Die Zeitreisen des Zacharias Jones (Flucht aus dem Mittelalter) (German Edition)
man ihr vor?“
„Sie soll die Frau des Marktvorstehers totgehext haben.“ Hanna, die bis dahin ruhig und beherrscht geklungen hatte, hörte sich plötzlich sehr zornig an.
Der Alte kicherte meckernd. Unwillkürlich musste Zacharias an einen Ziegenbock denken.
„Geschieht ihr ganz recht. Ich kenne die Frau des Markvorstehers. Dieses betrügerische Weibsbild hat noch jedes Mal falsche Gewichte benutzt, wenn sie von den Bauern Getreide für die Kornkammer der Stadt gekauft hat. Natürlich mit dem Segen des Grafen. Ein Teil des Gewinns fließt in seine großen Taschen. Am besten hätte deine Mutter ihn gleich mit verhext, hä?“
Hanna presste die Hände zu Fäusten und einen Augenblick lang glaubte Zacharias, sie würde den Alten schlagen, so wütend sah sie aus.
„Du verdammter Idiot!“, fuhr sie den Alten an. „Wie kannst du nur glauben, dass meine Mutter diese Frau tatsächlich verhext hat. Meine Mutter ist eine Heilerin. Das hat nichts, aber auch gar nichts mit Hexerei zu tun!“
Der Alte zuckte mit den Achseln.
„Das kann man so oder so sehen“, antwortete er, zog es dann aber vor zu schweigen und stützte sich missmutig auf seine Krücke.
„Wie auch immer“, sagte Gerald. „Du bist ein mutiges Mädchen, aber ich glaube nicht, dass du viel für deine Mutter tun kannst. Wenn sie nicht freiwillig gesteht, werden die Knechte des Grafen sie foltern und sie vielleicht sogar einer Hexenprobe unterziehen. Du musst dich damit abfinden, dass sie verloren ist.“
Eine Hexenprobe! Zacharias erinnerte sich, einiges darüber gelesen zu haben. Es gab eine ganze Reihe solcher Prüfungen, wobei die Wasserprobe am gebräuchlichsten war. Dabei wurde die vermeintliche Hexe gefesselt in einen Fluss oder Teich geworfen. Wenn sie unterging und ertrank, galt dies als Beweis dafür, dass sie keine Hexe gewesen war. Das reine Element des Wassers, so glaubte man, stieß die Kräfte des Bösen ab und nahm deshalb niemals eine Hexe in sich auf. Selbst die Frauen, die eine Wasserprobe überlebten, hatten also kein Glück. Ihre Schuld galt als erwiesen und der Scheiterhaufen war ihnen sicher.
„Ich will bei ihr sein“, sagte Hanna tonlos. „Ob ich ihr helfen kann oder nicht. Ich will einfach bei ihr sein.“
Eine einsame Träne rollte ihre Wange hinab. Regungslos verfolgte Gerald, wie Hanna sie fortwischte. Dann nickte er, als habe er soeben eine wichtige Entscheidung getroffen.
„Ich stehe in deiner Schuld, junge Heilerin. Nun wirst du erfahren, wie großmütig Gerald der Schwarze sein kann.“
Feierlich hob er die Hand.
„Geh zu deiner Mutter und nimm deine Gefährten mit dir. Ich schenke euch das Leben, so wie du mir das meine geschenkt hast. Ihr seid frei.“
Der Alte hob entrüstet die Augenbrauen. Er öffnete den Mund, und Zacharias fürchtete schon, er wolle protestieren. Doch dann brummelte er nur unverständliches Zeug vor sich hin.
„Ich danke Euch …“, begann der Professor, aber Gerald unterbrach ihn mit einem müden Wink.
„Bedank dich nicht bei mir, sondern bei diesem Mädchen hier. Ihre Heilkunst hat euch gerettet. Wenn ihr wollt, könnt ihr heute Nacht bei uns bleiben. Morgen wird euch Willem nach Sonningen bringen.“
Er verzog die Lippen zu einem schwachen Lächeln. „Er wird euch Geleitschutz geben. Es leben noch mehr von unserem Schlag in den Wäldern. Zu schade, wenn ihr denen in die Hände fallen würdet. Und jetzt lasst mich allein. Ich muss mich ausruhen.“
Gebückt verließen sie das Erdloch durch den niedrigen Eingang und kletterten die rutschigen Stufen hinauf.
Es war dunkel geworden. Die Bewohner der Lichtung hatten das Feuer neu entfacht. Das nasse Holz knisterte und der dunkle Rauch trug die Funken hoch in die Wipfel der Tannen. Schwatzend und lachend saßen Männer, Frauen und Kinder im Kreis um die Feuerstelle.
An einem eisernen Spieß hing ein Wildschwein über den Flammen und der Geruch nach gebratenem Fleisch erinnerte Zacharias schmerzlich daran, dass er seit dem Morgen nichts mehr gegessen hatte. Zwei Männer drehten mit vereinten Kräften den Spieß gleichmäßig über dem Feuer. Fett tropfte zischend in die Glut und ließ kleine gelbe Feuerzungen empor lecken.
Der Alte winkte, sich dazu zu setzen und der Kreis rückte zusammen. Es tat gut, die Hitze des Feuers zu spüren, und Zacharias seuf zte wohlig, als er die Beine von sich streckte. Einer der Männer schnitt ihm mit dem Dolch ein Stück aus dem Schweinerücken. Fast hätte Zacharias sich den Mund an dem
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