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Die Zeitwanderer

Die Zeitwanderer

Titel: Die Zeitwanderer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Lawhead
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Zweifel.« Mit der Schuhspitze stieß sie leicht gegen das Schienbein ihres Vaters. »Gib es zu, Daddy. Wenn es den Unfall nicht gegeben hätte, wären wir jetzt nicht in Ägypten.«
    »Meine Tochter übertreibt schrecklich«, erklärte der Earl of Carnarvon. »Allerdings finde ich wirklich großen Gefallen an Autorennen - beinahe so viel wie an einer guten Ausgrabung. Zurückblickend war es zum Besten - dass mir der Unfall passiert ist, meine ich. Ägypten hat mich in einer Art und Weise in Bann geschlagen, wie es Autorennen niemals vermocht hätten. Ich gestehe bereitwillig, dass es nach dem Unfall die große Lücke in meinem Leben geschlossen hat. Seit damals habe ich all meine Energie in meine Grabungen gelegt.«
    »Wird Mr Carter etwas dagegen haben, dass ich mitkomme?«, erkundigte sich Burleigh.
    »Ich kann mir nicht vorstellen, warum«, entgegnete Carnarvon. »Ich bezahle alle Rechnungen. Wenn es mir Spaß macht, kann ich daher jeden einladen, der mir gefällt. Sowieso ist Howard Carter ein sehr zugänglicher Bursche. Und extrem sachkundig. Sie werden ihn mögen, sobald sie ihn kennenlernen.«
    »Ich freue mich schon auf die Begegnung«, sagte Burleigh.
    »Sie werden nicht mehr lange warten müssen«, verkündete Carnarvon. »Wir sind fast am Ziel.« Er lehnte sich vor und wies am Fahrer vorbei durch die Windschutzscheibe auf die Hügelspitze, die sich vor ihnen erhob. »Es ist direkt hinter der nächsten Anhöhe. In zwei Minuten sind wir da.«
    Auf dem Gipfel des Hügels bremste der Wagen ab und begann, langsam einen steilen, felsigen Hang hinabzurollen. Dabei bewegte er sich entlang eines nur rudimentär angefertigten Serpentinenwegs, den man für die wenigen Fahrzeuge, die zur Ausgrabungsstätte fuhren, so weit wie nötig geebnet hatte. Den Abstieg setzten sie bis zum Talboden fort und bogen dann in eine enge, steilwandige Schlucht ein, der sie tiefer in die Hügel hinein folgten. Während der Fahrt auf dem welligen Boden strichen die Frontscheinwerfer des Wagens über die Wände des Wadis, das sich zum Schluss zu einer Kreuzung hin öffnete, wo sich zwei andere Schluchten mit der ersten trafen.
    Auch wenn noch eine frühmorgendliche Dunkelheit herrschte, so konnte Burleigh doch ein Lager ausmachen und erkennen, dass es recht behelfsmäßig errichtet worden war. Es bestand aus ein paar primitiven Holzhütten und Verdecken aus Leinwänden und Balken, die man über flachen Erdlöchern aufgestellt hatte. An einer Seite standen außerdem in einer Linie drei Zelte, die so groß wie Häuser waren. Darüber hinaus gab es, rund um das Camp verstreut, mehrere kleinere schwarze Beduinenzelte mit winzigen Lagerfeuern.
    Die Limousine kam holpernd zum Stehen, und die Fahrgäste stiegen aus. Die größeren Zelte waren leer; ihre Bewohner hatten bereits mit der Arbeit begonnen.
    »Carter wird bei der Ausgrabung sein«, rief Carnarvon. »Hier entlang! Folgen Sie mir, aber achten Sie darauf, wohin Sie den Fuß setzen!« Er schritt in der Dunkelheit davon.
    »Nach Ihnen, Mylady«, sagte Burleigh und bot Evelyn seine Hand an.
    »Ich hoffe, wir können das alles noch vor dem Mittag beenden«, vertraute sie ihm an. »Es wird hier draußen so tierisch heiß. Ich schmelze dann förmlich dahin.«
    »Bis heute hätte ich ernsthaft an meinen Verstand gezweifelt, wenn ich im Sommer nach Ägypten gekommen wäre«, bekannte Burleigh und hielt dann kurz inne. »Allerdings ist der Winter nicht viel besser. Ich vermute, es gibt weniger Fliegen.«
    »Ich wage zu behaupten, dass Sie nicht viel von einem Archäologen an sich haben, mein lieber Earl. Sie müssen eine Haut so dick wie die eines Nashorns haben und den Dreck in all seinen herrlichen Formen lieben. Im Unterschied zu Ihnen ist Mr Carter in der Wüste geboren worden - mit Sand in den Adern und der Konstitution eines Kamels. Ich für mein Teil denke, dass die Vergangenheit Ägyptens zwischen acht Uhr und Mitternacht am besten auf der Terrasse eines großen Hotels erforscht werden kann.«
    »Gesprochen wie eine wahre Tochter der Wüste«, witzelte Burleigh.
    Lady Evelyn lachte; ihre Stimme klang tief und voll. »Die Archäologie ist Daddys Leidenschaft, nicht meine. Wenngleich ich an Enthüllungen Gefallen finde - wie heute. Es hat etwas schrecklich Aufregendes an sich, wenn man etwas aufdeckt, das seit zahllosen Jahrhunderten vor der Welt verborgen ist - wenn man die Pracht eines entfernten Zeitalters erblickt, die so lange in der Dunkelheit verschwunden war und nun ans Tageslicht

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