Die Zeitreisen des Zacharias Jones (Flucht aus dem Mittelalter) (German Edition)
Hanna zu Hause, versuchte Zacharias jede Minute zu nutzen, um mit ihr zu reden, sich an den Klang des Gesagten zu gewöhnen und sich die Worte einzuprägen, die er nicht kannte. Es war viel leichter, als er anfangs geglaubt hatte. Nach einer Woche verstand er fast alles, auch wenn er manchmal die Bedeutung der Wörter aus dem Zusammenhang erraten musste, in dem sie gefallen waren. Wenn er selbst sprach, bemühte er sich, die Betonung nachzuahmen, so wie er sie von Hanna, Herlinde und Arne hörte.
Doch je besser die Verständigung wurde, desto bohrender wurden die Fragen, die Hanna und ihre Mutter an ihn richteten. Alles wollten sie wissen: Woher er kam, warum er auf Reisen war und wer der Verwundete war. Zu Anfang antwortete er ausweichend, doch er spürte, dass dadurch Herlindes Misstrauen wieder größer wurde. Und so legte er sich eine passende Geschichte zurecht und erzählte von einer Heimat, die so weit entfernt lag, dass niemand hier sie kannte. Den Professor gab er als seinen „ôheim“ und Lehrmeister aus und berichtete von ihrer gemeinsamen Wanderschaft, auf der sie seit vielen Monaten waren, um die Welt kennenzulernen und neues Wissen zu erwerben. Hanna und ihre Mutter glaubten ihm und Arne s owieso. Er log nicht gern, aber er wagte nicht, die Wahrheit zu sagen, traute sich nicht, ihnen zu gestehen, dass er aus der Zukunft kam und in ihrem Dorf gestrandet war. Die Gefahr war zu groß, dass sie ihn aus Angst oder ganz einfach deshalb davonjagten, weil sie ihn für völlig übergeschnappt hielten. Also blieb er bei seiner Geschichte und schilderte erfundene Reiseerlebnisse in den buntesten Farben.
Im Gegenzug erzählte Hanna ihm von ihrem Alltag, von der Kaninchenjagd, dass ihre Mutter tatsächlich eine Heilerin war, wie er schon vermutet hatte und dass auch sie selbst später einmal eine Heilerin sein würde. Es machte viel Spaß, sich mit ihr zu unterhalten, und wenn sie zusammensaßen, kam es manchmal sogar vor, dass er nicht mehr daran dachte, Gefangener in einer fremden Zeit zu sein.
Natürlich hatte er Hanna auch nach dem Reiter gefragt, der den Professor fast umgebracht hatte. Ihr Gesicht hatte sich verdüstert und ihre Lippen waren schmal geworden. Aber er hatte nicht aufgegeben, und so hatte er schließlich doch einiges erfahren. Wenn er richtig verstanden hatte, hieß der Mann Wilfried von der Gaag und war der Burgvogt des Grafen von Sonningen. Er verwaltete die Ländereien des Grafen mit all ihren Städten und Dörfern und beriet den Grafen in allen wichtigen Angelegenheiten. Als Zeichen der verliehenen Würde durfte er das Wappen des Grafen mit dem grünen Drachen auf goldenem Grund tragen. Wilfried von der Gaag war grausam und forderte von den Untertanen des Grafen bedingungslosen Gehorsam. Niemand war ohne Furcht, wenn es hieß, dass der Burgvogt unterwegs war, um den Besitztümern seines Herrn einen Besuch abzustatten. Mit seinen Reitern trieb er für den Grafen die Steuern ein und ließ jeden in Ketten legen, der es wagte, gegen die gräflichen Gesetze zu verstoßen. Kaum ein Monat verging ohne Hinrichtungen, die öffentlich auf dem Marktplatz von Sonningen oder auf dem Galgenhügel außerhalb der Stadt stattfanden. Der Henker des Grafen ist ein geschäftiger Mann, hatte Hanna ihren traurigen Bericht geendet.
„Hast du eigentlich irgendjemandem erzählt, was auf der Lichtung passiert ist?“, hatte Zacharias wissen wollen.
Hanna hatte ihn erschrocken angeschaut. „Bist du verrückt? Die Menschen hier haben schon Angst genug. Sie würden uns alle ohne Zögern dem Grafen ausliefern, damit der Burgvogt nicht Rache am ganzen Dorf nimmt, wenn er euch hier findet. Nein, sie wissen gar nichts. Wir haben allen erzählt, dass ihr Reisende seid und dass dein Oheim bei der Jagd in seinen eigenen Pfeil gestürzt ist.“
„Du meinst, sie würden sogar dich und deine Mutter verraten, obwohl eure Heilkunst so wichtig für alle ist?“
„Ja, das würden sie. Wilfried von der Gaag ist schlimmer als jede Krankheit. Er ist sogar schlimmer als die Pest, denn die Pest geht von selbst, wenn sie genug gewütet hat. Der Burgvogt aber herrscht über uns auf ewig. Und das ist auch der Grund, warum ihr uns verlassen müsst, sobald dein Oheim wieder gesund ist.“
Dann hatte Hanna geschwiegen, und Zacharias hatte es vorgezogen, nicht weiter nach Wilfried von der Gaag und seinem Herrn, dem Grafen von Sonningen, zu fragen.
Der zehnte Tag
Der zehnte Tag seit der Ankunft im Dorf brach an.
Hanna hatte
Weitere Kostenlose Bücher