Die Zeitreisen des Zacharias Jones (Flucht aus dem Mittelalter) (German Edition)
sie?“
„Das ist meine Mutter. So wie es Brauch ist, war ich selbst bei der Geburt nicht zugegen. Doch meine Mutter hat meinem dahingeschiedenen Weibe beigestanden und kann berichten, was geschehen ist.“
„Gut“, entschied der Graf. „So soll es sein. Nennt Euren Namen und sagt, was Ihr zu sagen habt, Frau!“
„Ich werde Karla geheißen, Herr.“
Nervös rang die alte Frau ihre knotigen Hände.
„Die Mutter meiner Schwiegertochter ist schon lange tot, und so bat mich mein Sohn, seinem Weibe bei der Geburt beizustehen. Natürlich willigte ich ein, brachte saubere Wäsche, Öl für das Neugeborene, heißes Wasser, sogar ein wollenes Leibchen hatte ich schon gestrickt und …“
„Ja, ja, schon gut“, unterbrach sie der Graf. „Kommt zur Sache. Was habt Ihr bei dieser Hex… äh … dieser Heilerin beobachtet?“
Eingeschüchtert fuhr die Frau fort: „Mein Sohn hatte nach ihr geschickt, weil eine Marktfrau ihm von den Künsten der Heilerin berichtet hatte. Der Schwiegertochter ging es nicht wohl. Die Geburt wollte nicht vorangehen, und sie hatte große Schmerzen. Sogar der Medicus war schon da gewesen und hatte sie behandelt. Aber mir schien, dass es nicht besser wurde.“
„Weiter, weiter. Was geschah dann?“
„Es dauerte noch einige Stunden, bis die Heilerin endlich kam. Sie hatte einen Sack bei sich, mit allerlei Salben und Kräutern. Zu Beginn hat sie den Bauch meiner Schwiegertochter mit etwas eingerieben. Ich konnte nicht sehen, was es war. Aber gerochen hat es merkwürdig.“
„Damit ist doch schon alles geklärt“, warf der Marktvorsteher ein. „Wozu soll es schon gut sein, den Bauch einer Frau, die ein Kind gebiert, mit irgendetwas einzureiben?“
„Lasst es gut sein, Meister Theodor“, wies ihn der Graf zu schweigen. „Wir wollen den Bericht Eurer Mutter weiter hören.“
„Nachdem sie ihr den Leib eingerieben hatte, lauschte sie erst mit einem hölzernen Rohr an dem aufgeblähten Bauch. Ich habe sie noch gefragt, was es da wohl zu hören gibt, aber sie hat mich angefahren, ich solle den Mund halten.“
„Zu Recht“, zischte Herlinde sie an. „Es war keine Zeit zu verlieren. Ich konnte mich nicht auch noch mit Euch aufhalten!“
„Jedenfalls“, fuhr die Alte fort, „hat sie dann den Bauch gepresst, gedrückt und geknetet und die Schwiegertochter hat fürchterlich geschrien. Ich war natürlich misstrauisch, denn ich habe schon so ma nche Geburt gesehen, aber so etwas noch nie. Doch was sollte ich machen? Ich habe dann genau gehört, wie sie geflüstert hat. Gewispert hat sie, so leise, dass ich nichts verstehen konnte. Diese Hexe hat meine Schwiegertochter verflucht, ich bin ganz sicher. Nicht lange, nachdem das Kind geboren und die Heilerin fort war, begann sie zu fiebern. Am ganzen Körper hat sie geglüht, dann bekam sie Schüttelfrost, dass ihr die Zähne klapperten. Nur noch wirres Zeug hat sie geredet.“
„Das hört sich nach einer Vergiftung des Blutes an,“ flüsterte Hanna Zacharias zu. „Wahrscheinlich wegen der Verletzungen, die sie durch die Geburt erlitten hat.“
„Noch am selben Abend ist sie gestorben“, beendete die Alte ihre Aussage. „Wir konnten nichts mehr für sie tun.“
„Es war furchtbar“, fügte der Marktvorsteher bitter hinzu. „Mutterlos wird mein Sohn aufwachsen müssen, ohne die Liebe meines Weibes, und nur, weil diese Hexe hier eine weitere Seele für das dunkle Reich ihres Herrn gewinnen wollte. Und ich war so gutgläubig, sie für ihre Dienste noch reich zu belohnen.“
Anklagend hob er die Hand und zeigte auf Herlinde. „Sie kommt aus den Feuern der Hölle und dahin soll sie zurückkehren! Lasst sie verbrennen, Herr!“
Ein zustimmendes Gemurmel erhob sich aus dem Publikum.
„Wir werden sehen. Ich danke Euch für Eure Aussage. Ihr könnt gehen.“ Der Graf entließ den Marktvorsteher und seine Mutter mit einer Handbewegung.
„Wir werden nun den Medicus hören, der des Marktvorstehers Weib behandelt hat!“
Der Mann, der jetzt vor das Gericht trat, war mittleren Alters. Sein grüner Umhang war reich mit Pelz besetzt und seine hochmütigen Gesichtszüge ließen darauf schließen, dass er von sich selbst überaus überzeugt war. Er hatte wohl schon eine ganze Zeit in der Nähe gestanden, war Zacharias aber noch nicht aufgefallen.
„Meister Podeus“, begrüßte ihn der Graf. „Seid willkommen.“
Der Medicus neigte würdevoll das Haupt. „Zu Euren Diensten, Herr.“
„Berichtet von der Sache, so Ihr dabei
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