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Die Zeitfalte

Die Zeitfalte

Titel: Die Zeitfalte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Madeleine L'Engle
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Aber solange wir nicht den geringsten Anhaltspunkt haben und nicht wissen, wo wir mit unserer Suche ansetzen können, müssen wir so viel wie möglich über die Zusammenhänge heausbekommen; und ich habe das untrügliche Gefühl, daß wir am besten dort drüben damit beginnen. Aber bitte, wenn du es besser weißt, lasse ich mich gern von dir belehren.«
    »Ach, komm doch von deinem hohen Roß herunter!« Meg war verärgert. »Also gut, dann gehen wir eben in deine dumme ZENTRALEN Nachrichtenzentrale und bringen die Sache so schnell wie möglich hinter uns.«
    »Glaubst du nicht, daß wir einen Paß oder dergleichen haben müßten?« mahnte Calvin. »Sowohl die Frau als auch der Junge wollten wissen, ob unsere Papiere in Ordnung sind. Wie sollen sie aber in Ordnung sein, wenn wir gar keine haben?«
    »Wenn wir einen Paß oder andere Papiere brauchen würden, hätte uns Frau Wasdenn rechtzeitig gewarnt«, gab Charles Wallace zu bedenken.
    Calvin stemmte die Hände in die Hüften und funkelte Charles böse an. »Jetzt mach‘ aber einmal einen Punkt, du Knirps! Ich mag die drei alten Mädchen nicht weniger als du, aber daß sie allwissend sind, wage ich zu bezweifeln.«
    »Jedenfalls wissen sie mehr als wir.«
    »Zugegeben. Aber es wird dir nicht entgangen sein, daß Frau Wasdenn in ihrem früheren Leben angeblich ein Stern war. Und ich glaube nicht, daß man als Stern viel unter Menschen kommt. Jedenfalls ist ihr Versuch, sich als unsereins zu verkleiden, ziemlich mißglückt. Oder habt ihr je zuvor so eine kostümierte Vogelscheuche gesehen wie unsere gute Frau Wasdenn?«
    »Das hat sie doch nur zum Spaß gemacht!« protestierte Charles Wallace. »Wäre es ihre Absicht gewesen, wie du oder Meg auszusehen, hätte sie das bestimmt auch zustandegebracht.«
    Calvin schüttelte den Kopf. »Da bin ich mir nicht so sicher. Und die Menschen hier sind offenbar wirkliche Menschen, tatsächliche Wesen aus Fleisch und Blut – du verstehst schon, was ich damit sagen will. Gut, sie sind anders als wir, so viel steht fest; sie haben etwas reichlich Seltsames an sich. Aber immerhin sehen sie weit eher wie unsereins aus als die komischen Geschöpfe, denen wir auf Uriel begegnet sind.«
    »Könnten es vielleicht Roboter sein?« gab Meg zu bedenken.
    Charles Wallace überlegte kurz. »Nein«, befand er schließlich. »Der Junge, der seinen Ball fallen ließ, war bestimmt kein Roboter. Und die anderen Leute sehen mir auch nicht danach aus. Laßt mich einmal einen Augenblick zuhören.«
    Sie hielten im Schatten eines Bürogebäudes an, blieben Seite an Seite mucksmäuschenstill stehen und bewegten sich nicht.
    Sechs große Tore schwangen auf: öffneten sich, schlossen sich wieder, ließen Leute ein, spien sie aus; Leute, die starr vor sich hin blickten, unverwandt und starr; Leute, die ihnen keine Aufmerksamkeit schenkten, nicht die geringste Aufmerksamkeit …
    Charles Wallace hatte seinen berühmten forschenden Blick.
    »Nein«, sagte er schließlich mit Bestimmtheit. »Nein, das sind keine Roboter. Ich weiß nicht, was sie sind, aber jedenfalls keine Maschinenmenschen. Ich spüre, daß sie denken. Es gelingt mir nicht, mich in ihre Gedanken zu versetzen, ich komme überhaupt nicht an sie heran, aber ich fühle, daß in ihnen etwas lebt und sich bewegt. Laßt es mich noch einmal versuchen.«
    Wieder standen sie still und schwiegen. Die Tore öffneten und schlössen sich, gingen auf und zu; und die Leute zuckelten hinein und heraus, hinein und heraus, mit ruckartigen Bewegungen – wie Schauspieler in einem alten Stummfilm …
    Dann verebbte der Menschenstrom plötzlich. Nur ein paar Nachzügler beeilten sich, in das Gebäude zu kommen, und ihre Bewegungen waren rascher- so als würde der Film jetzt schneller ablaufen. Ein blasser Mann in schwarzem Anzug hastete direkt an den Kindern vorbei, murmelte vor sich hin: »Herrje, bin ich spät dran!« und verschwand in einer der Türen.
    »Komischer Kerl!« kicherte Meg.
    »Ich habe Angst!« gestand Charles Wallace. »Ich kann sie überhaupt nicht erreichen. Ich bin von ihnen total abgeschlossen.«
    »Wir müssen Vater finden … «, mahnte Meg einmal mehr.
    »Meg!« Charles Wallace starrte sie an; seine Augen waren plötzlich angstvoll geweitet. »Meg, ich weiß nicht einmal, ob ich Vater noch erkennen würde! Es ist schon so lange her, und ich war damals noch ein Baby … «
    »Aber natürlich erkennst du ihn wieder!« rief Meg hastig, um ihm wieder Zuversicht zu geben. »Du wirst ihn so

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