheinlichkeitsgefälle hinab und hinterlässt als Hauptlinie all das hier, aber ohne unser Hiersein. Deshalb bringt uns das Mantisal mit jedem Sprung in die Vergangenheit nicht nur in die Zeit zurück, sondern auch wieder das Gefälle hinauf Richtung Hauptlinienzeit. Und je stärker wir die Zeit beeinflussen, in der wir uns aufhalten, und somit auch unsere wahrscheinliche Zukunft, desto mehr Gefälle muss uns das Mantisal beim nächsten Sprung hinauftragen. Zum Glück beeinflussen wir unsere wahrscheinliche Zukunft umso weniger, je weiter zurück wir gehen.«
    Tack dachte über ihre früheren Gespräche nach und sagte: »Ich dachte, die Gefahren würden zunehmen, je weiter wir in die Vergangenheit vordringen.«
    Die gewohnte Gereiztheit im Blick, wandte sich ihm der Reisende kurz zu. »Was beweist, wie wenig du begreifst. Wie ich schon einmal erklärt habe: Bringst du deinen Vater vor dem Augenblick deiner Empfängnis um, dann endest du ganz unten am Gefälle, wo du den Energieausstoß der Sonnenzapfstelle für einen ganzen Tag benötigst, um auf die Hauptlinie zurückzukehren. Aber um denselben Pfusch hier zu bewerkstelligen, brauchtest du schwere Waffen – und zurück im, sagen wir mal, Jura, nichts Geringeres als eine taktische Atomwaffe.«
    »Ich verstehe das nicht.«
    »Nein, natürlich nicht.« Der Reisende sagte eine Zeit lang nichts weiter. Schließlich gab er nach und ergänzte: »Solche Fehler akkumulieren sich nicht im Verlauf der Zeit. Man muss da einen Effekt berücksichtigen, der temporale Trägheit genannt wird. Wenn du in der Vergangenheit deinen Vater umbringst, beförderst du dich das Gefälle hinab, weil du ein Paradoxon erzeugst. Falls du deinen direkten Vorfahren vor hundert Millionen Jahren umbringst, wirst du hingegen trotzdem geboren.«
    »Aber setzt das nicht … Vorherbestimmung voraus … irgendeine lenkende Intelligenz?«
    »Nur in dem Sinn, wie es einem Baum vorherbestimmt ist, der Sonne entgegenzuwachsen, und nur in dem Sinn, wie irgendein Gott den Baum erschaffen haben könnte. Evolutionäre Kräfte wirken auf der Makro- wie auf der Mikroebene.«
    »Aber …«
    »Es reicht! Denk einfach über das nach, was ich dir schon erklärt habe. Es ist zweifelhaft, ob du das überhaupt alles begreifen kannst. Nach wie vor denkst du linear.« In diesem Augenblick brüllte das Dinotherium, stürmte plötzlich auf sie los und wirbelte dabei eine Staubwolke auf.
    »Ist wahrscheinlich in der Brunst«, sagte der Reisende. »Leg einen Zahn zu!«
    Tack tat das nur zu gern und warf, als er lostrabte, noch einen kurzen Blick den Weg zurück, den sie gekommen waren. »Vielleicht hat ihn das sauer gemacht«, bemerkte er.
    Auch der Reisende warf jetzt einen Blick zurück, und seine Miene wechselte. Das Mantisal war wieder aufgetaucht und schwebte genau an der Stelle, wo sie ausgestiegen waren. Tack sah jetzt noch einmal hin – es war eindeutig nicht ihr Mantisal, enthielt dieses doch vier Personen, die in diesem Augenblick hastig ausstiegen.
    »Umbrathan!«, zischte der Reisende. »Lauf!«
    Tacks Programmierung unterstrich den Befehl, also ertappte er sich dabei, wie er auch ohne bewusste Willensanstrengung gehorchte. Im Laufen zog er die Zielsucherpistole und fragte sich, ob er auch dazu irgendeinen unterschwelligen Befehl erhalten hatte. Ein Dreifachblitz leuchtete seitlich von ihm auf: Der Reisende schoss mit der eigenen Waffe, sprintete an Tack vorbei, drehte sich um und feuerte erneut. Auf einmal brannte rechts von ihnen das Gras, und die Luft war voller Qualm. Das Dinotherium brüllte aufs Neue, und jetzt spürten sie die Erde unter seinen Schritten beben.
    »Wirf den Rucksack ab!«
    Im Laufen tat Tack wie geheißen und bedauerte dabei den Verlust der Ausrüstung darin. Dieses Bedauern legte sich jedoch wieder, als der Reisende ihn im Sprinttempo überholte, den Rucksack an einer Schulter hängend, als wäre das Gewicht völlig belanglos. Tack blickte hinter sich und sah, wie die vier Neuankömmlinge direkt Kurs auf sie nahmen. Dann donnerte die elefantöse Masse des wütenden Tieres zwischen die beiden Gruppen und riss dort einen Staubschleier hoch.
    »Schneller!«
    Irgendwo in sich entdeckte Tack die letzten paar Erg an Energie und beschleunigte. Aber egal wie schnell er rannte, sei es geradeaus, sei es im Zickzack, der Reisende war ihm entweder voraus oder lief hinter ihm oder seitlich von ihm oder duckte sich und

Weitere Kostenlose Bücher