Die Zeitreisen des Zacharias Jones (Flucht aus dem Mittelalter) (German Edition)
schriller.
Der jüngere der beiden Männer hielt ein sehr spitzes, langes Messer in der Hand. Er führte einen schnellen Schnitt tief durch die offenliegende Kehle. Blut spritzte im Rhythmus des Herzschlags, lief die Schnauze des Tieres hinab und ergoss sich dampfend in den berei tstehenden Holzeimer. Ein fast wütendes Aufbäumen, doch schon wurde das Quieken zu einem Röcheln, das Schwein zuckte noch einige Male, dann war es still. Der ältere Mann klopfte dem anderen auf die Schulter. Erst jetzt merkten die beiden, dass sie nicht alleine waren.
„ Got mit dir, Hanna, in diu jâr und iemer “, begrüßte sie der ältere Mann.
„ Und mit dir “, entgegnete Hanna.
Ernst, aber höflich nickte der Ältere auch Zacharias zu. Der andere begann, in schnellen Sätzen auf Hanna einzureden. Diesmal ver stand Zacharias kaum etwas. Dem Mann fehlten die oberen Schneidezähne und seine Aussprache war zischend und undeutlich. Aber es war nicht schwer zu erraten, dass er nicht allzu begeistert von dem Auftauchen eines Fremden in seinem Dorf war. Als der Ältere begütigend die Hand hob, drehte sich der Jüngere abrupt um, ohne Hannas Antwort abzuwarten und schlitzte mit einem einzigen wütenden Schnitt den Bauch des Schweines auf. Er griff in die Öffnung und vergrößerte den blutigen Spalt. Seine Hände und die Ärmel seines Wamses färbten sich rot. Als die Eingeweide hervorquollen, spürte Zacharias, wie seine Knie weich wurden und er trat unwillkürlich einen Schritt zurück. Auch der ältere Mann hatte jetzt ein Messer gezogen. Er schnitt ein großes Stück aus dem Hinterteil des Tieres und wickelte es in ein schmutziges Tuch. Mit einem freundlichen Lächeln reichte er es Hanna.
„ Mit Danc vür die Mûder. Mîn vrouwe ist endelîche wider gesunt. “
„ Mîn grûz mit dancbaerkeit “, antworte Hanna und verbeugte sich leicht.
Der Mann nickte Zacharias noch einmal zu, dann drehte er sich um und begann, dem Jüngeren beim Ausweiden des Schweins zu helfen.
Hanna nahm jetzt den Weg, der entgegengesetzt zu der Richtung verlief, aus der sie am Vortag gekommen waren. Schnell ließen sie die Hütten hinter sich. Hanna zeigte in die Ferne, wo sich der Pfad auf dem Hügel verlor. „ Dort ligt Sonningen, groz und vol Leben .“
Nicht viel weiter, an einer Weggabelung, bogen sie ab und folgten dem Lauf des Baches, der das Dorf in einem großen Halbkreis umfloss, bis zum Waldrand. Plötzlich drang Zacharias ein scheußlicher Gestank in die Nase. Es roch nach Chemikalien und Verwesung und das klare Wasser des Baches hatte eine schmutzig braune Färbung angenommen. Hanna verzog belustigt den Mund, als sie sein ang eekeltes Gesicht bemerkte, machte aber keine Anstalten umzukehren, und so folgte er ihr das Bachufer entlang in den Wald.
Nach wenigen Schritten trafen sie auf ein Gebäude, dessen durchhängendes Dach mit Holzschindeln gedeckt war. Es war um einiges größer als die Hütten des Dorfes, befand sich aber in einem jämme rlichen Zustand. Tiefe Risse zogen sich durch die lehmverputzten, grauen Wände.
Davor arbeiteten Männer, die Zacharias sehr jung vorkamen, älter als zwanzig war hier bestimmt niemand. Einige stopften Tierfelle in dickbauchige Fässer und schütteten aus Holzeimern Flüssigkeiten hinzu. Mit Stöcken drückten sie die Felle tiefer hinein. Währenddessen rollten die übrigen noch mehr Fässer aus einem weit geöffneten Tor. Die runden Holzdeckel, mit denen sie verschlossen waren, wu rden mit einiger Mühe aufgestemmt. Dann zogen die Arbeiter schleimig nasse, fast haarlose Häute aus den Fässern. Ein beißender Dunst wehte herüber und der Gestank wurde noch stärker.
Jetzt war Zacharias sicher. Alles sprach dafür, dass es sich um eine Gerberei handelte, in der Tierhäute zu Leder verarbeitet wurden. Das erklärte auch, warum das Gebäude so weit ab vom Dorf lag, denn in früheren Zeiten mussten die Gerber ihr Handwerk wegen des Gestanks und der Wasserverschmutzung außerhalb der Siedlungen e rrichten.
Es war ein wenig einladender Ort, den er gerne schnell wieder verlassen hätte. Aber schon hatte Hanna freundlich gewinkt, und ohne ihre Arbeit zu unterbrechen, grüßten die Männer zurück. Sie ve rschlossen die mit frischen Fellen gefüllten Fässer, legten sie auf die Seite und rollten sie hin und her, erst langsam, dann immer schneller. Dazu sangen sie ein Lied, dessen Takt den Rhythmus ihrer Bewegungen vorgab.
Die Hände der Arbeiter waren von einem dunklen, ungesunden Rot. Fast wie
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