Die Zeitrausch-Trilogie, Band 1: Spiel der Vergangenheit (German Edition)
Handgelenk, um mich von dem verdutzten Pärchen wegzuziehen. Sein Griff ist fest und lässt keinen Widerspruch zu. Unbeholfen stolpere ich hinter ihm her und sehe gerade noch, wie sich der Mann an die Stirn tippt und zu seiner glucksenden Freundin sagt: »Mobiltelefon! Bin ich der verdammte Präsident?«
Dann presst Kay mich gegen den Brückenpfeiler und lässt mein Handgelenk los, das rot leuchtend seine Fingerabdrücke trägt.
»Spinnst du?«, fauche ich ihn an.
»Du wirst niemanden ansprechen! Keinem Jogger im Weg stehen und, verflucht noch mal, nicht nach einem Mobiltelefon fragen, das erst in vier oder fünf Jahren in ausgewählten Läden verkäuflich sein wird!«, faucht er. »Alles, jede Kleinigkeit, kann Auswirkungen auf dein Leben 2013 haben, Alison! Verstehst du das?«
»Aber ich habe doch nur …«
»Wir dürften gar nicht hier sein! Wenn der Jogger uns umrunden hätte müssen und dadurch zwei Sekunden später auf die Kreuzung getroffen wäre, wo ein Bus ihn angefahren hätte, und gestorben wäre, wären seine nachfolgenden Generationen ausgelöscht worden. Vielleicht ist deine beste Freundin darunter oder der Mann deiner zukünftigen Tochter. Also, sprich mit niemandem. Berühre niemanden. Stehe niemandem im Weg!«
Kay steht gerade weit genug entfernt, um mir mit beängstigendem Ernst in die Augen sehen zu können. Er blinzelt nicht und fixiert mich, bis ich gelobe, mich an seine Regeln zu halten. »Sie mich nicht so an, ich mach's ja nicht wieder, versprochen.«
»Das solltest du auch nicht. Nur wenn du Glück hast, wirst du nicht die Zeit haben, die Auswirkungen von all dem hier zu begreifen. Du wirst nicht lernen müssen, dich wie ein Geist zu bewegen, in der Wildnis zu überleben oder in die düstersten Abgründe der Menschheit zu blicken.«
Seine Stimme klingt beängstigend zornig, vorsichtshalber schweige ich, während wir weitergehen.
Erst als Kay im Begriff ist einen falschen Weg einzuschlagen, sehe ich in sein verschlossenes Gesicht und frage: »Und was schlägst du vor?«
Kay blickt zur Seite, steht wie eine Statue vor der Weggabelung, die von uns in verschiedene Richtungen strebt.
»Es ist dein Leben. Deine Show! Du triffst die Entscheidung. Im Grunde habe ich dir schon jetzt zu viel geholfen. Das werden sie nicht mögen.« Noch immer wendet er mir den Rücken zu.
»Scheiß auf sie!« Aufmerksam sehe ich durch die im Himmel gipfelnden Baumkronen nach oben, in der Erwartung, dort irgendwo einen Hubschrauber, einen Satelliten oder sonst etwas zu sehen, das meine Wut in das Jahr 2417 portieren könnte. Doch außer einer einsamen Wolke, die wirkt, als sei sie mit zwei Fingern durchkämmt worden, kann ich nichts entdecken.
»Wir gehen durch den Wald.« Entschlossen trete ich von dem befestigten Weg auf den torfigen Boden, der mit unendlich vielen Nadeln übersät ist. Eigentlich müsste hier ein ausgetretener Pfad sein, der sich durch Farne und die gewaltigen Stämme der Mammuts hindurch zu unserem Haus schlängelt, aber ich befürchte, dass Jeremy und ich ihn erst Jahre später in den Waldboden treten werden. Trotzdem bin ich mir sicher, den richtigen Weg eingeschlagen zu haben.
Kay spüre ich direkt hinter mir. Er bewegt sich nahezu lautlos, nur seinen regelmäßigen Atem kann ich vernehmen. Äste knacken unter meinen immer schwerer werdenden Schritten, da der Wald bald ansteigt und so dicht wird, dass sich die Wurzeln der nahe zusammenstehenden Bäume verschlingen. Ich folge meinem Instinkt und gehe entschlossen bergauf. Einige Minuten schweigen wir. Ab und zu greift Kay über meine Schulter hinweg nach einem tief hängenden Ast und biegt ihn hoch, damit ich unbeirrt weitergehen kann. Der unwegsame Boden und seine Nähe lassen mein Herz schneller schlagen, als mir lieb ist. Warum muss er so dicht hinter mir sein, so als wolle er dafür sorgen, dass mir nichts geschieht?
»Wieso haben sie dich mitgeschickt?«, durchbreche ich unser Schweigen. Meine Worte kommen stoßweise aus meiner trockenen Kehle.
»Was ist dein Plan?«
»Ich werde mit Dad sprechen.«
»Er wird dir nicht glauben.«
»Ich bin seine Tochter.«
»Du bist noch nicht einmal geboren!«, schnaubt Kay. »Was willst du ihm sagen? Dass du in über fünfundzwanzig Jahren von Menschen aus der Zukunft entführt werden wirst, um in die Vergangenheit geschickt zu werden, damit deine Tante in fünfzehn Jahren nicht von einem Apfelbaum fällt? Was glaubst du, was wahrscheinlicher ist, dass er dir Glauben schenkt oder die
Weitere Kostenlose Bücher