Die Zeitwanderer
war.
»Willkommen, Untertanen«, intonierte er; sein Tonfall klang routinemäßig. »Der Kaiser gebietet seinen geehrten Gästen, ihm aufzuwarten. Er erwartet Euch im Großen Ludwigssaal.« Er vollführte eine kurze, kaum sichtbare Verbeugung. »Ich werde Euch zu ihm geleiten. Wenn Ihr mir folgen mögt?«
Ohne eine Antwort abzuwarten, drehte er sich um und setzte sich in Bewegung, um in den Palast zurückzukehren.
»Mein Herr, wir haben noch Gepäck zu tragen!«, rief Engelbert hinter ihm her.
Ohne stehen zu bleiben, gab der Hofbeamte mit lauter Stimme den Lakaien einen Befehl. Etzel zeigte auf die Kiste in der Kutsche, und der erste der Diener hob sie hoch. Der zweite streckte die Arme aus, um den kleinen Kasten in Engelberts Händen an sich zu nehmen.
Doch der große Mann schüttelte den Kopf. »Diese Kiste hier trage ich selbst.«
Die Gäste und Diener marschierten hintereinander durch die Tür und gelangten in ein weiträumiges Vestibül, das rot und weiß gestrichen war. Der Raum war mit Marmorbüsten von berühmten Männern geschmückt; die meisten von ihnen gehörten dem Hochadel an, und alle waren tot. Sie kamen zu einer weiteren Tür, neben der an jeder Seite ein Soldat Wache hielt. Der kaiserliche Saaldiener - denn ein solcher war ihr Führer - brachte sie rasch durch den Eingang und geleitete sie in die Haupthalle, einen gewaltigen Raum mit gewölbten Decken, von denen nicht weniger als acht vierstöckige Kronleuchter herabhingen. Zu beiden Seiten wurden die Mauern von riesigen Glasfenstern durchbrochen, durch die sich eine wahre Flut von Sonnenlicht in den Raum ergoss. Unterhalb dieser Fenster breitete sich vor den staunenden Betrachtern die ganze Stadt aus: Hauptsächlich sah man Hausdächer, die einen Flickentepich aus verschiedenen Schattierungen der Farben Rot, Grün und Braun bildeten.
Hier wurden die Besucher von einem anderen Hofbeamten in Empfang genommen - vom Audienzmeister, einem mürrischen und eindrucksvollen Mann in einem langen Gewand aus dunkelgrünem Samt. Ohne ein Wort zu sagen, führte er sie weiter durch die Halle, wobei seine Absätze über den polierten, mit Intarsien geschmückten Boden klickten. In der Nähe der großen vergoldeten Türen am anderen Ende des Raums befanden sich Leute, die in einigen wenigen kleinen Gruppen zusammengedrängt herumstanden, und warteten darauf, dass sie hereingerufen wurden.
Der Audienzmeister geleitete Engelbert und Wilhelmina direkt zu den goldenen Portalen, vorbei an den neidischen Blicken derer, die hier ihre Zeit vertrödelten, und dann in einen schier endlosen Korridor, der von Spiegeln gesäumt war. Winzige ovale Fenster ermöglichten es, dass Licht in den gesamten Durchgang einströmen konnte. Sie passierten eine Tür nach der anderen, bis sie vor einer ankamen, die größer war als die anderen und deren Rahmen mit geschnitzten Lorbeerblätter und Efeu verziert war. Hier blieb der Audienzmeister stehen und zog einen kurzen Stab mit Knauf hervor. Damit klopfte er kurz und hart dreimal gegen die Tür und öffnete sie anschließend.
Sie hörten von innen eine gedämpfte Stimme, und dann beorderte der Hofbeamte die Besucher in die Gegenwart des heiligen römischen Kaisers.
Rudolf, der auf einem großen Thron aus Ebenholz und rotem Satin saß, hatte sein Kinn in die Hand gelegt und die Schultern nach vorne gezogen. Er blickte gelangweilt. In seiner Nähe stand ein Mann in einem langen blauen Gewand, der einen merkwürdigen kegelförmigen Hut trug und in den Händen eine Pergamentrolle hielt. Ein paar Schritte zur Seite befanden sich eine große Staffelei und eine Leinwand, hinter der ein Künstler kurz hervoräugte, bevor er wieder vollständig hinter seinem Werk verschwand.
Beim Erscheinen der beiden Inhaber des Kaffeehauses begann der Kaiser zu lächeln, straffte seine Figur und klatschte mit den Händen. »Vortrefflich!«, rief er und gab dem anderen Mann mit einem Wink zu verstehen, beiseitezutreten. »Kommt! Kommt! Wir sind erfreut, Euch endlich zu empfangen.«
»Eure Majestät«, intonierte der Audienzmeister, »ich stelle Euch Engelbert aus Bayern und Wilhelmina aus England vor.«
Die letzten Wörter bewirkten, dass der Mann im blauen Gewand herumfuhr und die junge Frau anstarrte, die gerade einen tiefen, kunstvollen Hofknicks vor dem Kaiser ausführte. Der Mann zog an seinem grauen Bart und beobachtete sie mit Interesse.
Rudolf streckte seinen Untertanen die Hand entgegen und erlaubte ihnen, den kaiserlichen Ring zu küssen.
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