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Die Zeitung - Ein Nachruf

Die Zeitung - Ein Nachruf

Titel: Die Zeitung - Ein Nachruf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Fleischhacker
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zu kritisieren, endgültig Fuß. Sehr bald wurde er auch in die amerikanischen Kolonien exportiert. Am 25. September 1690 wurde in Boston
Publick Occurrences, Both FOREIGN and DOMESTICK
gedruckt. Die erste Geschichte in der ersten gedruckten Zeitung Amerikas hätte passender wohl nicht sein können: „The Christianized Indians in some parts of Plimouth, have newly appointed a day of thanks-giving to God for his Mercy“. Die erste Ausgabe der
Publick Occurrences
war auch schon die letzte, denn ihr Herausgeber, Benjamin Harris, war ein übel beleumundeter Mann. Er hatte sich bereits in England als Herausgeber von Sensationsprodukten versucht, war ins Gefängnis geworfen und dann zur Flucht nach Amerika gezwungen worden, wo er in der ersten Ausgabe seiner Zeitung auch eine spekulativ-explosive Geschichte über ein angebliches katholisches Komplott gegen England publizierte. Die Behörden von Massachusetts drückten ihr „high resentment and disallowance“ aus – und damit war Harris’ Übersee-Verlegerkarriere schon wieder zu Ende.

    Die erste Zeitung auf amerikanischem Boden erschien genau ein Mal.
    Der nächste Versuch einer gedruckten amerikanischen Zeitung geriet nach europäischer Tradition: Der
Boston News-Letter
wurde 1704 zum ersten Mal gedruckt, hatte aber bereits zuvor als handschriftliches Produkt existiert. Herausgeber war der Postmeister der Stadt, John Campbell. Er verlor 1719 sein Amt, weigerte sich aber, die Zeitung aufzugeben, woraufhin sein Nachfolger als Postmeister, William Brooker, seine eigene Zeitung herausgab. Die
Boston Gazette
erschien erstmals am 21. Dezember 1719. Schon einen Tag später kam in Philadelphia die dritte erfolgreiche Zeitung Amerikas auf den Markt: der
American Weekly Mercury
.
    Der Wandel von der rein chronologisch berichtenden Zeitung zum „Kreuzzugs-Journalismus“, von der Angst vor der Zensur zum politischen Kampf, ging in den Kolonien noch schneller vor sich als im englischen Mutterland, das wiederum den Gründungsmärkten im alten Reich und in den Niederlanden weit voraus gewesen war. Der Erste, der einen journalistischen Kreuzzug auf amerikanischem Boden initiierte, war James Franklin, der Herausgeber der dritten Zeitung in Boston, des 1721 erstmals erscheinenden
New England Courant
. Gegenstand seiner Kampagne war die Impfung, die man in jenem Jahr in Boston erstmals zur Bekämpfung der grassierenden Pockenepidemie zum Einsatz gebracht hatte. Franklin bekämpfte die Impfkampagne, Cotton Mather, einer der mächtigsten Männer der Stadt, befürwortete sie. Bereits ein Jahr später nahm sich Franklin die Kolonialverwaltung vor, die er beschuldigte, zu wenig gegen die Piraten zu unternehmen, die die Gegend unsicher machten. Der Herausgeber des
New England Courant
landete dafür im Gefängnis.
    Später wurde James Franklin gerichtlich verboten, den
New-England Courant
zu drucken oder herauszugeben, also machte er offiziell seinen minderjährigen Bruder Benjamin zum Herausgeber, der sein Mündel war. Benjamin nutzte seine Chance, der Vormundschaft zu entkommen, er setzte sich, nachdem er sich mit seinem Bruder überworfen hatte, zunächst nach New York und dann nach Philadelphia ab. Nach einem unerfreulichen Aufenthalt in London übernahm er 1729 die
Pennsylvania Gazette
und machte sie zu einer der besten Zeitungen in den Kolonien. Es war der Beginn einer ziemlich eindrucksvollen Karriere: Benjamin Franklin gehörte zu den Gründervätern der Vereinigten Staaten, er war einer der Mitautoren der Unabhängigkeitserklärung und vertrat sein Land in Frankreich, wo er an jenem „Frieden von Paris“ mitwirkte, der den Unabhängigkeitskrieg beendete. 15

    Zeitungspionier und Gründervater der Vereinigten Staaten: Benjamin Franklin (1706–1790).
Zeitungen im Kampf um die Unabhängigkeit
    Franklins Lebensspanne umfasste fast das gesamte 18. Jahrhundert, seine Biografie ist auf das Engste mit der amerikanischen Unabhängigkeitsbewegung verbunden. Er selbst verstand sich, obwohl er sich bereits in der Mitte seiner Jahre aus dem Geschäftsleben zurückgezogen hatte, zeitlebens als Drucker. Und so ist in der Person Franklins auch die Rolle eingeschrieben, die Zeitungen auf dem Weg zur amerikanischen Unabhängigkeit spielten. Es steht in der Forschung außer Frage, dass sie ohne deren aktive Rolle keinesfalls so früh hätte errungen werden können.
    1727 erschien die
Maryland Gazette
in Annapolis, 1736 die
Virginia Gazette
in Williamsburg, 1765 hatte außer Delaware und New

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