Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Zeitmaschine Karls des Großen (German Edition)

Die Zeitmaschine Karls des Großen (German Edition)

Titel: Die Zeitmaschine Karls des Großen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Henkel
Vom Netzwerk:
und Leids zu liegen. »Ihr Römer wart nicht so unmenschlich. Eure Weisen Frauen und Männer mussten nicht durch Feuer und Schwert sterben, ihr hattet erkannt, welche besondere Gabe ihnen innewohnt. Du weißt doch, dass es Menschen mit diesen Kräften gibt, da erstaunt es mich, dass meine Existenz dich so aus der Fassung bringen konnte.«
    Andreas, dem sein Verhalten mittlerweile selber töricht erschien, antwortete: »Bitte versteht mich. Ich lebte in dem festen Glauben, die Mönche und Nonnen von Mons Securus seien die einzigen Menschen, die dieses uralte Wissen noch besitzen. Ich war nicht darauf vorbereitet, auf jemanden mit diesen Fähigkeiten in den fränkischen Wäldern zu treffen. Aber bitte sagt mir, wovon habt Ihr vorhin gesprochen? Welche großen Kräfte sind es, mit denen ich in Verbindung stehe?«
    »Ich wünschte, ich wüsste es«, sagte sie und stützte das Kinn nachdenklich auf die gefalteten Hände. »Aber meine Fähigkeiten sind nur gering, geradezu winzig im Vergleich zu dem, was eure Weisen vermögen. Ich hatte nur wenige, sehr undeutliche Wahrnehmungen. Ich bin mir nicht sicher …«
    Sie schwieg und schien in Gedanken versunken. Andreas wagte nicht, sie zu stören, und es dauerte eine Weile, ehe sie weitersprach. »Ich kann nicht mit Worten ausdrücken, was ich spüre … aber die Welt – die ganze Welt –, sie scheint mir irgendwie anders zu sein … nein, das trifft es nicht. Aber ich finde keinen anderen Weg, es zu sagen. Und noch etwas ist da …« Sie atmete tief ein, als ob sie Kraft sammeln wollte. Dann sagte sie: »Ich war beunruhigt und habe versucht, die Zukunft dieser Welt zu sehen. Aber da war nichts, einfach nichts!«
    Es dauerte einen Moment, bis Andreas den Schock, den diese unheimlichen Worte in ihm verursacht hatten, überwunden hatte. Er fragte verunsichert: »Gott der Allmächtige … wenn uns so furchtbare Dinge bevorstehen, dass sogar die Existenz der Welt bedroht ist, in welchem Zusammenhang kann ich denn damit stehen? Ich bin kein Zauberer, nur ein Beamter meines Kaisers. Wie könnte ich … ich weiß nicht, wie ich es sagen soll …«
    »Ich kann dir nur so viel sagen, wie ich selber weiß. Und das ist wenig, sehr wenig, Andreas. Es gibt nur eine Gewissheit: Ich habe gespürt, das dieses Nichts der Zukunft einzig und allein von deinen Handlungen, den Entscheidungen, die du treffen wirst, abhängt. Das Schicksal dieser Welt liegt, so scheint mir, in deinen Händen.«
    Andreas erschrak. Gisela hatte beinahe die gleichen Worte gebraucht wie Marcellus Sator über vier Wochen zuvor. Er begann zu ahnen, dass auf ihm wirklich eine Verantwortung von drückender Mächtigkeit lasten mochte. Eine Verantwortung, die weit hinausging über die bloße Erhaltung des Imperiums.
    »Aber was soll ich denn tun? Was wird eigentlich von mir erwartet? Gisela, ich verstehe das alles nicht. Helft mir, damit ich wenigstens eine vage Vorstellung von dem erhalte, was mich erwartet!«
    Die Weise Frau schien mit sich zu ringen. Schließlich sah es so aus, als habe sie einen Entschluss gefasst. »Wie ich dir ja schon gesagt habe, sind meine Fähigkeiten nicht besonders groß. Ich werde versuchen, dir zu helfen. Aber lass dir gesagt sein, zu einem späteren Zeitpunkt wirst du Rat bei euren Weisen suchen müssen. Nur sie beherrschen die Künste, die du benötigen wirst. Vergiss das nicht!«
    Andreas nickte stumm.
    Gisela stand auf, ging zu einem der Regale und ergriff einen verschlossenen Steinkrug, mit dem sie an den Kamin zurückkam. »Ich kann dir nicht sagen, welche Wirkung dieses Mittel auf dich haben wird. Du wirst eine mächtige Vision haben, einen Blick in das Verborgene, der nur für dich bestimmt ist. Was du aber sehen wirst … Gott alleine weiß es. Du musst das Beste daraus machen.«
    Sie löste den Deckel vom Krug und nahm ein kleines, rötliches Pflanzenblatt heraus, das sie Andreas reichte. Er betrachtete das Blatt skeptisch. Dann sah er noch einmal Gisela an. Ihr schönes Gesicht wirkte ernst und bekümmert.
    Andreas steckte das Blatt in den Mund und schluckte es hinunter.
    Alles um ihn herum versank in einem Strudel grellblauen Lichts, der Kamin, das Zimmer, Gisela, alles. Er wurde tief hinuntergezogen, ihm war, als wäre sein Körper unendlich schwer. Dann wurde das Licht schwächer, und jede Schwere verließ ihn, als wäre sein Körper irgendwo zurückgeblieben. In einem warmen Halbdunkel endlos wechselnder Farben herrschte eine unirdische Stille. Ein Gefühl zwischen Geborgenheit

Weitere Kostenlose Bücher