Die Zeitreisen des Zacharias Jones (Flucht aus dem Mittelalter) (German Edition)
einen Krug mit Wasser. Plötzlich spürte sie, wie durstig sie war. Dankbar nahm sie einen tiefen Zug und gab den Krug zurück. Verlegen trat der Mann von einem Fuß auf den anderen.
„Mich schmerzt schon seit Monaten immer wieder der Magen. Es fühlt sich an, als ob ich glühende Kohlen verschluckt hätte. Das Brennen steigt mir den Schlund hinauf wie ein Messer, das mir von innen in die Kehle schneidet. Ob du wohl ein Mittel weißt, das mir Linderung verschafft?“
Hanna überlegte kurz. „Wenn du etwas Kaltes trinkst, wärme es in deinem Mund, bevor du es hinunter schluckst. Und das Brot, das du isst, solltest du zuvor über dem Feuer rösten. Feuchtes Brot ist nicht gut für dich. An welcher Stelle schmerzt es dich am meisten?“
Der Mann zeigte auf die Stelle zwischen den Rippenbögen oberhalb des Bauchnabels.
Hanna nickte. „Ich bin sicher, dass es dein Magen ist, der dich peinigt. Bereite dir jeden Tag einen Trunk aus kochendem Wasser, das du über Kamillenblüten und Salbeiblätter gießt. Das wird dir helfen.“
Es war, als hätten alle anderen nur darauf gewartet, dass sie mit dem Mann fertig war. Kaum hatte sie sich von ihm abgewandt, wurde sie von allen Seiten mit Fragen bestürmt.
„Ich habe einen Husten, den ich nicht loswerde. Es sprengt mir fast die Lungen, wenn er mich beutelt. Frühmorgens ist der Auswurf am stärksten. Gibt es etwas, das ich dagegen tun kann?“
„Mein Kind kratzt sich alle Glieder blutig. Der Juckreiz quält es ganz besonders in der Nacht und an Schlaf ist nicht zu denken. Mein Weib verzweifelt fast daran. Weißt du einen Rat?“
„Mir fließt die Notdurft nur so aus dem Leib und in meinem Gedärm rumort es, als ob junge Hunde darin toben. Kannst du mir ein Mittel nennen, das sie vertreibt?“
Jeder wollte der Erste sein, der von ihr behandelt wurde und schnell schwirrte ihr der Kopf von all den Krankheitsgeschichten, die in ihre Ohren prasselten.
„Ich verspreche euch, ich werde jedem von euch helfen, wenn ich kann! Doch ihr müsst Geduld haben. Einer nach dem anderen, sonst geht es nicht.“
Das wilde Durcheinanderrufen verstummte. Man einigte sich über die Reihenfolge, die einzuhalten war und dann verbrachte Hanna den Rest des Tages damit, Gebrechen zu behandeln, sich Wunden anzusehen, Ratschläge zu erteilen und Zuspruch zu geben. Sie empfahl Kiefernöl gegen Erkältungen, geschnittenes Moos, mit heißem Wasser übergossen, gegen Halsschmerzen, Fenchel gegen Würmer und gegen Brandwunden eine Zubereitung aus Eigelb, Fett und Wacholder.
Es dämmerte bereits, als endlich alle zufrieden waren. Erschöpft setzte sie sich zu Zacharias und Meister Freisius. Die beiden hatten sich die Zeit damit vertrieben, Kieselsteine nach Stöcken zu werfen, die sie in den Waldboden gesteckt hatten.
„Was wollen wir jetzt machen?“, fragte Zacharias.
„Eins steht fest“, sagte Meister Freisius, „unsere Heilerin hier hat gute Arbeit geleistet. Vielleicht haben wir Glück und die Bande lässt uns zum Dank frei.“
„Da bin ich mir nicht so sicher“, zweifelte Zacharias. „Was sollte sie davon abhalten, uns trotzdem auszurauben und verschwinden zu lassen? Ich glaube nicht, dass wir uns auf ihre Dankbarkeit verlassen können.“
Hanna seufzte müde und ließ den Kopf hängen.
„Ich weiß es auch nicht. Es bleibt uns nichts anderes übrig, als einfach abzuwarten.“
Ihre Unterhaltung verstummte, als der Alte humpelnd näher kam und vor ihnen stehen blieb. Ausgiebig zog er die Nase hoch. Hanna schien es, dass er sie dabei etwas freundlicher musterte, als es bislang der Fall gewesen war. Sie hatte ihm empfohlen, seine nächtlichen Husten krämpfe mit Thymiankraut zu bekämpfen. Vielleicht war das der Grund, aber vielleicht bildete sie es sich auch nur ein, weil sie sich so sehr einen Hoffnungsschimmer wünschte.
„Gerald will euch sehen. Euch alle.“ Der Alte deutete mit seiner Krücke in die Runde.
„Er hat geschlafen und ist gerade aufgewacht. Ich soll euch zu ihm bringen, hä.“
Er klingt nicht weniger grimmig als zuvor, dachte Hanna ernüchtert. Ihr Magen zog sich zusammen und ihr war, als ob sich eine Faust um ihren Brustkorb schloss. Die Entscheidung stand bevor. War ihr Tod bereits beschlossene Sache?
Das Geschenk
Ächzend stieg der Alte die lehmigen, in den Waldboden geschaufelten Stufen hinab. In dem niedrigen Eingang bückte er sich unter den Ästen, die das Erdloch abdeckten. Zacharias und Hanna folgten ihm, dahinter der Professor, vorsichtig darauf
Weitere Kostenlose Bücher