Die Zeitreisen des Zacharias Jones (Flucht aus dem Mittelalter) (German Edition)
Schon gut.“ Der Graf legte eine Hand auf den Oberarm des Burgvogts. „Bevor wir sie abschneiden lassen, wollen wir hören, was uns diese Zunge mitzuteilen hat.“
Er winkte Herlinde zu. „Sprich, Weib. Schildere uns deine Sicht der Dinge.“
„Ich bin keine Hexe, sondern eine Heilerin! Meine Fertigkeit ist es, den Menschen beizustehen und ihnen ihre Gesundheit zurückzugeben, soweit es in meiner Macht steht. Noch niemals habe ich jemandem, der meinen Rat begehrte, willentlich geschadet.“
„Das wird bisher noch jede Hexe gesagt haben, wenn sie vor ihrem Richter stand“, lächelte der Graf freundlich. Doch Zacharias sah, dass seine Augen nicht mitlächelten.
„Aber es ist die Wahrheit! Ich bin eine Heilerin wie meine Mutter es war und deren Mutter davor! Ich kenne die Kräfte der Pflanzen und weiß viele Krankheiten mit ihrer Hilfe zu heilen.“
„Nun“, sagte der Graf bedächtig. „Zunächst einmal bestreitet ja niemand, dass du möglicherweise tatsächlich über diese Fähigkeiten verfügst. Wer sie dir gegeben hat, ob andere Hexen oder gar der Teufel selbst oder ob du sie ehrlich durch entsprechende Unterrichtung und Erfahrung erworben hast, wird das Gericht festzustellen haben. Zunächst aber wollen wir prüfen, wie du es bei der Frau des Mark tvorstehers gehalten und ob du sie mit einem Schadzauber in ihr Verderben geführt hast. Also erkläre dem Gericht deine dort vorgenommenen Handlungen und wie es dazu kam.“
Herlinde holte tief Luft. „An jenem Morgen suchte mich ein berittener Bote in meinem Dorf auf. Er sagte, das Weib des Marktvorst ehers liege in den Wehen und das Kind könne nicht heraus. Zuerst wollte ich nicht mitkommen, da ich fürchtete, mit meiner Kunst in dieser Stadt nicht gelitten zu sein, weil es hier genügend Ärzte gibt.“
„Da hast du verdammt recht, Hexe“, schrie es aus dem Publikum. „Du bist hier nicht gelitten!“
„Jawohl!“, rief eine andere Stimme, „lasst sie brennen, die Hexe!“
„Ruhe!“, donnerte der Graf. Augenblicklich war die Menge wieder still.
„Fahr fort mit deinem Bericht, Angeklagte.“
„Als ich zu der Frau kam, war sie fast tot. Der Medicus hatte sie zur Ader gelassen, und das, obwohl sie durch die Wehen schon so viel Blut verloren hatte. Ich habe sie untersucht und gesehen, dass das Kind in ihrem Leib falsch herum lag. Ich habe es gedreht, so wie es geschehen muss, wenn eine Frau nicht im Kindbette sterben soll. Nachdem das Kind endlich geboren war, habe ich ihr noch einen stärkenden Trunk bereitet. Als ich sie verließ, war sie noch schwach, aber ihr und dem Kind ging es wohl. Ich weiß nicht, warum sie gestorben ist.“
Der Schreiber flüsterte dem Grafen etwas ins Ohr. Der nickte. „So lasst uns denn die Zeugen hören.“
Er winkte einen Mann und eine ältere Frau herbei, die sich neben dem Baldachin bereitgehalten hatten. Der Mann hatte einen struppigen, eckig geschnittenen Bart, der wie eine Matte von seinem Kinn herabhing. Das Wams, das er unter seinem Umhang trug, war aus Streifen von rotem und blauem Samt gefertigt. Die Beine steckten in engen, blauen Hosen, von denen Zacharias wusste, dass man sie als Beinlinge bezeichnete. Insgesamt machte die Kleidung des Mannes einen recht kostspieligen Eindruck. Es musste sich um einen woh lhabenden Bürger der Stadt handeln.
Die Frau war sehr viel älter und hatte sich bei dem Mann untergehakt. Ihr Rücken war durch einen Buckel verunstaltet, sodass sie nur gebückt laufen konnte. Auf dem Kopf trug sie eine weiße Haube mit Bändern, die unter dem Kinn zusammengeknotet waren.
Der Graf hob die Hand zum Gruß. „Meister Theodor, mein lieber Marktvorsteher, lasst mich damit beginnen, dass ich Euch noch einmal meinen Schmerz über den schrecklichen Verlust ausdrücke, den Ihr erlitten habt. Erlaubt mir, dass ich mit Euch trauere.“
Kein Wunder, dass der Graf traurig ist, dachte Zacharias spöttisch. Wenn es zutraf, was der Alte im Lager von Gerald dem Schwarzen über die Frau des Marktvorstehers und die falschen Gewichte erzählt hatte, war sie für den Grafen sicherlich einiges wert gewesen.
„Habt Dank, Herr, für Eure mitfühlenden Worte.“ Der Marktvorsteher warf einen hasserfüllten Blick auf Herlinde. „Doch wird mein Dank noch größer sein, wenn die Hexe, die die Schuld an meinem Schicksal trägt, endlich der Gerechtigkeit zugeführt wird.“
Der Graf wies mit dem Kinn auf die Bucklige am Arm des Marktvorstehers. „Ihr habt diese Frau mitgebracht? Wer ist
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