Die Zeitreisen des Zacharias Jones (Flucht aus dem Mittelalter) (German Edition)
und Nase, sodass sein Gesicht nicht gleich zu erkennen war. Ohne besondere Eile, um keinen Verdacht zu erregen, schlenderte er auf das Burgtor zu. Nur nicht zu schnell, nur nicht rennen, flüsterte es beschwörend in seinem Kopf, dann falle ich gar nicht weiter auf, Schritt für Schritt, ich bin nur ein ganz normaler Junge, der hinunter in die Stadt will, ein ganz normaler ...
Die Tür des Herrenhauses öffnete sich, als er ungefähr in der Mitte des Burghofs war. Er hörte das Knarren des schweren Türflügels und drehte instinktiv den Kopf. Der Umhang verrutschte und gab sein Gesicht frei. Auf der Stufe vor der Tür stand Wilfried von der Gaag und starrte ihn entgeistert an. Wie bei einem Fisch auf dem Trockenen schnappte sein Mund auf und zu, aber kein Wort kam über seine Lippen. Das, was er da sah, machte ihn augenscheinlich sprachlos. Zacharias wollte losrennen, hinaus aus dem Tor und hinunter in das schützende Gewirr der Straßen und Gassen, aber vor Schreck konnte er den Blick von dem tückischen Gesicht des Burgvogtes nicht a bwenden, und wie in einem bösen Traum war es, als ob seine Füße in einem Sumpf steckten, der ihn nicht freigeben wollte.
Jetzt fand der Burgvogt seine Stimme wieder und er schrie, voller Wut und außer sich vor Zorn: „Du verdammter kleiner Dreckskerl, wer hat dich aus dem Turmzimmer gelassen?“
Schlagartig fiel die Starre, die von Zacharias Besitz ergriffen hatte, von ihm ab. Er tauchte unter den zu Krallen gekrümmten Fingern des Burgvogtes hinweg, schlug einen Haken und rannte los, dass der Sand unter seinen Füßen spritzte. Unendlich weit erschien ihm auf einmal der Weg zu dem rettenden Tor.
Eine Stimme schrie: „Lauf, Zacharias, lauf, du schaffst es!“, und er wusste, dass das der Professor war, der aus dem Turmfenster hilflos zusah, wie Zacharias um ihrer beider Leben rannte. Er hörte den Burgvogt dicht hinter sich keuchen, aber schon fiel er zurück und Zacharias' Vorsprung wurde größer. Weiter, nur weiter, nur noch ein paar Meter bis zum Tor! Ein Blick über die Schulter, Willem von der Gaag war keuchend stehen geblieben, fuchtelte wild mit den Armen und brüllte Befehle.
Zacharias hörte die Worte, aber sie kamen nicht an in seinem Kopf, raus hier, nur raus, schrie sein ganzer Körper und fast war er schon am Tor. Aus dem Wachhaus stürzten mehrere Bewaffnete, alarmiert von den Schreien des Burgvogtes. Sie versuchten, ihm den Weg abzuschneiden, griffen nach ihm, doch er duckte sich und sprintete gebückt weiter. Zwei Wächter hatten sich mitten im Tor aufgebaut, groß und bedrohlich. Er stieß sich vom Boden ab, hechtete lang gestreckt durch die Beine des einen Wachtpostens und noch bevor die beiden sich umdrehen konnten, war er schon wieder oben und rannte mit wehendem Umhang den in den Felsen geschlagenen Weg hinab in die Stadt.
Unten auf dem Marktplatz blieb Zacharias keuchend stehen und blickte hoch zum Tor. Dort stand Wilfried von der Gaag und schüttelte ihm wutschnaubend die Faust hinterher, doch zu seinem Erstaunen machte keine der Wachen Anstalten, ihn zu verfolgen.
Schnell lief er weiter, quer über den Platz. Fieberhaft überlegte er, wohin er fliehen sollte, in welche der vielen schmalen Gassen, eine war so gut wie die andere. Oder doch nicht?
Noch einmal drehte sich Zacharias suchend im Kreis - wenn er jetzt einen Fehler machte, konnte das sein letzter sein. Und dann wurde ihm klar, warum ihm noch niemand gefolgt war. Sie hatten Zeit gebraucht, um die Pferde zu satteln.
Er sah, wie Wilfried von der Gaag vor dem Burgtor auf einen Hengst stieg. Ein Stallbursche hielt ihm dabei den Steigbügel. Kaum saß der Burgvogt im Sattel, trat er dem Burschen vor die Brust, dass der zurücktaumelte und gab dem Tier die Sporen. Mehrere Bewaffnete folgten ihm. Auf dem steilen Felsenweg kamen sie mit den Pferden nur langsam voran, aber das würde sich ändern, sobald sie unten waren.
Schwer atmend wischte sich Zacharias den Schweiß von der Stirn. Gegen die Pferde hatte er keine Chance. Die Reiter würden ihn schneller eingefangen haben, als er bis drei zählen konnte. Es gab nur einen Ausweg, er musste weg von der Straße. Aber wer würde ihm Zuflucht gewähren? Auf dem Marktplatz waren nur wenige Menschen unterwegs. Bis jetzt hatte niemand bemerkt, dass er auf der Flucht war, jedenfalls beachtete ihn keiner der Fußgänger. Ob er einfach jemanden bitten sollte, ihn zu verstecken? Er schüttelte den Kopf. In wenigen Augenblicken würde der
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