Die Zeitreisen des Zacharias Jones (Flucht aus dem Mittelalter) (German Edition)
gleich einem Dieb zu behandeln ist. Wie beim Diebstahl ist zu unterscheiden zwischen einem kleinen und einem großen Delikt. In Anbetracht der Euch widerfahrenen maßlosen Enttäuschung bin ich der Meinung, dass die Missetat dieses Subjekts nur mit dem Tode gesühnt werden kann. Er sollte ebenfalls gehängt werden.“
„Wohl gesprochen.“ Der Graf nickte zufrieden. „Ich stimme Euch zu, er ist hart zu bestrafen. Doch will ich Gnade vor Recht ergehen lassen.“
Er sah den Alchemisten an. „Welche Hand benutzt du vorzugsweise für das Mischen deiner famosen Elixiere und Essenzen?“
„Was? ... Ich verstehe nicht ...“
„Was ist daran nicht zu verstehen, du Dummkopf? Bist du Rechtshänder oder Linkshänder?“
„Ich … ich … also … eigentlich nutze ich meine Rechte mehr als die Linke“, stotterte der Mann verwirrt.
„Sehr schön“, sagte der Graf, mehr zu Wilfried von der Gaag als zu dem Angeklagten. „Ich werde ihm die rechte Hand abhauen lassen, damit er sich noch lange an seine Pfuscherei erinnert. Und dann wird er aus der Stadt gejagt und mag diejenigen warnen, die den Grafen von Sonningen in Zukunft betrügen wollen.“
Der Burgvogt neigte seinen Kopf. „Eine weise Entscheidung, Herr. Er bekommt, was er verdient und kann sich dabei noch Eurer besonderen Gnade erfreuen.“
Der Graf winkte einen der Wächter heran. „Es soll geschehen, wie ich sagte. Morgen auf dem Galgenhügel, gleich nachdem der kleine Dieb gehenkt wurde.“
„Oh, mein Gott, bitte nicht, das könnt Ihr doch nicht tun, Herr“, flehte der Alchemist. „Ich muss es nur noch einmal versuchen, dann h abe ich bestimmt Erfolg, ich müsste nur ein wenig mehr Kupfer und Blei nehmen als beim letzten Mal und dann …“
„Genug“, schnitt ihm der Graf das Wort ab. „Bringt ihn weg!“
Ein wirklich ereignisreicher Tag
„Zuletzt haben wir noch die Hexe, Herr“, wandte sich der Gerichtsschreiber an den Grafen.
„Wir wissen noch nicht, ob sie tatsächlich eine Hexe ist“, wies ihn einer der Ratsherren zurecht. „Dies herauszufinden, ist unsere Aufgabe.“
„Aber sie wurde von dem Marktvorsteher wegen Hexerei angezeigt!“ Ungeduldig trommelte der Graf mit den Fingern auf dem Tisch. „Der Marktvorsteher ist ein Mann von Ehre. Es liegt auf der Hand, dass er eine solche Anschuldigung nicht ohne Grund aussprechen würde.“
Zacharias spürte wieder Hannas Hand an seinem Arm und er drückte sie kurz, um ihr Mut zu machen.
„Bringt sie nach vorn“, befahl der Graf den bereitstehenden Wachen.
Ein aufgeregtes Tuscheln ging durch die Zuschauer, als Herlinde vor den Baldachin geführt wurde. Anders als die bereits abgeurteilten Gefangenen hielt sie den Kopf mit den kurzgeschorenen Haaren stolz erhoben.
Der Graf musterte sie neugierig. „Schreiber, verlest die Anklage!“
Wieder erhob sich der Gerichtsschreiber und öffnete eine weitere Schriftrolle. „Herlinde, genannt die Heilerin, im dreiunddreißigsten Jahr stehend, nicht Bürgerin dieser Stadt, doch der Grafschaft Sonningen durch Geburt zugehörig und damit unserem Grafen untertan, wird angeklagt, sich bei dem Eheweib des Marktvorstehers eing eschlichen und die Frau in ihrer Gebärstube so verhext zu haben, dass sie dortselbst nicht lange nach der Geburt des Kindes vom Leben zum Tode kam. Die Anklage lautet somit auf Schadzauber im Namen und mit Hilfe des Teufels!“
Der Graf stützte seinen Kopf auf die zusammengefalteten Hände und sah Herlinde durchdringend an. „Eine Hexe also. Wie mir zu Ohren kam, hat die ehrbare Christenheit im Reich der Franken und auch in Italien schon viele Dienerinnen des Satans zur Strecke gebracht. Es heißt, sie ernähren sich von dem Blut ermordeter Kinder, reiten auf Besen durch die Nacht und lästern Gott den Herrn. Doch wusste ich nicht, dass das Böse nun auch bis zu uns vorgedrungen ist.“
Er richtete sich zu seiner vollen Größe auf. „Es handelt sich um eine schwere Anschuldigung, Weib. Was hast du zu deiner Verteidigung vorzubringen?“
„Was ich vorzubringen habe? Das fragt Ihr noch?“, brach es so laut aus Herlinde heraus, dass ihre Stimme noch im letzten Winkel des Marktplatzes zu hören sein musste.
„Ich habe vorzubringen, dass ich noch niemals einen solch närrischen Unsinn gehört habe, wie das, was Euer einfältiger Schreiber soeben von sich gegeben hat!“
„Mäßige deine Zunge, Frau!“, fuhr Wilfried von der Gaag sie an. „Sie könnte dir sonst abgeschnitten werden!“
„Schon gut, mein Freund.
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