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Die Zeitwanderer

Die Zeitwanderer

Titel: Die Zeitwanderer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Lawhead
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allerdings blieb steif vor der Steinwand stehen und starrte sie an, als könnte er sie allein durch bloße Willenskraft niederreißen.
    Schon bald war einer der Ziegelblöcke in der Mitte freigelegt. Carter hob seine Hand und rief: »Kata!«, woraufhin die Arbeiter mit dem Hämmern aufhörten.
    Er trat vor und fuhr mit den Händen entlang der Fugen um den Block. Dann drückte er die Finger in die Ritzen und zog, doch der Ziegelstein bewegte sich nicht.
    »Takkadam« , sagte er und schritt wieder zurück, während die Arbeiter das Hämmern fortsetzten. »Wir müssen den Stein zerbrechen, um ihn herauszubekommen«, erklärte Carter. Sein von einem dünnen Schweißfilm bedecktes Gesicht, auf dem ein Ausdruck ungeduldiger Erwartung lag, leuchtete im Schein der Lampen.
    »Wird bestimmt nicht lange dauern«, versicherte Lord Carnarvon den anderen und rieb sich die Hände. »Jeden Augenblick sind wir durch.«
    Mit jedem Hammerschlag wurde die Atmosphäre aufgeladener und die erwartungsvolle Spannung immer intensiver. Das Klirren von Stahl auf Stahl und von Stahl auf Stein erfüllt die Kammer mit hämmerndem Getöse; der Staub in der Luft verdichtete sich immer mehr. Der Block brach unter dem Angriff starker Hammerschläge, und der Riss vergrößerte sich rasch.
    »Kata!«, rief Carter erneut.
    Das Hämmern hörte abrupt auf.
    Howard Carter schritt zum versiegelten Eingang und grub seine Finger in die neu entstandene Spalte. Schließlich zerrte er an dem zerbrochenen Ziegelstein und zog langsam die erste Hälfte heraus. Er warf sie hinter sich weg, und nur Momente später folgte ihr die zweite Hälfte.
    Carter spähte in das Loch hinein.
    »Was sehen Sie?«, fragte Carnarvon.
    »Ich sehe ...«, begann Carter.
    Lord Burleigh spürte, dass sich Evelyn in ihrer Aufregung eng an ihn gelehnt hatte. Sie drückte die Knöchel ihrer rechten Hand gegen die Lippen.
    »Oh, bitte!«, keuchte sie leise.
    »... nichts«, beendete Carter seinen Satz und trat von dem Loch im Eingang zurück. »Ich kann nichts sehen, solange wir kein Licht hineinbringen können.« Er wandte sich zu den Arbeitern und gestikulierte. »Takkadam«, sagte er, und das Hämmern setzte wieder ein.
    Der zweite Stein fiel schneller als der erste, und dann folgten rasch hintereinander der dritte, vierte und fünfte. In der Vorkammer stieg der Staub in Wolken auf und füllte die reglose Luft. Wohin man auch blickte, sah man mit Hals- oder Kopftüchern bedeckte Nasen und Münder.
    »Kata!«, brüllte Carter und nahm sich von einem der Männer die Lampe. Dann schritt er auf die Leere im Eingang zu und stieß die Laterne hindurch. Er zitterte sichtlich, während er sich nach vorne beugte, wobei er sein gespanntes Gesicht gegen das Mauerwerk drückte.
    »Und?«, verlangte Carnarvon zu wissen, der vor Aufregung beinahe hüpfte. »Was denn nun? Sagen Sie es uns! Was sehen Sie?«
    »Gold!«, verkündete Carter. »Ich sehe Gold.«
    Das Wort ließ Burleigh intuitiv am ganzen Körper erschaudern; selbst in seinen Eingeweiden fühlte er
    es.
    Carter, der immer noch am Eingang stand, gab Lord Carnarvon ein Zeichen, zu ihm an die Lücke zu treten. Der Aristokrat zwängte sich neben ihn und drückte sein Gesicht in die Öffnung.
    »Herrlich!«, rief er aus. »Öffnet es! Öffnet es sofort!«
    »O Daddy!«, schrie Lady Evelyn. »Lass mich auch sehen!«
    »Noch einen Moment, Liebes«, erwiderte ihr Vater, »und wir werden alle in der Lage sein, es zu sehen.« Dann befahl er den Arbeitern: »Reißt das Mauerwerk nieder!«
    »Selbstsüchtiges Scheusal«, murmelte Evelyn.
    Burleigh tätschelte ein wenig mitfühlend ihren Arm, obgleich er selbst nicht eine so große Enttäuschung empfand. Er war in höchstem Maße glücklich, ausnahmsweise einmal bei einer Entdeckung an vorderster Front zu stehen - anwesend zu sein, wenn man ein Grab öffnete und wenn die Objekte, die seine Lebensgrundlage darstellten, in die Welt der Menschen und deren Geschäfte zurückgebracht wurden. Tatsächlich schwirrten in seinem durchtriebenen Geist bereits zahlreiche raffinierte Pläne, mit deren Hilfe er sich an dem gewinnbringenden Verkauf der Artefakte zu beteiligen gedachte, die bald zum Vorschein gebracht werden sollten.
    Ein Ziegelstein folgte dem anderen, bis ein ganzer Bereich des versiegelten Eingangs einstürzte. Innerhalb weniger Momente war die Bresche groß genug, um durch sie einzutreten.
    »Hier«, sagte Carter und reichte Laternen herum. Als jedes Mitglied der kleinen Gesellschaft ein Licht hatte,

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