Die Zeitwanderer
Arbeit.«
»Euer Diener würde geehrt sein, Majestät.« Der Künstler legte seine Palette und die Pinsel zur Seite, zog rasch seinen Kittel aus und schloss sich der kleinen Gesellschaft an. Er folgte ihr durch den langen Korridor zu einer Treppe, die hinunter zum nächsten Stockwerk führte. Dann gingen sie einen weiteren, von Spiegeln gesäumten Gang entlang, bis sie an seinem fernen Ende auf eine Zimmerflucht stießen.
»Bitte schön, Eure Majestät, meine Freunde«, sagte Bazalgette und drückte die mit vielen Schnitzereien verzierte Tür auf. »Bitte, tretet ein und fühlt Euch frei, Euch hier zu vergnügen. Wenn Ihr mich entschuldigen wollt, Majestät, ich werde jetzt nach dem Nötigsten sehen.«
Das Zimmer hatte die Größe eines Ballsaals, doch jeder Quadratzentimeter verfügbaren Raums war voll gestellt mit allen möglichen Arten von Ausrüstungen und Gerätschaften: Tische waren voller Gläser, Töpfe und Krüge, alle mit Aufschriften versehen, die den jeweiligen Inhalt angaben; Theken waren gesäumt mit einer beeindruckenden Reihe von bauchigen Dekantiergefäßen, gefüllt mit trüben Flüssigkeiten; es gab Mörser und Stößel, hergestellt aus Porzellan, Glas, Marmor und Granit, in einer ganzen Bandbreite von unterschiedlichen Größen; zahllose Schmelztiegel, Messbecher und Schüsseln aus Blei, Kupfer, Zink und Bronze waren zu sehen; ebenso Töpfer- und Glaswaren in bizarren Formen, Bündel mit Ausgangsstoffen - von getrockneten Kräutern bis hin zu Tierfellen - sowie Eisenwerkzeuge der unterschiedlichsten Art. Und so wie es Mörser und Stößel in Größen gab, die vielleicht ein Riese handlich gefunden hätte, so sah man auch Hämmer und Zangen, die wohl ein Märchenkobold begehren würde. Die Grenzen des Raums wurden an drei Seiten von großen, schwerfälligen Bücherschränken markiert, welche vom Boden bis zur Decke reichten und voller ledergebundener Bände sowie Pergamentrollen waren.
Wilhelmina hatte das Gefühl, als ob sie Aladdins Höhle betreten hätte - nur dass es jetzt keinen Schatz aus Gold und Edelsteinen gab, weil sich die Diebe auf die Gerätschaften von Chemielaboratorien und auf biologische Proben spezialisiert hatten. Wohin man auch blickte, das Auge wurde gefangen von Kuriositäten aus dem Reich der Natur: getrocknete Katzen, ausgestopfte Vögel, ungeborene Schweine in einer Lake, vollständige Eidechsenskelette und prähistorische Insekten in funkelnden Bernsteinstücken aus der Ostsee.
Am anderen Ende des Raums hatte man die ursprüngliche Kochstelle und den Kamin umfangreich verändert, um oben einen großen Herd mit mehreren Öffnungen, darunter zwei Öfen und an einer Seite eine offene Feuerstelle unterzubringen; Letztere schien so etwas wie eine Schmiede zu sein. Neben dem Herd standen zwei Männer, die sein Licht nutzten, um ein Schaubild auf Pergament zu untersuchen. Wilhelmina hatte die Anwesenheit der beiden nicht bemerkt, als sie eingetreten war. Jetzt sah sie sich die Männer genauer an. Der eine war ein großer, muskulöser Mensch mit einem bemerkenswert guten Aussehen und einer majestätischen Körperhaltung, bei dem anderen handelte es sich um den Ersten Unteralchemisten, dem sie im Kaffeehaus begegnet war.
»Ah! Hier seid Ihr!«, rief Bazalgette und eilte auf die zwei Männer zu. »Wir haben die Ehre, den Kaiser zu empfangen.«
Die beiden wandten sich von ihrem Studium des Diagramms ab. Der jüngere Mann verbeugte sich, während der Fremde bloß dastand und wartete, dass die kaiserliche Gesellschaft näher kam.
Bazalgette übernahm es, die Anwesenden miteinander bekanntzumachen. »Eure Majestät, gestattet mir, Euch meinen geschätzten Besucher vorzustellen - Lord Archelaeus Burleigh, Earl of Sutherland. Er ist gerade aus England eingetroffen.«
Lord Burleigh schlug die Hacken zusammen und vollführte eine forsche und doch elegante Verbeugung. »Euer ergebener Diener, Majestät«, sagte er mit einer kraftvollen, wohlklingenden Stimme.
»Wir heißen Euch willkommen, mein Herr Earl«, begrüßte ihn Rudolf. »Ist das Euer erster Besuch in Prag?«
»Ja, Majestät«, antwortete Burleigh in fehlerfreiem Deutsch. »Aber ich versichere Euch, dass es nicht mein letzter sein wird.«
Die Vorstellungszeremonie ging weiter, doch Mina achtete nicht darauf. Ihr wurde bewusst, dass es ihr vollkommen unmöglich war, die Augen von dem geheimnisvollen stattlichen Earl zu nehmen. So ein Glück!, dachte sie. Ein Landsmann.
Nachdem die Formalitäten erledigt waren, wandte
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