Die Zeitwanderer
Anderswelt korrespondieren, die mit diesem bestimmten Ley verbunden ist.«
»Wenn Ihr das so seht«, erwiderte Lady Fayth unsicher.
»Also, nehmen wir einmal an, dass der Meilenstein, an dem wir gerade vorbeigekommen sind, mit dem sechzehnten Jahrhundert in der Anderswelt korrespondiert; dann würde der nächste dem siebzehnten Jahrhundert zugeordnet sein und so weiter und sofort«, erzählte Kit und fuchtelte mit dem Buch in seiner Hand. »Abhängig davon, wo der Sprung ausgeführt wird, landet man in unterschiedlichen Zeiten jener Welt, in die man hineinspringt. Unglaublich!«
»Für mich klingt das unnötig kompliziert«, erklärte Lady Fayth in blasiertem Tonfall.
»Vielleicht«, räumte Kit ein. »Jedenfalls bedeutet dies, dass wir bei unseren Berechnungen sehr viel präziser sein müssen, um überhaupt irgendeine Hoffnung zu haben, dort zu landen, wo wir hinwollen.« Er blätterte ein paar weitere Seiten in dem Buch um. »Präzision - das ist der Schlüssel. Und deshalb brauchen wir die Meisterkarte.«
Lady Fayth kräuselte die Lippen: Ihr perfekter Mund formte sich zu einem perfekten Ausdruck der Verwirrung.
»Schaut Euch das an«, sagte Kit und lehnte sich in seinem Eifer zu ihr herüber. Er deutete auf eines der seltsamen Zeichen, die Sir Henry in sein Buch kopiert hatte: ein merkwürdiger halbrunder Wirbel, der von zwei fast parallelen Linien durchkreuzt wurde, von denen eine an ihrem Ende einen Widerhaken ausbildete, ähnlich denen, die beim Angeln benutzt wurden; zudem säumte eine Reihe winziger Punkte die Außenkante des Wirbels.
»Das ist eines der Symbole auf der Karte.« Er beugte sich noch näher zu Lady Fayth und hielt ihr das Buch hin. »Sir Henry deutet an, dass dieses kleine Symbol nicht nur anzeigt, wo ein bestimmter Ley zu finden ist, sondern auch, wohin dieser Ley führt und an welchen Orten sich die Meilensteine entlang der Linie befinden, die helfen, sich durch die Zeit zu lotsen.« Er strahlte vor Freude über diese Enthüllung und spürte die instinktive Erregung, die mit der Nähe des warmen Fleisches von Lady Fayth einherging. »Das muss man ihm lassen - dem alten Flinders-Petrie: Er hat an alles gedacht.«
Sie nahm diese Bewertung recht kühl auf. »Diese winzigen Pünktchen sollen all das zum Ausdruck bringen?«
»Offensichtlich«, erwiderte Kit. »Natürlich muss man wissen, wie die Symbole zu entziffern sind. Das ist die Hauptschwierigkeit: Sie sind in einer Art von Kurzschrift geschrieben -«
»Wie bitte? In einer Kurzschrift, habt Ihr gesagt? Was soll denn jetzt die Kürze einer Schrift mit der ganzen Angelegenheit zu tun haben?«
»Ach so ... ja.« Kit sammelte seine Gedanken neu und begann noch einmal mit seinen Ausführungen. »Ich meine ... einen Code. Sie sind in einem Code verfasst worden - oder in einer geheimen Symbolsprache. Man muss den Schlüssel besitzen, um das Geheimnis der Symbole aufzudecken.«
Lady Fayth nickte in Richtung des Buches. »Und ist dieser Schlüssel, von dem Ihr sprecht, irgendwo auf Sir Henrys Seiten zu finden?«
»Das weiß ich nicht. Wir haben bislang noch nicht das ganze Werk gelesen.« Er blickte auf das Buch in seiner Hand. »Vielleicht. Ich hoffe es. Es würde die Dinge sehr viel einfacher machen, wenn es so wäre.«
Und so wandten sich beide dem Abschnitt zu, in dem jene Portale in die Anderswelt beschrieben wurden, die Sir Henry Ley-Drehkreuze nannte - und von denen der Black Mixen Tump ein Paradebeispiel war. Nachdem die Inhalte aus der umständlichen Sprache des adeligen Wissenschaftlers abgeleitet und destilliert worden waren, fand Kit schließlich heraus, dass zu gewissen Zeiten - in Übereinstimmung mit, wie Sir Henry glaubte, bestimmten Mondphasen oder Sonnenkonstellationen oder vielleicht beiden - die Portale offen stehen und den Ley-Reisenden gestatten würden, die Schwelle zu einer anderen Welt zu passieren. Im Unterschied zu einer Ley-Linie, die sowohl eine bestimmte Fortbewegung als auch eine richtige Zeiteinteilung und andere Handhabungen erforderte, war nach Sir Henrys Auffassung für die Benutzung eines Ley-Drehkreuzes nur Folgendes notwendig: Man musste sich bloß zur genau richtigen Zeit auf die genau richtige Stelle begeben - und schon würde der Übertritt in eine andere Welt herbeigeführt. Beim Black Mixen wurde die richtige Stelle von einem Stein angezeigt, den jemand oben auf dem Hügel platziert hatte. Und als richtige Zeit galt die Morgenoder Abenddämmerung an den Tagen, an denen der Mond über dem
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