Die Zeitreisen des Zacharias Jones (Flucht aus dem Mittelalter) (German Edition)
heißen Fleisch verbrannt, doch er war so hungrig, dass er nicht darauf achtete. Das Fett lief ihm über das Kinn und in diesem Augenblick war er überzeugt, noch nie etwas Besseres gegessen zu haben.
Für die vielen hungrigen Mägen am Feuer war ein einziges Wildschwein nicht eben viel. Aber es reichte doch, um leidlich satt zu werden. Zacharias fand, dass das doch sehr viel mehr war, als er noch vor ein paar Stunden von diesem Tag hatte erwarten können.
Er schloss die Augen und malte sich sehnsüchtig aus, wie Mama und Papa ihn nach seiner Rückkehr in die Arme schließen würden - so lebendig war das Bild, dass für einen Moment ein Hauch von Mamas Parfüm durch die klare kalte Nachtluft zu wehen schien. Und er dachte an Zinchen und ganz fest nahm er sich vor, in Zukunft immer nett zu ihr zu sein, auch wenn sie mal wieder Königin im Land der Nervensägen sein wollte.
„Von hier ist es nicht mehr weit bis Sonningen“, sagte Willem griesgrämig und hielt an. „Vielleicht noch eine halbe Stunde, nicht mehr.“
Die Nacht war sehr kalt gewesen, und als Zacharias am Morgen erwachte, waren seine Muskeln so steif, dass er sich kaum bewegen konnte. Der Alte hatte ihnen ein leer stehendes Erdloch zum Schlafen zugewiesen und auch wenn Zacharias dankbar war, dass sie nicht unter freiem Himmel hatten übernachten müssen, so hoffte er doch sehnlichst, dass sich diese Erfahrung nicht so schnell wiederholen würde.
Kurz bevor sie aufgebrochen waren, hatte Hanna noch einmal nach Gerald gesehen und seine Verbände gewechselt. Dabei hatte sie ihn ermahnt, sich so weit wie möglich zu schonen. „Es besteht nur dann Aussicht, dass Ihr Euer Bein behaltet, wenn Ihr so lange wie möglich das Lager hütet. Und vergesst nicht, die Wunde regelmäßig neu verbinden zu lassen!“
Nachdem sie eine gute Weile stramm marschiert waren, standen sie nun kurz vor der Stadt. Willem hatte sie geführt. Glücklicherweise war der Rest ihrer Reise friedlich verlaufen, sodass sie seinen Schutz nicht benötigt hatten.
„Ich werde euch hier verlassen“, fuhr Willem fort. „Für einen Vogelfreien ist es nicht gut, sich zu nah an der Stadt sehen zu lassen. Könnte schlecht für die Gesundheit sein.“
Er verzog die Lippen zu einem Grinsen, das seine grünlichen Zähne freilegte.
„Alle Geächteten meiden die Nähe der Stadtmauern. Von ihnen habt ihr hier kein Unheil mehr zu erwarten. Für den Grafen von Sonningen und seinen famosen Burgvogt kann ich natürlich nicht garantieren.“
„Ich danke Euch“, antwortete der Professor. „Wir werden vorsichtig sein.“
Willem hustete und spuckte einen schleimigen Brocken auf den Weg.
„Ehrlich gesagt, es schert mich einen Dreck, was aus euch wird, aber Gerald scheint einen echten Narren an euch gefressen zu haben. Ich soll euch ausrichten, dass ihr euch an den buckligen Jonas wenden könnt, wenn ihr in Schwierigkeiten geratet. Er verkauft in der Stadt all die schönen Dinge, die uns in die Hände fallen, wenn wir im Wald auf Reisende treffen.“
„Und wo finden wir diesen Jonas?“
„Er wohnt in einem kleinen Haus direkt an der Stadtmauer, neben dem Judenviertel und nicht weit vom Haupttor entfernt. Ihr erkennt es an einem weißen Strich über einem Punkt, die auf die Tür gemalt sind. Das ist das Zeichen des Hehlers. Es ist klein und unauffällig, aber wer aufmerksam danach sucht, wird es nicht übersehen.“ Willem lachte hässlich. „Gut für Jonas, dass die Reiter des Grafen nicht wissen, was das Zeichen auf seiner Tür bedeutet. Der Galgen wäre ihm gewiss.“
Er spuckte noch einmal aus. „Wie auch immer. Sagt Jonas, dass Gerald der Schwarze euch schickt. Er wird euch helfen.“
Ohne ein weiteres Wort drehte er sich um und stapfte davon.
Hanna, der Professor und Zacharias liefen in die entgegengesetzte Richtung weiter. Schon nach kurzer Zeit wurde der Wald lichter. Das Unterholz zu beiden Seiten des Pfades wich zurück, und zusehends wurde der Weg breiter, bis er genug Platz bot, dass sie zu dritt nebeneinander gehen konnten. Und dann, endlich, erreichten sie den Waldrand, und glücklich genoss Zacharias das befreiende Gefühl, als sie die düstere Enge des Waldes eintauschten gegen den Blick in die weite Tiefebene, die sich vor ihnen bis an den Horizont erstreckte.
Das Wetter war besser geworden. Obwohl es noch früh war, hatte es die aufsteigende Januarsonne schon vermocht, den Morgenn ebel zu vertreiben. Ein einsamer Raubvogel schraubte sich hoch in den
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