Die Zeitreisen des Zacharias Jones (Flucht aus dem Mittelalter) (German Edition)
düsteren Gang gebracht worden, durch den sie gekommen waren. Die finstere Stille lag über ihnen wie ein dickes Kissen, durchbr ochen nur von dem Geräusch des Wassers, das sich irgendwo an der Decke ihres Gefängnisses sammelte, um mit aufreizender Regelmäßigkeit in eine Pfütze zu tropfen.
Gerade wollte sich Zacharias erkundigen, ob mit Hanna alles in Ordnung war, da vernahm er ein deutliches Rascheln. Gleichzeitig krat zte etwas über den Stein. Er schreckte hoch, aber bis auf das stete, leise Plitschplatsch der Wassertropfen war es schon wieder still. Angestrengt lauschte er in die fast vollkommene Dunkelheit.
„Was ... was war das? Hast du das auch gehört?“ Hannas Stimme zitterte kaum merklich, aber Zacharias spürte ihre Angst.
„Ja, ich habe es auch gehört. Keine Ahnung, was das war.“
Die Kette scheuerte an Zacharias Handgelenken, als er sich aufrichtete, um besser in die Richtung sehen zu können, aus der das G eräusch gekommen war. Ein Haufen aus Lumpen oder Stroh schien dort an der Wand zu liegen. Wieder das Rascheln, jetzt deutlicher. Zacharias schluckte. Kein Zweifel, sie waren nicht allein.
„Zacharias“, flüsterte Hanna. „Da hinten ist etwas!“
„Ja“, gab Zacharias ebenso leise zurück.
Gebückt stand er auf, um wenigstens zutreten zu können, wenn es sein musste. Dann nahm er allen Mut zusammen. „Hallo? Ist da jemand?“
Keine Antwort. Plötzlich ein Trappeln und wieder Geraschel, viel lauter jetzt, gefolgt von einem bösen Zischen und einem spitzen, hellen Quieken.
Hanna keuchte. „Oh nein, das sind Ratten!“
Zacharias spähte angestrengt in das Dunkel und dann sah er sie, nicht die pelzigen Körper, aber ihre Augen, mindestens sechs oder sieben kleine Augenpaare, die in der Dunkelheit des Raumes glühten wie winzige rote Lampions.
„Die Viecher haben bestimmt mehr Angst vor uns als wir vor ihnen.“ Er hoffte, dass er sich furchtloser anhörte, als er sich fühlte. Laut rasselte er mit seinen Ketten. In der Ecke wuselte es hastig durcheina nder und die glühenden Lichter verschwanden, als hätte sie jemand ausgeknipst.
„Siehst du. Sie werden uns schon nichts tun“, sagte er erleichtert, obwohl er davon nicht wirklich überzeugt war. Hungrige Ratten waren schlau und er wusste nicht, was geschehen würde, wenn sie erst gelernt hatten, dass das Kettenrasseln keine wirkliche Gefahr für sie bedeutete.
Er hockte sich wieder hin und lehnte sich mit dem Rücken gegen die Kerkerwand. Noch nie in seinem Leben hatte er sich so elend gefühlt. Was, wenn der Graf sie wochen- oder gar monatelang in diesem Loch festhielt? Der Professor hatte zu Recht vor der Reise nach Sonningen gewarnt.
Verzweifelt ließ er die Stirne auf die Knie sinken. Jetzt hatte der Burgvogt also doch noch gewonnen. Dieser feige Verbrecher! Der Kerl war schuld, wenn er seine Eltern und Zinchen nie wieder sah. Das konnte doch alles nicht wahr sein! Plötzlich spürte er keine Niede rgeschlagenheit mehr, sondern nur noch Wut. Nein, auf keinen Fall würde er jetzt aufgeben. Noch war er am Leben und solange er lebte, gab es auch eine Chance, wieder nach Hause zu kommen!
Neben sich hörte er Hanna leise schluchzen. Er überlegte, wie er sie ablenken konnte.
„Erzähl mir etwas von deinem Vater“, bat er, einer jähen Eingebung folgend.
„Von meinem Vater?“ Hanna klang überrascht. „Warum willst du etwas über meinen Vater wissen?“
Erfreut stellte er fest, dass Hanna aufgehört hatte, zu weinen. „Ganz einfach. Jeder Mensch hat einen Vater und deinen habe ich noch nie gesehen.“
„Du wirst ihn auch nie kennenlernen.“ Hanna zögerte einen Moment, als müsste sie sich erst dazu durchringen, weiter zu sprechen. „Es ist im vorletzten Winter passiert. Unsere Vorräte gingen zu Ende, wir hungerten und mein Vater wollte ein Wildschwein erlegen. Du musst wissen, dass die Wälder um Sonningen dem Grafen gehören und dem Volk die Jagd verboten ist.“
Zacharias ahnte, was jetzt kam und auf einmal war er sich nicht mehr sicher, ob er die Geschichte zu Ende hören wollte. Doch jetzt gab es kein Zurück mehr.
„Die Reiter des Grafen haben ihn erwischt. Sie haben ihn an ein Pferd gebunden und durch den Wald bis in unser Dorf geschleift. So wird es allen Wilderen gehen, haben sie gesagt, als sie ihn zerschlagen und zerschunden am Brunnen zurückließen. Meine Mutter hat für ihn getan, was sie konnte, aber er ist noch am selben Tag gesto rben.“
„War der Burgvogt auch dabei?“
„Nein. Aber
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