Die Zeitstraße
Theorie, in der Ohl Pommeroy sein Schicksal gespiegelt sah. Der Trunk, den ihm die Chamäleoniden eingeflößt hatten, war ohne Zweifel dazu bestimmt gewesen, ihn zu töten. Sein Metabolismus war jedoch ein anderer als der der Grünhäutigen. Anstatt ihn zu töten, hatte der Giftstoff einen Zeitlerschen Effekt hervorgerufen und sein Bewußtsein einen Sprung in einen weit entfernten Universalzustand ausführen lassen. Nach diesem Sprung, der Ohl Pommeroy zurück an Bord der SUMMER QUEEN versetzte, war das normale Zeitempfinden wieder eingetreten. Die Serie der Universalzustände, die Pommeroy jetzt durchlief, war jedoch von der, die er zuvor durchlaufen hatte, grundsätzlich verschieden. Jetzt wußte er, daß es auf dem Planeten Suzette eingeborene Intelligenzen gab und daß auf die Besatzung des Forschungsraumschiffs dort Gefahren lauerten. Daher war es zu seinem Zusammenstoß mit Semmering Fauchet gekommen, den es in der früheren Sequenz von Universalzuständen nicht gegeben hatte, weil er damals noch nichts von der Existenz der Chamäleoniden wußte.
So also, schloß Ohl Pommeroy, war es gewesen. Er litt nicht an geistiger Verwirrung, er war im Gegenteil der lebende Beweis für die Richtigkeit der Zeitlerschen Theorie. Die Feststellung beruhigte ihn. Er begann, das Experiment, dessen Objekt er war, mit sachlichem, wissenschaftlichem Interesse zu beobachten. Er fragte sich, wie es weitergehen werde. Die Ereignisse nahmen in dieser Sequenz von Universalzuständen eindeutig einen anderen Verlauf als in der vorherigen. Zuvor war er ein freier Mann und Leiter einer der beiden Expeditionen gewesen, die nach der Landung auf Suzette von Bord der SUMMER QUEEN gingen. Jetzt jedoch war er ein Gefangener, und er war sicher, daß Fauchet sich nicht bereit zeigen würde, ihn in naher Zukunft aus Dr. Burtons Obhut zu entlassen. Die Ereignisse konnten also gar nicht umhin, sich gänzlich anders zu entwickeln als zuvor.
Allerdings hatte, wie sich bald herausstellte, Ohl Pommeroy bei seinen Überlegungen einen wichtigen Punkt gänzlich übersehen. In ihm war immer noch ein beträchtlicher Überrest der Droge, die ihm die Chamäleoniden eingeflößt hatten. Erst ein kleiner Teil des Wirkstoffes hatte sich umgesetzt und Pommeroys Bewußtsein zu dem Sprung in einen weit entfernten Universalzustand veranlaßt. Der Rest des Trunks wartete noch auf den Augenblick, in dem er wirksam werden konnte, und einer der möglichen Augenblicke kam, als Ohl Pommeroy, vom angestrengten Nachdenken ermüdet, schließlich einschlief.
Bohrende Unruhe weckte ihn aus dem Schlaf. Er öffnete die Augen und blinzelte in das kleine, blaue Licht über dem Schott. Er sah nichts Auffälliges. Er horchte, aber es war kein Laut zu hören außer dem leisen, stetigen Raunen der Klimaanlage. Die Unruhe blieb trotzdem.
Plötzlich fuhr Pommeroy kerzengerade von seiner Koje auf. Über dem Schott der Zelle, in der Burton ihn untergebracht hatte, gab es kein blaues Licht! Die Hand tastete nach dem Lichtschalter, fand ihn. Grelle Beleuchtung flammte auf. Aus halb zusammengekniffenen Augen musterte Pommeroy seine Umgebung. Sie war ihm bekannt. Er befand sich in seiner eigenen Kabine.
Das Chronometer in der Wand zeigte das Datum (nach irdischer Zeitrechnung) und die Stunde (Lokalzeit). Seit der Landung der SUMMER QUEEN waren zwei Standardtage vergangen. Die Uhr stand auf kurz nach Mitternacht. Stöhnend nahm Ohl Pommeroy zur Kenntnis, daß ihm der Trank der Chamäleoniden einen weiteren Streich gespielt hatte. Sein Bewußtsein hatte abermals einen Sprung in einen weit entfernten Universalzustand gemacht. In dieser Zustandssequenz war er offenbar nicht Gefangener, sondern sein eigener Herr. Er mußte herausfinden, wie sich die Lage sonst noch geändert hatte.
Er nahm eine kalte Dusche, um die Benommenheit zu vertreiben, die ihn befallen hatte. Er kleidete sich an und glitt durch den kurzen Stummel des Degravschachts hinauf zur Ebene des Kommandostands. Das Raumschiff lag in tiefer Stille. Auf den Gängen war auf Nachtbeleuchtung geschaltet worden. Die Sicherheit der SUMMER QUEEN wurde von elektronischem Gerät verwaltet, während die Mannschaft der Ruhe pflegte. Es war jedoch die Regel, daß im Kommandostand zu jeder Zeit mindestens ein Offizier zu finden sein müsse. Pommeroy öffnete das Schott und erkannte Semmering Fauchet, der sich in seinem Sessel herumgedreht hatte und ihn erstaunt musterte.
»Keine Ruhe gefunden, wie?« spottete er.
»Ich leide in letzter
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